Das Reich der Traeume
inzwischen ist die Geschichte komplizierter geworden. Im Moment muss ich Zeichnungen aufbewahren und eine Hexe suchen.«
»Du musst Alexia suchen?«, fragt Metáfora aufgeregt. »Warum?«
»Ich weià nicht, um ihr zu helfen, nehme ich an â¦Â«
»Und warum musst du sie suchen?«, fragt sie noch einmal. Sie lässt nicht locker.
»Weià nicht ⦠Ich hab dir doch schon gesagt, es ist ein Traum.«
Der Doktor reibt sich das Kinn und grübelt über meine Worte nach. Ich glaube, er ist ein wenig ratlos. Im Grunde verstehe ich ihn. An seiner Stelle würde es mir nicht anders ergehen.
»Glauben Sie mir, wenn Sie sehen würden, in welchem Zustand er aufwacht, würden Sie sich auch Sorgen machen«, ereifert sich Metáfora. »Es muss sich um einen sehr schweren Fall von Narkolepsie handeln. Oder vielleicht leidet er unter Halluzinationen.«
»Erst mal müssen wir herausfinden, ob es sich wirklich um Narkolepsie handelt. Manchmal lassen wir uns von den Symptomen zu einem falschen Schluss verleiten. Darum müssen wir sehr vorsichtig sein. Erzähl weiter, Arturo. Zum Beispiel, ob die Träume zusammenhängen oder ob sie nichts miteinander zu tun haben.«
»Es ist wie eine Fernsehserie«, antworte ich. »Oder eine Fortsetzungsgeschichte mit mehreren Kapiteln. Eine Geschichte aus dem Mittelalter, die nach und nach zu einem langen Buch wird. Ich könnte sie Ihnen erzählen, wenn Sie ein paar Wochen Zeit hätten. Sie ist sehr interessant, wirklich.«
»Gehst du gerne ins Kino? Liest du viel?«
»Natürlich geht er gerne ins Kino und er liest auch viel. Er lebt praktisch in einer Bibliothek, die mit Büchern aus dem Mittelalter vollgestopft ist«, sprudelt es aus Metáfora heraus.
»Also, das ist schon mal die erste wichtige Spur. Möglicherweise wirkt deine Umgebung auf dich ein und deine Träume spiegeln das wider, was du tagsüber erlebst.«
»Wollen Sie mir damit sagen, dass ich vom Mittelalter besessen bin und darum diese Träume habe?«, frage ich ein wenig verärgert. »Dass ich nur Halluzinationen habe, weil ich in einer Bibliothek wohne und von Büchern umgeben bin?«
»Nun, so was kommt manchmal vor. Es gab da mal einen Schauspieler, der in mehreren Filmen den Tarzan gespielt und sich so sehr mit seiner Rolle identifiziert hat, dass er am Ende seines Lebens herumgesprungen ist und Laute ausgestoÃen hat wie der Affenmensch. Manche Leute halten sich irgendwann für die Kino- oder Romanfigur, über die sie viel gelesen haben oder die sie verehren.«
»Was ist nun, hat er Narkolepsie oder nicht?«, fragt Metáfora ungeduldig.
»Es ist noch zu früh für eine Diagnose. Sicher ist, dass einige Symptome darauf hindeuten, aber wir müssen der Sache weiter auf den Grund gehen. Also, lasst euch einen Termin in zwei Wochen geben, und bis dahin möchte ich, dass du alles aufschreibst, was in deinen Träumen passiert. Vielleicht hilft uns das weiter.«
Die Sprechstunde hat nicht viel gebracht. Mir ist dadurch nichts klarer geworden. Und Dr. Vistalegre scheint mir noch ratloser zu sein als ich. Wenigstens hat mir Metáfora versprochen, dass sie mir nicht mehr mit weiteren Besuchen bei irgendwelchen Spezialisten auf die Nerven gehen wird.
* * *
»Hallo, Mama, hier bin ich wieder. Du weiÃt ja, dass Papa sich gerade von dem Ãberfall erholen muss. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Die Ãrzte sagen, dass es nicht schlimm ist und Norma kümmert sich sehr um ihn und hilft ihm, wieder auf die Beine zu kommen.«
Ich setze mich auf das alte Sofa und mache es mir bequem.
»Heute war ich bei einem Arzt, aber der hat mich nur mit noch mehr verwirrten Gedanken zurückgelassen. Wir haben über meine Träume gesprochen. Metáfora glaubt, ich hätte die Schlafkrankheit, aber der Arzt war nicht sehr überzeugt davon und jetzt mache ich mir noch mehr Sorgen. Vielleicht habe ich ja irgendeine unbekannte Störung, eine seltsame Veränderung, die dazu führt, dass ich Sachen träume, die wirklich mal passiert sind. Mercurio, unser Hausmeister in der Schule, hat einen Helm aus dem Mittelalter gefunden, der mir vertraut vorkommt. Ich glaube, ich habe ihn selbst getragen, in einer anderen Zeit. Und dann habe ich im ersten Keller der Stiftung ein Schwert entdeckt, mit einem Symbol, dem Totenschädel eines Mutanten, den ich schon in meinen
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