Das Reich des dunklen Herrschers - 8
Gebrauch der Gabe unterwiesen werden mußte, einen Rada’Han umgelegt bekommen. Die Schwestern des Lichts bedienten sich dieses Verfahrens bei jungen Knaben, um zu verhindern, daß die Gabe ihnen gefährlich werden konnte, ehe sie gelernt hatten, sie zu beherrschen. Auch Richard war, nachdem die Gabe in ihm erwacht war, gefangen genommen und der gleichen Prozedur unterzogen worden.
Der Halsring wurde dazu benutzt, die jungen Zauberer, die ihn trugen, zu kontrollieren und ihnen, wann immer die Schwestern dies für nötig hielten, Schmerzen zuzufügen. Zedd hatte ein gewisses Verständnis dafür, daß die Prälatin damals Richards Hilfe gesucht hatte, schließlich wußten die Schwestern, daß er mit beiden Seiten der Gabe geboren war, außerdem waren sie besorgt wegen der dunklen Mächte, die ihn zu jener Zeit verfolgten. Aber daß sie ihm einen Halsring umgelegt hatte, war unverzeihlich. Zauberer mußten von Zauberern ausgebildet werden, nicht von einer Schar irregeleiteter dummer Gänse wie den Schwestern des Lichts.
Die Prälatin selbst dagegen hatte sich nicht dem Wahn hingegeben, Richard tatsachlich zum Zauberer ausbilden zu können. Sie hatte ihm den Ring umgelegt, um die schwarzen Schafe in ihrer Herde zu entlarven: die Schwestern der Finsternis.
Im Gegensatz zu Richard wußte Zedd jedoch, wie sich diese widerliche Vorrichtung wieder entfernen ließ. Er hatte es sogar bereits einmal getan, damals, als die Prälatin ihn auf diese Weise zur Zusammenarbeit hatte zwingen wollen.
Mit Hilfe eines feinen Energiestrangs unterzog Zedd das Schloß einer gründlichen Untersuchung, nicht so offenkundig, daß die Hexenmeisterin es hatte bemerken können, sondern gerade so behutsam, daß er den Dreh des Banns erkannte, auf den er sich konzentrieren mußte, um das verzauberte Schloß zu knacken.
Wenn der Augenblick gekommen war, sobald er die Füße fest auf den Boden stemmen konnte und sein Schwindelgefühl lange genug nachließ, würde er sich aus der Gewalt des Halsrings befreien. Noch im selben Moment, ehe sie überhaupt begriff, was geschah, würde er sein Zaubererfeuer entfesseln und dieses Weibsstück zu einem Häuflein Asche verbrennen.
Wieder schob sie einen Finger unter den Halsring und zerrte kurz daran.
»Die Sache ist die, mein Bester, ich gehe natürlich davon aus, daß ein berühmter Mann von Euren Fähigkeiten womöglich weiß, wie man eine solche Vorrichtung entfernt.«
»Was Ihr nicht sagt, ich gelte tatsächlich als berühmt?« Zedd ließ sie ein kurzes Grinsen sehen. »Wie überaus erfreulich.«
Ihre völlige Geringschätzung für ihn veranlaßte sie zu einem Lächeln, aus dem blanker Hochmut sprach. Den Finger unter den Halsring geschoben, zog sie ihn ganz dicht vor ihr verzerrtes Gesicht und fuhr fort, ohne auf seine Worte auch nur einzugehen.
»Seine Exzellenz wäre überaus ungehalten, falls es Euch gelingen sollte, Euch von dem Halsring zu befreien, deshalb habe ich Vorkehrungen getroffen, die genau das verhindern werden; ich habe ihn mit Hilfe subtraktiver Magie verschweißt.«
Das war allerdings ein Problem.
Sie nickte zu ihren beiden Schergen hin. Zedd sah kurz nach links und rechts und bemerkte zum ersten Mal, daß sie Tränen in den Augen hatten. Er war aufrichtig schockiert, als er sah, daß sie tatsachlich weinten.
Tränen oder nicht, sie taten, wie ihnen befohlen, und wuchteten ihn, einem Stück Feuerholz gleich, ohne großes Federlesens auf die Ladefläche eines Wagens.
Dort lag bereits jemand.
»Ich bin erfreut, dich wiederzusehen, alter Mann«, schnarrte eine sanfte Stimme.
Adie. Eine Seite ihres Gesichts war geschwollen und blutete; es sah aus, als wäre sie beinahe zu Tode geprügelt worden. Auch ihr hatte man die Handgelenke auf den Rücken gebunden, und über ihre Wangen liefen, wie er jetzt sah, Tränen.
Es brach ihm fast das Herz, sie so zerschunden zu sehen. »Adie, was haben sie dir bloß angetan?«
Sie schmunzelte. »Sie sind längst noch nicht fertig, fürchte ich.«
Im trüben Schein der Laterne sah Zedd, daß man ihr ebenfalls einen dieser abscheulichen Halsringe umgelegt hatte.
»Dein Eintopf war übrigens ausgezeichnet.«
Adie stöhnte. »Ich flehe dich an, alter Mann, erwähne in meiner Gegenwart nichts Essbares.«
Zedd drehte vorsichtig den Kopf bis er im Dunkel seitlich neben dem Wagen weitere Männer erblickte. Sie hatten hinter ihm gestanden, weswegen er sie zuvor nicht bemerkt hatte. Seine Gabe hatte ihm ihre Anwesenheit nicht angezeigt.
»Ich
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