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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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spitz.
    »Danke, ich habe gesehen, was ich sehen wollte.«
    »Wenn Sie es also wirklich für nötig halten, können Sie jetzt mein Schlafzimmer sehen.«
    »Wenn es Ihnen nicht zuviel ausmacht?!«
    Der Hausherr zuckte die Schultern und ging voran in sein Schlafzimmer. Es war ein einfach möbliertes Allerweltszimmer. Als wir jedoch eintraten, blieb Holmes ein wenig zurück, bis er und ich uns am Ende der Gruppe befanden. Am Fußende des Bettes befanden sich auf einem Tischchen eine Schale mit Orangen und eine Wasserkaraffe. Als wir daran vorbeigingen, lehnte sich Holmes zu meinem großen Erstaunen direkt vor meinen Augen über dies Tischchen und warf es um. Das Glas zersplitterte in tausend Stücke, und die Früchte rollten in allen Richtungen durch das Zimmer.
    »Was haben Sie nun wieder angestellt, Watson!« sagte er kühl. »Schöne Bescherung! Der arme Teppich!«
    Ich stand ziemlich verwirrt da, bückte mich aber, um die Früchte aufzusammeln. Ich begriff, daß mein Freund wollte, daß ich die Schuld an dem kleinen Unfall auf mich nahm. Die anderen halfen mir, und schließlich wurde das Tischchen wieder aufgestellt.
    »He«, sagte der Inspektor plötzlich, »wo ist er hingegangen?« Holmes war verschwunden.
    »Warten Sie einen Augenblick. Der Mann kann doch nicht ganz richtig im Kopf sein. Vater, komm, wir wollen sehen, was er anstellt.«
    Sie stürmten aus dem Zimmer. Uns anderen, dem Colonel, dem Inspektor und mir, blieb nichts übrig, als hinter ihnen herzustarren.
    »Ich gehe jede Wette ein, daß der junge Alec recht hat«, sagte der Inspektor, »die Krankheit hat Holmes ja mitgenommen, aber...«
    Er verschluckte die letzten Worte, denn ein plötzlicher Schrei »Hilfe, Hilfe, Mord! « versetzte uns in eiskalten Schrecken, denn ich hatte die Stimme meines Freundes erkannt, der um Hilfe rief. Wie ein Irrer sauste ich aus dem Zimmer in den Treppenflur. Der Schrei war zu einem dumpfen, unartikulierten Stöhnen geworden. Er kam aus dem Zimmer, in dem wir zunächst gewesen waren. Ich stürzte gleich in das Ankleidezimmer. Die beiden Cunninghams waren über die verzerrte Gestalt Sherlock Holmes' gebeugt. Die Hände des Jüngeren hatten sich um Holmes'
    Hals verkrallt, während der Ältere ihm die Handgelenke umdrehte. Einen Augenblick später hatten wir drei uns auf die Cunninghams gestürzt und sie von ihm fortgerissen. Holmes kam mühsam wieder auf die Beine. Er war sehr blaß und war offenbar ziemlich mitgenommen.
    »Verhaften Sie diese Männer, Inspektor«, sagte er, immer noch nach Atem ringend.
    »Warum? Was könnte gegen sie vorliegen?«
    »Der Mord an ihrem Kutscher, William Kirwan.«
    Der Inspektor starrte ihn verwirrt an. »Oh, nun, Mr. Holmes, nun wollen wir«, versuchte er beruhigend auf ihn einzureden, »Sie wollen doch nicht im Ernst sagen...«
    »Ach was, Mann, schauen Sie sich doch die Gesichter an!« sagte Holmes kurzangebunden.
    Tatsächlich hatte ich noch nie ein eindeutigeres Schuldgeständnis in einem Gesicht gesehen. Der alte Mann schien völlig durcheinander zu sein. Auf seinem markanten, faltigen Gesicht lag ein trotzig-beleidigter Ausdruck. Von dem Sohn war alle flotte, moderne Dandyhaftigkeit abgefallen.
    Nur noch die Wildheit und Bösartigkeit eines Tieres
    lauerten in seinen Augen und verzerrten sein schönes Gesicht.
    Der Inspektor sagte nichts, ging aber zur Tür und pfiff auf seiner Trillerpfeife. Zwei Polizisten erschienen.
    »Ich habe keine andere Wahl, Mr. Cunningham«, sagte er. »Ich denke, alles wird sich als ein großer Irrtum herausstellen, aber Sie sehen ja... Eh, lassen Sie das! Werfen Sie das hin!« Er schlug mit der Handkante zu, und der Revolver, den der junge Cunningham gerade auf uns richten wollte, fiel polternd auf den Boden.
    »Vorsicht! Berühren Sie ihn nicht! « sagte Sherlock Holmes ruhig und stellte seinen Fuß darauf.
    »Er wird uns bei der Gerichtsverhandlung nützlich sein. Aber ich habe hier etwas, was wir alle gesucht haben! « Er hielt ein zerknülltes Stück Papier hoch.
    »Der Rest des Briefbogens!« sagte der Inspektor. »Genau.«
    »Und wo haben Sie ihn gefunden?«
    »An dem einzigen Platz, wo er sein konnte. Ich werde Ihnen den Fall bald näher erklären. Ich glaube, Colonel, daß Sie und Watson nun am besten nach Hause gehen. In spätestens einer Stunde werde ich bei Ihnen sein. Der Inspektor und ich haben noch ein Wörtchen mit den Gefangenen zu reden. Spätestens zum Mittagessen sehen wir uns wieder.«
    Sherlock Holmes hielt sich an sein Versprechen.

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