Das Reich in der Tiefe
Hauptquartier getragen.
Klaus’ Ruhm, der bis Atakor drang, gab wohl den Ausschlag dafür, daß man alle Vorbereitungen für die Reise zur Oberwelt beschleunigte. Er selbst reiste zum Apaxiberg und übernahm dort das Kommando über den ihm gestellten Geleittrupp. Ein Beamter des Königs übergab einen Ledersack mit mehr als zweihundert schönster Edelsteine. Vier kleine Barren Platin waren schon vom Vorbereitungstrupp, der auf dem Wege zur Oberwelt Depots für Lebensmittel und Sauerstoff anlegte, vorausbefördert worden. Klaus und seine zwölf Begleiter, unter denen sich zwei frühere Expeditionsteilnehmer befanden, wurden in zweimaligem Aufstieg des Ballons an die Höhlendecke befördert. Im letzten Augenblick, ehe die Halteseile gekappt wurden, kam nochmals der königliche Beamte und bat Klaus, ein Stück abseits mit ihm zu gehen. „Ich habe noch einen ganz privaten Auftrag“, sagte er und übergab ein Halskettchen mit einem großen Rubin.
„Von Toxa!“ rief Klaus atemlos. „Ist sie denn in der Hauptstadt?“
„Ja! Ihr Onkel hat mit ihr gesprochen. Es stände alles gut, läßt die Prinzessin ausrichten. Den Stein möchten Sie immer tragen und ihrer gedenken, gesund bleiben und bald wieder zurückkommen. Die Prinzessin wartet sehnsüchtig auf Sie. Das sind ihre Worte, die mir aufgetragen wurden.“
Nun begann eine zehntägige Kletterei. Das Schlimmste war geschafft, als man endlich die große Wasserfallhöhle erreichte. Hier, noch diesseits des Falls, wurde der Meldekopf errichtet, ein einfacher, an der Felswand befestigter Schalter nebst der kleinsten Atombatterie. Den isolierten Draht hatte man während des ganzen Aufstiegs mitgeführt, verlegt und ausprobiert. Die Begleiter wären gern umgekehrt, weil sie froren und ohne Masken nicht atmen konnten, doch Klaus setzte nochmals alle an, um die schlimmsten und engsten Stellen des Höhlengangs bis zum Austritt in die Oberwelt zu erweitern. Dann durften sie den Rückmarsch antreten. Klaus Erichsen stand in freier Luft auf der Oberfläche der Erde, auf einem Höhenzug der Insel Santa Caterina, in Schneetreiben und Kälte. Er mußte die Sauerstoffmaske anlegen, weil ihm nach der langen Umgewöhnung die Luft so dünn erschien, daß er ersticken zu müssen glaubte.
Flott strebte er vorwärts, auf dem gleichen Wege, den er vor fast zwei Jahren entgegengesetzt zurückgelegt hatte.
Nach Mitternacht war er bei Gaston Lemaires Hütte und klopfte ihn heraus.
Der Franzose fiel aus allen Wolken und glaubte einen Geist zu sehen. Endlich faßte er sich, zog Klaus zum Licht. „Sie sehen noch nicht einmal schlecht aus, ein bißchen bleich allerdings“, schwatzte er. „Und angezogen sind Sie wie zu einer Antarktis-Expedition. Was ist das für ein sonderbarer Stoff?“
„Lamawolle“, antwortete Klaus.
„Wo, in drei Teufels Namen, sind Sie denn so lange gewesen? Ich habe nach Ihnen gesucht, acht Tage, nach dem Sie weg waren, und noch mal, voriges Jahr im Sommer. Da fand ich den Rest eines Feuers, Ihren Mantel, weggeworfene Büchsen und Verbände. Ich mußte annehmen, Sie wären tot. Sie wissen doch, daß ich Sie gewarnt habe!“
„Schon recht“, unterbrach Klaus den Redeschwall und überlegte, was er Lemaire erzählen sollte. Wie man es auch drehte und wendete, es blieb nichts anderes übrig, als dem Franzosen, der ja für die Waffenkäufe gebraucht wurde, die volle Wahrheit zu sagen.
„Und das soll ich Ihnen nun alles glauben?“ brachte Lemaire schließlich unsicher hervor, nachdem Klaus geendet hatte.
„Daß es sich recht unglaubhaft anhört, darüber bin ich mir klar. Aber wo könnte ich denn sonst gewesen sein? Hätte mich ein Schiff oder Flugzeug mitgenommen, wäre ich doch nie wieder hierhergekommen! Und vielleicht dient Ihnen das als Beweis!“ Klaus holte seinen schweren Rucksack, packte vier Platinbarren aus, ein Pfund Edelsteine und ein Schock geschliffener und ungeschliffener Diamanten.
„Ihnen kann man das schon zeigen“, meinte Klaus. „Auf einen Philosophen und Weltflüchtling dürfen solche Schätze keinen Eindruck machen. Im Ernst gesprochen: Sie sehen daraus, daß ich volles Vertrauen zu Ihnen habe. Ich möchte Sie bitten, mein Partner zu sein und mir bei der Aktion, die ich vorhabe, zu helfen. Wenn ich Ihnen nebenher Wünsche erfüllen kann, wird es mir eine Freude sein.“ Und Klaus erzählte weiter, welche Aufgabe er übernommen hatte.
Lemaire rauchte seine Pfeife: „Ist Ihnen bewußt, daß Sie mit diesen Werten ein Leben lang
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