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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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Augenlidern.
    Â»Ich heiße Metáfora und bin mit ihm verabredet. Sag ihm, ich habe meinen Freund Arturo mitgebracht.«
    Â»Wartet hier eine Sekunde, ich schau mal nach, ob er Zeit für euch hat«, sagt das Mädchen, bevor sie zwischen Seidenvorhängen verschwindet. »Er hat gerade einen Kunden.«
    Kurze Zeit später kommt die junge Thailänderin wieder und fordert uns auf, ihr zu folgen.
    Â»Jazmín erwartet euch. Hier entlang.«
    Wir tasten uns durch ein farbenfrohes Meer aus Seidentüchern und gelangen in einen Raum, in dessen Mitte ein junger Mann auf einer Pritsche liegt. Sein Gesicht ist tränenüberströmt. Neben ihm steht ein dicker, kräftiger Kerl, der uns mit einem breiten Grinsen begrüßt.
    Â»Hallo! Erzählt mir erst mal, was ihr von mir wollt, ich arbeite inzwischen weiter«, sagt Jazmín und zeigt dabei auf seine Tätowierpistole. »Setzt euch da hin und sagt mir, worum es geht. Nach dem, was du mir am Telefon erzählt hast, muss dein Freund ein sehr interessanter Fall sein.«
    Ich kann meinen Blick nicht von dem armen Kerl losreißen, der gerade tätowiert wird. Tränen fließen über sein Gesicht, und doch hat man den Eindruck, dass er glücklich ist. Ehrlich gesagt, wenn ich sehe, wie schmerzhaft es ist, sich die Haut tätowieren zu lassen, weiß ich nicht, worüber ich mich beklage. Schließlich hat es bei mir überhaupt nicht wehgetan!
    Â»Also, es ist so: Arturo hat die seltsamste Tätowierung, die du jemals in deinem Leben gesehen hast.«
    Â»Meinst du den Drachenkopf auf seiner Stirn? In China ist das ganz normal. Der Drache ist ein chinesisches …«
    Â»Von dem Drachen reden wir später«, unterbricht ihn Metáfora. »Jetzt sieh dir erst mal das hier an – zieh dich aus, Arturo!«
    Â»Jetzt? Hier? Vor all den Leuten?«
    Ihr Blick durchbohrt mich, und obwohl es mir peinlich ist, ziehe ich die Jacke aus und das T-Shirt hoch und zeige ihnen mein ganz besonderes kleines Kunstwerk.
    Jazmín kneift die Augen zusammen und versucht, die Buchstaben auf meinem Oberköper zu entziffern.
    Â»Weiter!«, bittet er mich. Sein Interesse ist geweckt. »Zeig mir noch mehr!«
    Ich ziehe mein T-Shirt ganz aus und stelle mich direkt vor ihn hin, damit er mich besser betrachten kann.
    Â»Bei den Zähnen des Drachen!«, sagt er theatralisch. »So was hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen!«
    Sogar die Heulsuse auf der Pritsche blickt interessiert zu mir herüber. Seine Augen sind gerötet, man kann ganz deutlich sehen, dass er leidet wie ein Hund.
    Jazmín ist so erstaunt über das, was er sieht, dass er die Haut seines Kunden tiefer einritzt als nötig. Der Ärmste schreit schmerzerfüllt auf.
    Â»Jazmín, was machst du da?«, protestiert er. »Du tust mir weh!«
    Â»Sei still! Ich hab dir einen Freundschaftspreis gemacht, also halt die Klappe! Ich muss mir das Kunstwerk hier erst mal genauer ansehen!« Jazmín legt die Pistole auf eine Art Tablett und wischt sich mit einem Lappen Blut und Tinte von den Händen.
    Â»Wie findest du das?«, fragt Metáfora.
    Â»Ein wahres Kunstwerk! Absolut einzigartig!«
    Â»Hab ich’s dir nicht gesagt?«
    Â»Geil!«, ruft der Jammerlappen, der sich, wie ich jetzt erst merke, den ganzen Rücken mit Comicfiguren voll tätowieren lässt. »Supergeile Buchstaben!«
    Jazmín beugt sich noch weiter zu mir herüber und fährt mit den Fingerkuppen über die Zeichen. Dann geht er zu seinem Arbeitstisch, nimmt eine große Lupe, kommt wieder zu mir und betrachtet jetzt meinen Oberkörper durch das Vergrößerungsglas.
    Â»Wer hat das gemacht?«, fragt er schließlich.
    Â»Ich glaube, das ist durch die Berührung mit einem Pergament entstanden.«
    Â»Ist das ein Abziehbild?«
    Â»Nein, kein Abziehbild. Es hat etwas mit Magie zu tun. Ich kann es nicht erklären. Ich wurde in ein Pergament gewickelt, als ich klein war, und die Buchstaben haben sich auf meinen Körper übertragen.«
    Â»Buchstaben werden nicht übertragen.«
    Â»Siehst du doch«, entgegne ich. »Meine Haut hat sie aufgesogen wie Löschpapier.«
    Â»Ah, verstehe.«
    Er fährt fort, mich eingehend zu untersuchen. Sein Erstaunen kennt keine Grenzen. Er berührt mich, kneift mich, und hin und wieder schreit er überrascht auf. Dann tritt er einen Schritt zurück und stellt

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