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Das Reich in der Tiefe

Das Reich in der Tiefe

Titel: Das Reich in der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Koch
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und erreichte das Heiligtum. Treppenstufen aus weißem Marmor führten zum Vorhof empor, einer weiten halbrunden Estrade, die von einer Doppelreihe hoher Säulen umgeben war. Das eigentliche Tempelgebäude in der Mitte des Vorhofs war unmittelbar an die glatte Felswand gelehnt. Die Sänfte wurde abgesetzt, der Schlafende mitsamt einer leichten Tragbahre herausgehoben und auf den Fliesenboden des Tempels gestellt. Simad und die Träger verharrten unschlüssig, denn sie wollten Sarasola, den Höchsten Priester, nicht stören, der auf den Stufen des Opferaltars betete.
    Nach einer Weile erhob sich der Höchste Priester, winkte den Angekommenen und den acht illustren Gästen, die Zeugen dieser Szene waren und an der Tempelwand Platz genommen hatten. Diese Gäste waren Mitglieder des Hohen Rates, Sarasola hatte sie gebeten, bei dem Schauspiel, das hier vorbereitet wurde, anwesend zu sein. Der Tempeldiener öffnete eine Tür links rückwärts, die den Zugang zum Orakel bildete, in dem die Gottheit befragt wurde. Das mittelgroße Gelaß war aus dem gewachsenen Fels herausgebrochen und empfing sein Licht von einer großen runden Fensteröffnung in der stehengebliebenen Felsmauer. Da sie mit blauem Glas versehen war, herrschte eine helle purpurne Dämmerung. Der Raum wies keinerlei Schmuck auf, weder eine Figur noch ein Bildnis lenkte die Aufmerksamkeit ab. Einzig und allein stand eine fast mannshohe Steinsäule darin, auf der eine umfangreiche Kugel aus klarem geschliffenem Bergkristall ruhte.
    Zu Füßen dieser sonderbaren Vorrichtung wurde die Tragbahre niedergesetzt, die Träger verließen den Raum, nur Sarasola blieb mit den acht Mitgliedern des Hohen Rates.
    Sarasola kniete neben der Tragbahre, versank in einen tranceähnlichen Zustand und suchte Kontakt mit dem Schlafenden. Er wollte diesmal nicht nur eine mündliche Beschreibung. oberirdischer Landschaften und Zustände erhalten, sondern sie als Bilder, als Visionen im Kristall sichtbar machen. Es war nicht das erste Mal, daß er seine Zuschauer durch solche angeblich übernatürlich-göttlichen Zaubereien verblüffte.
    Erwartungsvoll starrten die Zeugen in die Kristallkugel. Sarasolas Lippen bewegten sich, unhörbar gab er dem Schläfer immer dringendere Befehle. Ein Kraftstrom ging zu diesem hinüber.
    Jetzt erwachte Leben in der Kristallkugel. Ausgehend von einem Fixierpunkt, der wie ein heller Stern aufblitzte, breitete sich ein Lichtschein aus, darin sah man undeutlich, ständig wechselnd wie in einem Kaleidoskop, bewegte Schatten und Farbflecken, die zu verwachsenen menschlichen Figuren zu gehören schienen. Und dann wurde die Illusion so eindringlich, daß die Zuschauer plötzlich in eine unbekannte Ferne versetzt waren, die den ganzen Gesichtskreis ausfüllte, daß sie sogar die Geräusche hörten.
    Alle befanden sich in einer breiten schnurgeraden Großstadtstraße, beiderseits reckten Hochbauten ihre Türme in den grauen Himmel, sie bewegten sich mit dem Menschenstrom an einer Häuserseite, während in der Straßenmitte vierreihig der Kraftwagenverkehr rollte. Man näherte sich einer anderen Verkehrsader, welche die eigene rechtwinklig kreuzte. Die Woge von Menschen und selbstfahrenden Wagen kam davor zum Stehen, staute sich auf, bis grünes Licht die Fortbewegung freigab, dicht gedrängte Massen liefen hastig von beiden Seiten über die kreuzende Straße. Weiter drängten sie sich über Plätze, querten auf einer Brücke einen breiten Fluß, begleitet vom ratternden Wagenverkehr, während unten auf dem Wasser Schiffe dampften und Flugmaschinen rauschend und tosend über den Himmel zogen.
    Jenseits des Stromes lag ein riesiges Industriewerk hinter hohen Mauern, sie traten ein, wanderten durch Hallen aus Stahl und Glas, in denen Heere von Maschinen arbeiteten, die nur von wenigen Menschen beaufsichtigt wurden. Nach dem Weggang aus der Fabrik war die Straße dunkel, doch durch Ketten strahlender Ampeln in künstliches Licht getaucht. Mächtige Reflektoren schrieben Reklametexte in die Wolken, Kaskaden von Licht bildeten Figuren und Schriften an den Wänden der Hochhäuser.
    Noch ehe die Konturen dieser Vision völlig verloschen, stieg eine andere auf, das Bild eines sonnenbeschienenen, palmenbewachsenen Küstenstreifens, an dessen Sandstrand sich schäumende Wogenkämme brachen. Sie hörten den Anprall der Brandung. Aber auch hier waren Ruhe und Einsamkeit nicht zu finden, der Badestrand war schwarz von Menschen. Langsam verblaßte das Bild.
    Im tiefen

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