Das Reich in der Tiefe
Erdmutter einlud, um ihnen als Zeugen durch eine Kristallvision vorzuführen, was bisher allein Professor Simad und ich selbst wußten. Zu meiner Entschuldigung möge dienen, daß ich von vornherein beabsichtigte, die Ergebnisse dieser heimlichen Befragung den Majestäten und dem gesamten Hohen Rat vorzutragen. Halten Sie mir ferner zugute, daß ich mich selbst in schwersten Konflikten befand. Mußte ich doch nun eine These widerrufen, die ich zwar selbst nie gelehrt, der ich aber auch nie widersprochen habe, daß Cheti die einzige von intelligenten Wesen bewohnte Welt ist. Ich versenkte mich ins Gebet und befragte die Götter, die Erdmutter selbst wies mir den Weg aus dem Zwiespalt. Sie zeigte mir in der Meditation ein Buch und gab mir den Befehl, das, was darin an einer bestimmten Stelle offenbart wird, nunmehr als Lehre der Staatsreligion zu verkünden und dafür zu sorgen, daß die Weisungen des Buches eingehalten werden. Es handelt sich um eine alte Handschrift, welche sich in einem einzigen Exemplar in meiner Bibliothek befindet, sie wird soeben für den Gebrauch der Priesterschaft vervielfältigt. Im siebten Kapitel dieses leider in Vergessenheit geratenen Werkes steht eine Offenbarung. Darin heißt es: ‚Cheti ist nicht die einzige von Menschen bewohnte Welt. Durch viele tausend Ellen Gestein ist sie von einer sehr großen getrennt, die von zahllosen Menschen bewohnt wird. Doch jener obere Kosmos ist ein Bereich des Bösen, und dämonische Gewalten beherrschen ihn, das Volk von Cheti soll sich hüten, damit in Verbindung zu treten.’
Um wieder auf den jungen Fremden zurückzukommen: Vor sechs Tagen machte er vor der königlichen Familie Andeutungen über ungeheure technische Mittel und riesige Menschenzahlen der Oberwelt, heute widerrief er alles. Ich halte ihn deshalb nicht für einen Lügner. Vielleicht erinnert sich sein waches Bewußtsein wirklich nicht mehr an sein Leben in jener anderen Welt, vielleicht verleugnet er sie, weil er sich für uns, für Cheti, entschieden hat und sein Leben hier verbringen will.
Wie sieht es nun aber wirklich auf der Oberwelt aus? Was wir davon erfuhren ist grauenvoller, als irgend jemand ersinnen kann. Jenen uns umschließenden Kosmos bevölkern nicht Millionen, sondern Milliarden von Menschen. Statt Freiheit und harmonischer Ausbildung der Persönlichkeit wie bei uns, besteht dort eine völlige Entwertung des einzelnen. Schreckenerregende Atomwaffen, von denen ein bis zwei Dutzend genügen, um die ganze obere Welt unbewohnbar zu machen, sind in die Hände von geistesmäßig Wilden gelegt. Die Technik ist Herrin des Menschen, während sie bei uns stets die Dienerin blieb.
Dieser ganze Höllenwirbel von ungeregelter Technik und Wissenschaft, ungeregelter menschlicher Beziehungen muß eines Tages dazu führen, daß das oberirdische Leben sich selbst zerstört. Ich habe die Überzeugung, daß das Volk von Cheti seitens der Götter dazu berufen ist, die Oberwelt nach einer solchen Katastrophe neu zu besiedeln!
Ehe es aber soweit ist, Weise des Hohen Rates, müssen wir verhindern, daß unser Volk in den tödlichen Wirbel dieser fremden Lebensform mit hineingerissen wird!“
Sarasola hatte seine Rede beendet, die nicht ohne nachhaltigen Eindruck auf alle Teilnehmer der Sitzung blieb. Die Abstimmung ergab einstimmige Ablehnung weiterer Expeditionen auf die Erdoberfläche. Der Thronfolger befahl strengste Geheimhaltung jedes Wortes, das in dieser Sitzung gefallen war. Die Einigkeit der Regierung von Cheti, welche in den letzten Wochen aufs heftigste gestört wurde, war wiederhergestellt!
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Indessen saß Klaus Erichsen auf seinem Bett und biß sich in die Lippen. „Elender Feigling!“ schalt er sich selbst. „Wie konntest du dich so erniedrigen. Vor acht Tagen hättest du noch ganz anders gehandelt, hättest dich zur Wahrheit bekannt, unbekümmert um die Folgen. Die Liebe hat dich zu einem solchen Schwächling gemacht, Liebe zu einem Mädchen, das für dich doch unerreichbar bleibt!“
Eine Stunde später, nachdem er etwas gegessen hatte, gewann die andere Stimme in ihm die Oberhand: „Verliebt oder nicht, du hast richtig gehandelt! Du mußt Toxa sehr dankbar sein, daß sie dich zur Vernunft gebracht hat. Was hätte es für einen Zweck, ein Martyrium auf sich zu nehmen, nur um Blinde und Taube zu überzeugen? Sie können dir gar nicht glauben, weil dein Weltbild für sie einen Umsturz ihrer ganzen Gedankenwelt,
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