Das Reich der Traeume
presste die Zähne aufeinander, riss die Augen auf und ballte die Fäuste. Plötzlich kam Leben in die Buchstaben. Sie fingen an, wie Skorpione über seine Haut zu krabbeln. CrispÃn starrte ihn ungläubig an und wusste nicht, was er tun sollte.
Einige Buchstaben lösten sich von Arturos Körper und schwebten einen Fingerbreit vor seinen Augen. Dann, wie von Geisterhand dirigiert, bildeten sie ein Wort: Onirax.
Nach wenigen Sekunden kehrten die Buchstaben wieder an ihren Platz auf Arturos Körper zurück. Im selben Moment erwachte der Junge aus seiner Trance.
»Was ist passiert?«, fragte er, als er wieder zu sich gekommen war. »Ich hatte das Gefühl, eine seltsame Botschaft erhalten zu haben.«
»Ja, einige Buchstaben haben sich von den anderen gelöst und vor deinem Gesicht getanzt. Dann haben sie sich zu etwas formiert, zu einem Wort, glaube ich. Aber was es bedeutete, weià ich nicht, ich kann ja nicht lesen.«
»Es war, als hätte sich mein Geist von meinem Körper gelöst. Ich habe das Wort Onirax vor meinem Gesicht gesehen ⦠Was bedeutet das? Ist es irgendein Ort, ein Dorf, ein Tal?«
»Keine Ahnung. Ich hab das Wort noch nie gehört. Onirax â sehr seltsam.«
»Ich glaube, wir sollten jetzt erst mal was essen«, schlug Arturo vor. »Morgen suchen wir jemanden, der uns sagen kann, was dieses Wort zu bedeuten hat.«
»Wenn es überhaupt existiert. Ich traue keinen Wörtern, die in der Luft tanzen.«
»Wir werden sehen, wir werden sehen«, murmelte Arturo und spieÃte einen der gebratenen Fische mit seinem Dolch auf. »Das riecht ja wunderbar.«
Während er sich den leckeren Fisch schmecken lieÃ, fragte er sich insgeheim, wer ihm diese merkwürdige Botschaft wohl geschickt haben konnte. Das kann nur Arquimaes gewesen sein, dachte er mit verhaltener Freude. Und das würde bedeuten, dass er lebte.
* * *
Morfidio gewann von Mal zu Mal mehr Ansehen bei den Bauern. Sie erkannten, dass er ein guter Stratege war, eine wenig verbreitete Fähigkeit unter ihresgleichen. Die Dorfbewohner entrüsteten sich über die Soldaten, die sie weiterhin unterdrückten, obwohl Reynaldo persönlich angeordnet hatte, dass dies ein Ende haben sollte. Möglicherweise wegen Reynaldos Unerfahrenheit im Regieren widersetzten sich die Soldaten seinen Befehlen und fuhren fort, ihre Macht zu missbrauchen. Das erhitzte die Gemüter, und die Aufständischen waren entschlossener denn je, sich nicht zu unterwerfen und für Gerechtigkeit zu kämpfen.
»Wir werden die Festung stürmen, wenn sie es am wenigsten erwarten«, sagte Morfidio bei einer Geheimversammlung in der Scheune von Royman, dem einflussreichsten Mann der Gegend. »Wir setzen Reynaldo ab und lassen ihn für das abscheuliche Verhalten seiner Soldaten büÃen.«
»Und wer soll seinen Platz einnehmen?«, fragte Royman. »Irgendjemand muss doch Beniciusâ Reich regieren.«
»Das Reich gehört weder Benicius noch Reynaldo«, erklärte Morfidio. »Von nun an ist es unser Reich. Wir sind unsere eigenen Herren! Schloss und Land gehören uns!«
»Aber wir werden einen König brauchen«, widersprachen einige. »Ein Königreich braucht einen König.«
»Ich schlage dich vor, Royman«, sagte Morfidio. »Du bist der Beste von uns allen. Du bist der Gerechteste und der Weiseste. Alle vertrauen dir.«
»Aber ich bin nicht aufs Regieren vorbereitet«, wandte Royman ein.
»Reynaldo auch nicht. Und Benicius war es genauso wenig«, sagte Morfidio. »Du wirst uns bestimmt besser regieren. Wir haben volles Vertrauen zu dir. Ich werde dich unterstützen, und wenn du willst, kannst du mich zum Hauptmann machen.«
Alle waren sich einig, dass Royman ein guter König sein würde. Nun da ein Hoffnungsschimmer am Horizont erschien, fühlten sich die Bauern stark genug, das Schloss zu erobern und ihr Leben für ein höheres Maà an Gerechtigkeit einzusetzen. Das einfache Volk sehnte sich nach einem groÃherzigen und gerechten König.
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Gegend. Viele sahen bereits eine neue Zeit der Gerechtigkeit heraufziehen, und so zögerten sie nicht, sich gegen Reynaldo und seine Soldaten zu erheben. Ein König wie Royman war ihre gröÃte Hoffnung, und sie waren bereit, ihr Leben dafür aufs Spiel zu setzen.
* * *
Königin
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