Das Reisebureau Thompson und Comp.
gelegt; die glutflüssigen Felsen waren erstarrt und hatten zwischen sich den wunderbaren Abgrund mit den wildzerrissenen Wänden zurückgelassen. Endlich hatte sich da unten Humus gebildet, Pflanzen waren aufgekeimt, ein Dörfchen hatte sich da angesiedelt, wo früher das Feuer gewütet hatte, und der furchtbare Krater war zum »Curral das Freias« (Park der Nonnen) geworden, auf dessen Grund jetzt ein murmelnder Bach dahinfloß.
Gewiß eine Örtlichkeit, die auf kein Gemüt ihren Eindruck verfehlte, hier, wo einst die Erde alle ihre Schrecken gezeigt hatte. Sie trägt davon aber auch noch heute unverkennbare Zeichen. Keine Feder könnte die schwindelerregenden Wände beschreiben, die überwältigende Anhäufung von Felsblöcken, die Schauder erregende Mannigfaltigkeit der Einzelheiten! Ein Kranz von stolzen Bergen umgibt die Aushöhlung. Zu ihrer Linken sahen die Touristen die bis achtzehnhundertachtzehn Meter aufragenden »Torrinhas«, zur Rechten den Pic Arriero, der siebzehnhundertzweiundneunzig Meter hoch ist, und den höchsten Gipfel Madeiras, den Pic Ruivo, der seine von Nebelfetzen umflatterte Stirn bis achtzehnhundertsechsundvierzig Meter erhebt.
Der Boden des Abgrundes war jetzt mit einer reizenden Vegetation geschmückt, in deren Mitte, wie Punkte und wie ein Faden, die Häuschen und der Glockenturm von Libramento erschienen.
Für den Ausflug war ein Abstieg nach diesem Dörfchen vorgesehen; man hatte sich sogar vorgenommen, da zu frühstücken. Die kleine Truppe zögerte aber doch, als sie die Unmöglichkeit erkannte, die Pferde auf den erschreckenden Pfad da hinunter mitzunehmen, auf den Weg, der mit tausend Schleifen in die Tiefe des Currals führte. Wäre aber auch ziemlich leicht hinunterzukommen, so würden die achthundert Meter des Wiederaufstieges doch außerordentlich beschwerlich werden.
Die Arrieros beruhigten darüber die Touristen. Von unten aus stiegen an der andern Seite die Kraterwände nur ganz allmählich empor, und sie hätten, wenn sie über den Grund nur drei Kilometer weit gegangen wären, kaum mehr als hundert Meter zu steigen, um die Straße und ihre Pferde wiederzufinden.
Damit schien also jede Schwierigkeit aus dem Wege geräumt zu sein, und der immerhin beängstigende Abstieg wurde angetreten.
Der Pfad flößte aber tatsächlich mehr Schrecken ein, als er gefährlich war; für die Frauen blieb er jedoch ein recht beschwerlicher Weg, und Alice und Dolly mußten die Unterstützung Morgans und Rogers annehmen.
Morgan hatte nicht ohne Zögern gewagt, der Gefährtin seine Hilfe anzubieten. Bisher hatte er sich eine solche Freiheit ja niemals erlaubt. Ein noch unklarer Eindruck veranlaßte ihn jedoch, aus der bisher beobachteten Zurückhaltung etwas hervorzutreten. Schon seit dem Anfange dieses Ausfluges hatte Mrs. Lindsay wiederholt das Wort an ihn gerichtet. Sie besprach mit ihm ihre gewonnenen Eindrücke, ja sie suchte sogar ziemlich deutlich seine Gesellschaft. So sehr ihn das erfreute, glaubte Morgan doch, es für eine Folge davon halten zu müssen, daß Roger ihn verraten hätte.
So viel Vergnügen es ihm auch gewährt haben würde, hatte er doch bisher noch die angemessene kühle Höflichkeit bewahrt, die seine Stellung von ihm verlangte, und in der ersten Zeit des Abstieges, ließ er die schöne Gefährtin, wenn er sie auch bedauerte, allein mit den Schwierigkeiten des Weges kämpfen. Es waren ja andre da, denen es mehr als ihm zukam, eine hilfreiche Hand zu bieten, der Baronet, Saunders und vor allem Jack Lindsay. Hamilton und Saunders schienen aber ausschließlich mit ihrer eignen werten Person beschäftigt zu sein, und was Jack Lindsay betraf, so ging dieser zerstreut und unaufmerksam als letzter hinterdrein. Wenn er sich wegen seiner Schwägerin ja beunruhigte, zeigte er es doch nur dadurch, daß er ihr zuweilen einen Blick zuwarf, der dem, der ihn bemerkt hätte, viel zu denken gegeben haben würde. Etwas Liebevolles lag jedenfalls nicht in den Blicken, mit denen er Alice an den Abgründen verfolgte, die dicht neben dem Wege gähnten. Vielleicht hätte er sie nicht in einen solchen gestoßen, aber auch nicht daraus gerettet, wenn sie aus Unachtsamkeit hineingefallen wäre.
Morgan hatte sich also fast gezwungen gesehen, sich der Verlassenen anzunehmen. Bei einer der schlimmsten Stellen des Weges reichte er ihr mechanisch die Hand hin, auf die sich Alice in der natürlichsten Weise stützte, und er führte sie dann so bis zum Grund des Currals. Nach Libramento kam
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