Das Reich in der Tiefe
selbstverständlicher Gerechtigkeit!“
„Sie selbst sind königlich belohnt worden! Gestern gab ich die Anordnungen für Ihre Hochzeitsfeier. Prinzessin Toxa hat bereits ihr Einverständnis mitgeteilt. Soll das nun Ihr Dank sein? Ich warne Sie! Setzen Sie Ihr Glück nicht aufs Spiel, gehen Sie nicht zu weit!“
„Meine Heirat mit Prinzessin Toxa hat mit alledem nichts zu tun. Ich verrate deswegen meine Kameraden nicht und bleibe bei meinen Forderungen. Sind Sie zur Erfüllung bereit?“
Im Gesicht des Hohenpriesters flammte Wut auf: „Mit welchem Recht wagen Sie es, Sie hergelaufener Abenteurer, Sie Mörder, mir, dem Beauftragten des uralten Königshauses von Cheti, Bedingungen zu stellen? Scheren Sie sich dahin, wo Sie hergekommen sind!“
„Einen Mörder nennen Sie mich?“ schrie Klaus und ballte die Fäuste.
„Immer werde ich Sie jetzt so bezeichnen, wie es Ihnen zukommt. Ein flüchtiger Mörder sind Sie in Ihrer Heimat. Ich weiß mehr über Sie, als Ihnen lieb ist!“
Klaus hielt gewaltsam an sich: „Sie lehnen also meine Bedingungen ab?“
„Soll ich es noch deutlicher sagen?“
Klaus ging an die Tür, hinter der er seine bewaffneten Begleiter zurückgelassen hatte, gab ihnen einen Befehl und wandte sich dann wieder seinem Feinde zu: „Sie sind verhaftet, Sarasola, Priester der Erdmutter, der Regentschaft enthoben. Graf Terpuntay Ayllu Rocco übernimmt sie an Ihrer Stelle. Ich vertrete ihn nur für die Zeit, bis er von dem Mordanschlag genesen ist, den Sie veranlaßt haben!“
Das finstere Gesicht des Oberpriesters war von abgrundtiefem Haß gezeichnet: „Das werden Sie bereuen! Sie kennen mich nicht. Ich werde Sie jagen, bis Sie Cheti verlassen haben oder tot sind!“
* *
*
Noch am gleichen Tag sprach Erichsen im Palast zu Vertretern des Adels, der Wissenden der Technik, der Handwerker, Beamten, Hirten und Bergarbeiter, verkündete die Regentschaft Roccos und teilte mit, die bewaffnete Streitmacht werde so lange zusammenbleiben, bis ihre gerechten Forderungen erfüllt seien.
Schriftkundige wurden zusammengezogen, denen er einen Aufruf diktierte. Sie sollten in alle Teile des Landes hinausgehen, um ihn auch im letzten Dorf und in der abgelegensten Siedlung zu verlesen. Die getroffenen Änderungen und ihre Begründung wurden darin bekanntgegeben. Erichsen sprach seine Bewunderung für die uralte, geniale Verfassung des Reiches Cheti aus und fuhr fort: „Es ist jedoch unmöglich, für ewig dieselben Verhältnisse aufrechtzuerhalten und sie in starren Normen festzulegen. Einer vernünftigen, natürlichen Weiterentwicklung muß Spielraum gegeben werden.“ Am Ende des Aufrufs wurden Wahlen angeordnet, sie sollten nach 32 Tagen, am Festtage des Donnergottes, stattfinden. Aus ihnen sollte ein Parlament hervorgehen, das an Stelle des Hohen Rates treten und dem Lande eine Verfassung geben würde.
Erichsen hatte dies alles mit einem Drei-Männer-Kollegium durchgesprochen, welches er sofort nach dem Umsturz aus hervorragenden Persönlichkeiten der Freiwilligentruppe bildete. Er spürte, daß ihm Kräfte zuwuchsen, daß er Macht über diese Menschen gewann. Sie erlagen der Überzeugungskraft seiner Worte, obwohl er ein Fremder war und noch längst nicht die letzten Feinheiten ihrer Sprache beherrschte. Wo Klaus sich in der Hauptstadt blicken ließ, wurde er jubelnd begrüßt. Keine Gelegenheit, zum Volke zu reden, versäumte er, stellte klar heraus, daß er als Fremder nicht daran dächte das Reich zu regieren, nur für kurze Zeit Rocco vertreten wolle.
Rocco verbrachte nach Tagen völliger Bewußtlosigkeit die meiste Zeit im Dämmerschlaf und wurde künstlich ernährt. Als Klaus ihn zwei Tage nach dem Putsch besuchte, war er für kurze Zeit wach und erkannte ihn. Mit großer Vorsicht überführte man Rocco in den Palast. Die Ärzte taten ihr Bestes, in zunehmendem Maße konnte er um Rat gefragt werden. Wochen mußte es aber noch dauern, bis er sich dem Volke zeigen konnte.
Sarasola war im gleichen Turm des Palastes festgesetzt, den Klaus vier Monate lang bewohnt hatte. Die Bewachung bestand aus zuverlässigen Leuten und wurde häufig abgelöst, der geheime Zugang zur Turmwohnung war vermauert.
Es war Klaus fast ein wenig unheimlich, daß gar keine Gegenaktionen geschahen! Die Stimmung des Volkes auf den Straßen war eindeutig für Rocco und ihn selbst, und dennoch war er davon überzeugt, daß sich im Dunkel der Tempel und anderswo etwas gegen
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