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Das Reich in der Tiefe

Das Reich in der Tiefe

Titel: Das Reich in der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Koch
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wurden, von selbstfahrenden Wagen, von Flugmaschinen, die sehr rasch durch die Luft schweben konnten. Alle diese Dinge wurden von den Göttern als überflüssig und nicht dem Sinn des Lebens entsprechend untersagt, ausgeschieden aus dem Schatz des Wissens.“
    Klaus war verdutzt. Was sagte Simad da? Strich man die religiöse Verbrämung ab, so hieß das, daß frühere Machthaber die technische Entwicklung auf einem ziemlich niederen Niveau künstlich zum Stillstand brachten, aus reinen Vernunftsgründen.
    „Warum sagen Sie nichts? Können Sie es nicht begreifen?“ weckte ihn Simad aus seiner Grübelei.
    „Doch, doch!“ stammelte Klaus. „Aber vieles ist mir noch unklar. Zum Beispiel, wie es gelingt, die Drei-Millionen-Bevölkerung von Cheti ausreichend zu ernähren Ich habe nirgends Äcker gesehen. Und woher die Kraft zum Betrieb der Seilbahn kommt.“
    „Erwähnte ich noch nicht, daß der Großteil unserer Nahrung im Lande Mog aus den Stoffen der Luft, des Wassers und des Bodens künstlich hergestellt wird? Daß die Kraft, welche unsere Seilbahnen und vieles andere treibt, in Huapi aus der Verschmelzung der Atomkerne erzeugt wird?“
    Erichsen verschlug es die Sprache. Zögernd brachte er hervor: „Falls nun heute jemand eine Erfindung macht oder eine Verbesserung ersinnt, wird sie dann eingeführt?“
    „König und Hoher Rat entscheiden darüber, nachdem der Höchste der Priester die Götter befragt hat. Aber es ereignet sich höchst selten. Die Götter versagen den heute Lebenden neue technische Erfindungen.“
    Die Lehrstunde war zu Ende. Klaus, nunmehr allein, warf sich seufzend auf sein Bett. Schon hatte er geglaubt, die Verhältnisse von Cheti einigermaßen gut zu kennen, nun fand er sie unbegreiflich, absurd, närrisch! Diese Leute kannten Verfahren, welche sich durchaus mit oberirdischen messen konnten und wandten sie nicht an, oder nur dazu, das behördlich verteilte Einheitsfutter herzustellen und die schneckenlangsamen Seilbahnen in Betrieb zu halten. Sie hatten keine Zeitung, kein Radio, kein Kino, weil die pfiffigen Götzenpriester es verboten, weil sie genau wußten, daß das Volk dann nicht mehr so einfach zu regieren sein werde. Die Unterweltler nahmen es lammfromm hin. Vielleicht machte das ewig gleichmäßige Klima sie so fügsam, vielleicht waren sie durch ihre Religion mit den vielen Göttern und Obergöttern, die in die staatlichen Belange hineinredeten, so verdummt, daß ihnen alle Tatkraft abhanden gekommen war. Ob man nichts tun könnte, um sie aufzuklären?
    In solche Gedankengänge steigerte sich Erichsen seit einigen Wochen immer mehr hinein. War es nicht seine Verpflichtung, dem Volk von Cheti zu offenbaren, wie seine Lage war und wie die Oberfläche der Erde beschaffen war? Mußte man nicht dem unmöglichen Zustand ein Ende setzen, daß hier ein paar Millionen hochbegabter Menschen, die aus sich heraus wichtige Erfindungen und Entdeckungen gemacht hatten, weitervegetieren, ohne Kenntnis davon, was sich oben im Lichte des Tages abspielte, niedergehalten und dumm gemacht durch ihre mittelalterlichen Regierenden und Priester? Am liebsten hätte er sich auf einen großen Platz der Hauptstadt gestellt und zum Volk geredet.
    Diese Gedanken und Absichten waren ein Ausdruck von Klaus Erichsens Nervosität und innerer Unruhe.
    Zustände beängstigender Erregung wechselten mit dumpfer Niedergeschlagenheit. Klaus glaubte, daß die seelische Verfassung allein durch seine Isolierung in der Turmwohnung hervorgerufen sei. Darin irrte er. Er konnte nicht wissen, daß unheimliche nächtliche Geschehnisse dazu beitrugen.
    Häufig in diesen Wochen öffnete sich mitten in der Schlafzeit im Nachbarraum eine Tür, welche sich fugenlos in die hölzerne Wandverkleidung einpaßte. Erst dann, wenn sie sich vergewissert hatten, daß Erichsen schlief, betraten zwei Männer, Simad und Sarasola, sein Zimmer. Dieser vertiefte den Schlaf durch ein paar magnetische Striche. Streifiges Rotlicht fiel durch die geschlossenen Fensterläden und beleuchtete das Gesicht des Schlafenden, der sich manchmal unruhig wälzte, der Hohepriester ließ den Strom seines starken Willens auf ihn wirken. Halblaut wurden die Fragen gestellt, und flüsternd kamen die Antworten, Simad übersetzte. Aus Schlaf war Hypnose geworden. Klaus gab dem Fragenden genaue Auskünfte über alles, was er von der Erdoberfläche wissen wollte, führte ihn durch die Stationen seines eigenen Lebens, durch die Großstädte seines Landes und fremder

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