Das Reich der Traeume
»Heute ist ein ganz besonderer Tag!«
»Hör schon auf, wir wollen nicht übertreiben«, sagt mein Vater, den mein Gefühlsausbruch ganz verlegen macht. »Da sind noch andere, bei denen du dich bedanken musst.«
»Vielen Dank euch allen«, sage ich. »Vielen, vielen Dank!«
»Wir haben dir ein kleines Geschenk mitgebracht«, sagt Norma. »Nicht wahr, Metáfora?«
Metáfora holt aus der Tasche ihrer Mutter ein Päckchen hervor und überreicht es mir.
»Herzlichen Glückwunsch von meiner Mutter und mir!«, sagt sie. »Ich hoffe, es gefällt dir.«
»Also, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet!«, rufe ich erstaunt. »Das wäre doch nicht nötig gewesen!«
»Doch, doch«, sagt Norma. »Du bist mein Schüler und Metáforas Freund. Wie hätten wir da ohne Geschenk kommen können?«
Ich bin völlig verwirrt und weià nicht, was ich tun oder sagen soll.
»Willst du es denn nicht aufmachen?«, fragt Metáfora.
Ich sehe meinen Vater an, als wollte ich ihn um Erlaubnis bitten.
»Los, du bist jetzt erwachsen genug, um deine Entscheidungen alleine zu treffen«, sagt er. »Vergiss nicht, du bist jetzt vierzehn Jahre alt. Das ist ein wichtiges Datum im Leben eines Menschen.«
»Von nun an wird sich vieles in deinem Leben ändern, das wirst du schon noch merken«, stimmt Norma ihm zu. »Und nun mach endlich das Geschenk auf! Mal sehen, ob es dir gefällt.«
Ich löse das Bändchen und reiÃe das Geschenkpapier auf.
»Ein Rasiermesser!«, rufe ich überwältigt. »Ein richtiges Rasiermesser!«
»Bald kriegst du einen Bart und dann musst du dich rasieren«, sagt Norma und grinst. »Das ist dein erstes Rasiermesser.«
»Was für ein tolles Geschenk«, bemerkt mein Vater und begutachtet es. »Ich werde es mir ab und zu mal ausleihen. Es ist wunderschön!«
Metáfora sieht mich mit einem seltsamen Lächeln an.
»Herzlichen Glückwunsch, Arturo!«, sagt sie liebevoll zu mir.
»Danke! Danke euch allen!«, sage ich. »Vielen, vielen Dank!«
XIX
Arturos Ritt
M ehrere Stunden verharrte Arquimaes schweigend neben Arturo. Die Möglichkeit, dem Jungen erneut mithilfe magischer Kräfte das Leben zu retten, zog er nicht in Betracht. Er wusste, dass ein vom Feuer eines Zauberers zerstörter Körper unrettbar verloren war. Arturo war tot und niemand konnte ihn ins Leben zurückholen.
Er dachte an das, was in den letzten Tagen geschehen war, seit jener verfluchten Nacht seiner Verschleppung, in der Arturo schwer verwundet und vier Menschen ermordet worden waren.
Seitdem hatten sich die Ereignisse überschlagen. Und nun war sein Schüler tot, ein Junge, der eines Tages in sein Laboratorium gekommen war und angeboten hatte, ihm ohne Entgelt als Gehilfe zu dienen. Einer der besten Schüler, die er je gehabt hatte. Und jetzt lag der Ãrmste auf einer Holzpritsche in dem modrigen Verlies eines gröÃenwahnsinnigen, skrupellosen Grafen!
Und das Schlimmste daran war, dass in den nächsten Tagen noch viele weitere Menschen sterben würden. Was konnte Arquimaes nur tun, um weiteres BlutvergieÃen zu verhindern? Sollte er Eric Morfidio wirklich die Zauberformel verraten?
Plötzlich drang ein seltsames Geräusch an seine Ohren. Er konnte nicht sagen, woher es kam. Wahrscheinlich, redete er sich ein, waren es irgendwelche Ratten oder Kakerlaken, die im Kerker nach verfaulten Essensresten suchten.
Der Weise machte sich daran, den verkohlten Leichnam seines Schülers in ein Tuch zu hüllen, als er spürte, dass etwas Merkwürdiges geschah. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass ⦠Arturo atmete! Das war doch nicht möglich! Sein Körper war mit einer schwarzen Staubschicht bedeckt und auch die verbrannten Kleider zeugten von dem schrecklichen Martyrium. Er war ohne jeden Zweifel tot!
Plötzlich schlug Arturo die Augen auf und blickte erschrocken um sich.
»Wo bin ich?«, sagte er. »Was tue ich hier? Bin ich tot? Träume ich?«
Arquimaes konnte nicht glauben, was seine Augen sahen und seine Ohren hörten. Der Junge, der in Herejios Flammen umgekommen war, atmete wieder! Arturo lebte!
»Arturo, mein Junge«, stammelte der Weise. »Was ist geschehen?«
»Ich weià es nicht ⦠Ich verstehe überhaupt nichts ⦠Alles wurde plötzlich schwarz um mich herum ⦠Ich hörte
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