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Das Reich in der Tiefe

Das Reich in der Tiefe

Titel: Das Reich in der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Koch
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Vorgefallene. Niemand kam auf den Einfall, daß er oder ein anderer an diesem Naturereignis schuld sein könne. Es ging um die Erklärung des Katastrophennotstandes, die Aufstellung einer starken Freiwilligentruppe, welche im betroffenen Gebiet Hilfsmaßnahmen durchführen sollte. Der Kronprinz setzte es gegen den Einspruch Sarasolas durch, daß der König Rocco mit der Führung der Hilfstruppe und der einheitlichen Leitung aller Maßnahmen beauftragte. Während der Kronprinz die Befehle für das ganze Reich herausgab, reiste Rocco bereits wieder ins Katastrophengebiet ab.
    Trotz der beruhigenden Botschaften, welche die königliche Regierung herausgab, kam es zu einer Panik. Besonders aus der Stadt Kla, aber auch aus Atakor, setzten sich Menschenmassen landeinwärts in Bewegung, zu Fuß, weil es Massenbeförderungsmittel nicht gab. Wie Heuschreckenschwärme fielen sie über die knappen Vorräte her, und für die Dauer von zwei Wochen trat eine gefährliche Lebensmittelknappheit im ganzen Gebiet nördlich der Höhlenenge ein, die durch Roccos rigorose Maßnahmen schließlich überwunden wurde.
    Sobald es sich herumgesprochen hatte, daß an der Nordwand keine neuen Ausbrüche stattfanden, strömten die Menschen erst gruppenweise, dann in Massen zurück. Es dauerte aber 30 bis 40 Tage, bis alle Einrichtungen des öffentlichen Lebens und der Versorgung wieder funktionierten.
    Sorgsam verfolgte Rocco die Vorgänge an der Nordwand. Die zerstörenden Gewalten schienen sich wieder beruhigt zu haben. 33 Tage nach der Katastrophe befand Rocco sich auf der vordersten Signalstation. Seine Blicke gingen zur Nordwand. Er hoffte, daß der Wolkenbruch, welcher jetzt niederging, die letzten Reste von Rauch und Schwefeldunst beseitigen würde. Da beobachtete er, daß ein Windstoß plötzlich die Nebelwand aufriß, die bisher jede Aussicht auf das Gebirge selbst verwehrte. Er stürzte ins Freie. Nur wenige Sekunden war der Blick frei, aber diese kurze Zeit wurde eine Offenbarung. Was sah er?
    Das Gebirge hatte große Veränderungen erfahren. Eine riesige Öffnung, ein Tor von fünf Kilometern Höhe und zwei bis drei Kilometern Breite befand sich oberhalb des früheren Tunnels. Oben in der Höhlendecke gähnte ein schwarzes Loch. Wie richtig vermutet, war ein Magmaherd, welcher sich über der Schütterzone befand, niedergebrochen. Der Bergrutsch warf diesseits und wahrscheinlich auch jenseits des Tores Halden und Berge so auf, daß auf der früheren Tunnelhöhe eine Hochebene mit dem breiten Becken eines rotglühenden Lavasees entstand, der die Toröffnung vollkommen ausfüllte und sich noch darüber hinaus erstreckte.
    Rocco formulierte in Gedanken die Meldung, die er zur Hauptstadt geben wollte. Sein Ziel war erreicht, ein Tor zum neuen Höhlenland aufzubrechen. Es war ein Portal, würdig für den Einzug eines Königs, aber einstweilen tobten sich da oben noch die Gewalten der Hölle aus. Das Schicksal war ihm in den Arm gefallen und vollendete das Werk auf andere Weise, als er es plante. Mit den Einzugsfeierlichkeiten hatte es noch eine gute Weile. Mehrere Jahre mußten vergehen, bis die glühende Lava so weit ausgekühlt war, daß Menschen hinübergehen konnten!
     
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    König und Kronprinz verließen während der Katastrophentage die Hauptstadt nicht. Aber die ganze übrige königliche Familie war sogleich nach den ersten Lichtsprüchen vom furchtbaren Ausbruch an der Nordwand weggeschickt worden, in den südlichsten Teil des Hochlandes Mog. Dorthin, in eine Höhle von 2000 Metern, drangen erstickende Schwaden bestimmt nicht vor! Dies geschah noch, ehe die allgemeine Panik in Atakor losbrach. Als sie später abflaute, wurde bekanntgegeben, die königliche Familie hätte nur eine längst geplante Badereise zu den Heilquellen von Mog angetreten.
    Für Prinzessin Toxa brachte dieser Badeaufenthalt die Annehmlichkeit mit sich, daß sie viel weniger unter Aufsicht stand als in Atakor. Es fiel ihr nicht schwer, für drei Tage zu verschwinden, indem sie ein anderes Reiseziel als das tatsächliche angab und ihre Begleitung mit Aufträgen wegschickte. Die Verwirrung der Katastrophenzeit kam ihr zustatten. Sie besuchte Klaus Erichsen, denn längst hatte sie herausbekommen, in welchem Werk er tätig war.
    Erichsen kam von einem Kontrollgang und war auf dem Wege zu seinem Häuschen, als er eine verhüllte weibliche Gestalt von der Schwebestation her über das steinige Feld auf das Werk zukommen

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