Das Reich des dunklen Herrschers - 8
auf die Statue Kaja-Rangs. Etwas schien seine Aufmerksamkeit zu erregen.
»Was ist?«, fragte Kahlan.
Richard zeigte. »Die Inschrift dort, auf der Oberseite des Sockels, unmittelbar zu seinen Füßen.«
An dieser Stelle, das wußte Kahlan, hatte sich zuvor noch keine Inschrift befunden, außerdem stand sie noch zu weit entfernt, um in dem gesprenkelten Granit tatsächlich eine Schrift erkennen zu können. Sie sah sich kurz nach den anderen um, folgte dann aber doch Richard, als dieser zur Statue hinüberging. Die Männer standen immer noch etwas abseits, eifrig in ihre Debatte vertieft.
Jetzt konnte sie die Stelle auf der Sockeloberfläche erkennen, wo das Warnzeichen zerschellt war. Der Sand aus dem Innern der kleinen, Richard nachempfundenen Figur lag noch immer über die gesamte Oberfläche des Sockels verstreut.
Als sie näher kamen, wollte sie kaum glauben, was sich dort vor ihren Augen abzuzeichnen begann. Der Sand hatte offenbar das Gestein abgetragen, so daß darunter eine Schrift zum Vorschein gekommen war. Diese Worte hatten zuvor nicht dort gestanden, dessen war sie sich absolut sicher.
Kahlan war in einer ganzen Reihe von Sprachen bewandert, diese jedoch war ihr nicht geläufig. Allerdings erkannte sie sie wieder: Es war Hoch-D’Haran.
Sie schlang die Arme gegen den kalten Wind, der aufgekommen war, um ihren Körper. Die düsteren Wolken jagten rastlos dahin. Wirbelnde Schneeflocken trübten den Blick auf die Hänge in der Ferne. Dann riß die Wolkendecke für einen winzigen Augenblick auf und gab den Blick auf ein Tal jenseits des Passes frei, das sattes Grün und Wärme verhieß.
Und die Truppen der Imperialen Ordnung.
Kahlan, unmittelbar neben Richard, wünschte sich, er würde einen wärmenden Arm um sie legen. Sie sah zu, wie er auf die kaum zu entziffernden Lettern im Gestein starrte.
»Richard«, fragte sie leise, »was steht dort?«
Wie gelähmt fuhr er mit den Fingern langsam und sachte über die Schriftzeichen, während seine Lippen stumm die Worte auf Hoch-D’Haran formten.
»Das achte Gesetz der Magie«, übersetzte Richard mit kaum hörbarer Stimme. »Taiga Vassternich.«
46
Verna blieb stehen, als sie Rikka entschlossenen Schritts ihren Weg kreuzen sah. Sie bekam die Mord-Sith beim Arm zu fassen.
»Was gibt’s, Prälatin?«, fragte Rikka schroff.
»Habt Ihr gehört, um was es dabei geht?«
Rikka sah sie verständnislos an. »Worum es wobei geht?«
Der Bote war auf der gegenüberliegenden Seite der behelfsmäßigen Wegkreuzung stehen geblieben. Pferde trabten in beiden Richtungen vorüber, eines davon mit einem Karren voller Wasserfässer im Schlepp. Auf der Nebenstraße kreuzte ein Trupp schwerbewaffneter Soldaten. Das Lager, eines von mehreren mit einem Schutzwall umgebenen Feldlagern, hatte sich mittlerweile zu einer Stadt entwickelt, durchzogen von einem dichten Netz aus Wegen und Straßen, die mitten durch das Chaos aus kampierenden Soldaten, Pferden und Karren führten.
»Irgend etwas stimmt nicht«, sagte Verna.
»Tut mir leid, mir ist nichts zu Ohren gekommen.«
»Habt Ihr gerade zu tun?«
»Nichts Dringendes.«
Verna packte Rikkas Arm mit festem Griff und drängte sie weiterzugehen. »General Meiffert hat nach mir geschickt. Vielleicht kommt Ihr am besten mit. Fall er Euch ebenfalls benötigt, müssen wir nicht erst lange nach Euch suchen lassen.«
Rikka zuckte die Achseln. »Mir soll’s recht sein.«
Kurz darauf blieb der Bote am Rand der Lagerstraße stehen. »Dort drüben, Prälatin. General Meiffert trug mir auf, Euch zu dem Zelt bei den Bäumen zu bringen.«
Verna dankte dem jungen Burschen und suchte sich, begleitet von Rikka, einen Weg durch das morastige Gelände. Das Zelt stand, ein wenig abseits des allgemeinen Lagertreibens, in einem ruhigeren Bereich, wo die Offiziere des öfteren mit den eben von ihren Patrouillen zurückgekehrten Kundschaftern zusammentrafen.
Die Wachen sahen Verna kommen und steckten kurz den Kopf zum Zelt hinein, um ihre Ankunft anzukündigen. Fast augenblicklich kam General Meiffert aus dem Zelt hervor und eilte ihr entgegen. In seinen blauen Augen funkelte eiserne Entschlossenheit, sein Gesicht dagegen war aschfahl.
»Ich bin unterwegs Rikka begegnet«, erklärte Verna, während General Meiffert sie mit einem flüchtigen Neigen des Kopfes begrüßte. »Ich hielt es für sinnvoll, sie gleich mitzubringen, falls Ihr sie ebenfalls benötigt.«
Der blonde D’Haraner warf Rikka einen kurzen Blick zu. »Ja, sehr gut.
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