Das Reich des dunklen Herrschers - 8
Messers in seinem Gürtel, sich von einem nahen Felsen erheben, wo er gesessen hatte, um das Lager sowie den Mann, den Kahlan mit ihrer Kraft berührt hatte, zu bewachen. Der lag noch immer regungslos am Boden zu Toms Füßen, wo Kahlan ihm befohlen hatte, liegen zu bleiben.
In diesem Moment trat Cara aus der Dunkelheit; wie Kahlan vermutet hatte, stieß sie einen Mann vor sich her. Die Stirn gerunzelt, überlegte sie angestrengt, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Dann erkannte sie ihn wieder und schloß kurz genervt die Augen - es war der junge Mann, dem sie vor etwa einer Woche begegnet waren, Owen.
»Ich hab versucht, Euch schon früher zu erreichen!«, rief er sogleich, als er Kahlan erblickte. »Ich hab’s versucht, ich schwöre.«
Cara hielt ihn bei den Schultern seiner dünnen Jacke gepackt und führte ihn näher heran, bis sie ihn mit einem Ruck zwang, genau vor Kahlan stehen zu bleiben.
»Wovon redest du überhaupt?«, fragte Kahlan.
Als Owen Jennsen hinter Kahlans Schulter stehen sah, hielt er, den Mund weit offen, einen kurzen Moment inne, ehe er antwortete.
»Ich schwöre, ich hatte vor, Euch schon früher aufzusuchen«, wandte er sich, offenkundig den Tränen nahe, an Kahlan. »Ich war in Eurem alten Lager.« Er raffte seine dünne Jacke vor der Brust zusammen und fing am ganzen Körper an zu zittern. »Da sah ich … was Ihr dort … zurückgelassen habt. Beim Gütigen Schöpfer, wie konntet Ihr nur so grausam sein?«
Kahlan fand, Owen sah aus, als könnte er sich jeden Moment übergeben. Er schlug sich die Hand vor den Mund und schloß, noch immer zitternd, die Augen.
»Falls du die Toten meinst«, erwiderte Kahlan, »diese Leute haben versucht, uns gefangen zu nehmen und umzubringen. Wir haben sie nicht aus ihren Schaukelstühlen am Kamin gerissen und hier, in diese Wüste, verschleppt, um sie niederzumetzeln. Sie haben uns angegriffen, und wir haben nichts weiter getan, als uns zu verteidigen.«
»Aber wie konntet Ihr …« Owen stand vor ihr, außerstande, sein Zittern zu unterdrücken. Verzweifelt schloß er die Augen. »Nichts ist wirklich. Nichts ist wirklich.« Wieder und wieder murmelte er die Worte vor sich hin. so als seien sie eine Beschwörungsformel, geeignet, alles Übel von ihm fernzuhalten.
Rabiat zerrte Cara ihn ein kleines Stück nach hinten und setzte ihn auf einen Felsvorsprung. Die Augen wie beim Meditieren geschlossen, murmelte er unaufhörlich bei sich dieselben Worte, wahrend Cara eine Position links neben Kahlan bezog.
»Sag uns, was du hier zu suchen hast«, befahl sie ihm mit einem leisen Knurren. Auch wenn sie es nicht ausdrücklich erwähnte, war die stumme Drohung nicht zu überhören.
»Und zwar ein bißchen plötzlich«, setzte Kahlan hinzu. »Wir haben bereits Ärger genug, dich können wir nicht auch noch gebrauchen.«
Owen öffnete die Augen. »Ich kam in Euer Lager, um es Euch zu erzählen, aber … all die Leichen …«
»Wir wissen, was dort passiert ist. Jetzt erzähl uns endlich, weshalb du hergekommen bist.« Kahlan war mit ihrer Geduld am Ende. »Ich frage dich nicht noch einmal.«
»Lord Rahl«, jammerte Owen und ließ endlich seinen Tränen freien Lauf.
»Lord Rahl … was«, drängte Kahlan ihn mit zusammengebissenen Zähnen.
»Lord Rahl wurde vergiftet«, sprudelte er schließlich unter Tränen hervor.
Eine Gänsehaut kroch kribbelnd Kahlans Beine hoch. »Woher in aller Welt willst du das wissen?«
Owen erhob sich, die Hände nervös in die Vorderseite seiner dünnen Jacke gekrallt. »Ich weiß es«, stieß er hervor »weil ich selbst ihn vergiftet habe.«
Konnte das sein? War es möglich, daß gar nicht die schwindende Kraft seiner Gabe Richard umzubringen drohte, sondern ein Gift? Sollten sie sich etwa alle getäuscht haben? War dieser Mann, der Richard vergiftet hatte, an allem schuld? Schon die ganze Zeit hatte sie gewußt, daß irgend etwas an ihm seltsam war. Auch Richard hatte ihn in gewisser Weise als beunruhigend empfunden und gespürt, daß mit ihm etwas nicht stimmte.
Irgendwie hatte dieser Fremde, der nun am ganzen Leibe zitternd vor ihnen stand, Richard vergiftet; auf keinen Fall würde sie zulassen, daß er entkam oder sich mit irgendeiner Lüge aus der Affäre zog.
Sie würde sich sein Geständnis holen.
Ihre Hand bewegte sich auf ihn zu - ihre Kraft war wiederhergestellt und bereit; sie konnte sie deutlich in ihrem Zentrum spüren.
Er gehörte ihr.
Völlig unvermittelt warf Cara sich zwischen die beiden und
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