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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Kabine und gab seinen Bewunderern keine Gelegenheit, ihrem begründeten Enthusiasmus Ausdruck zu verleihen.
    Diese sahen sich deshalb auf die Zeugen des Dramas angewiesen. Saunders, Hamilton und Blockhead mußten wiederholt die Einzelheiten bei dem beklagenswerten Ereignisse schildern.
    Nun gibt es aber bekanntlich kein unerschöpfliches Thema, und auch das vorliegende erschöpfte sich, wie alle andern. Als alles bis aufs kleinste erzählt und nochmals erzählt war, und als Roger versichert hatte, sein Landsmann leide nur an einer unbehaglichen Schwere der Glieder und werde wahrscheinlich im Laufe des Nachmittags aufstehen, da befaßte man sich nicht weiter mit Alice und Morgan, und die Touristen beschäftigten sich wieder mit ihren eignen Angelegenheiten.
    Thompson wurde dabei gehörig mitgenommen. Wenn unangenehme Worte die Eigenschaft körperlicher Schwere hätten, so wäre er jetzt unzweifelhaft erdrückt worden. In Gruppen verteilt, ergossen die Opfer der Agentur ihre Galle in mürrischen Zwiegesprächen. Die ganze Litanei der Beschwerden marschierte dabei von neuem auf. Keine wurde vergessen, dafür sorgten schon Hamilton und der grimme Saunders.

    Trotz der Bemühung der beiden Hetzgeister blieb die schlechte Laune vorläufig doch platonischer Art. Keinem fiel es ein, seine Klagen unmittelbar an Thompson zu richten. Wozu auch? Der konnte, selbst wenn er gewollt hätte, an dem Gewesenen doch nichts mehr ändern. Da man die Torheit begangen hatte, den Versprechungen der Agentur Glauben zu schenken, mußte man auch die Folgen auf sich nehmen, und das bis zum übrigens nahen Ende dieser Reise, deren letztes Drittel voraussichtlich nicht besser ausfallen würde als die beiden ersten.
    Augenblicklich fing dieses letzte Drittel recht schlecht an. Kaum hatte man Madeira verlassen, als eine neue Unannehmlichkeit die Geduld der Reisenden auf eine harte Probe stellte. Die »Seamew« machte nur noch sehr wenig Fahrt. Es brauchte einer nicht Seemann zu sein, die unglaubliche Verringerung ihrer Geschwindigkeit zu bemerken. Wo waren sie denn geblieben, die angekündigten, versprochnen, doch nur sehr kurze Zeit eingehaltnen zwölf Knoten? Jetzt legte man in der Stunde kaum fünf Seemeilen zurück und hätte sich besser von einem Fischerboote schleppen lassen können.
    Was die Ursache der außerordentlichen Abnahme der Fahrgeschwindigkeit betraf, war diese leicht an den Geräuschen von der Maschine zu erkennen, die ganz jämmerlich wimmerte, ächzte und knarrte, während der Dampf aus allen Stopfbüchsen hervorzischte.
    Bei dieser Fahrgeschwindigkeit würde man, das sah jeder ein, achtundvierzig Stunden brauchen, die Kanarischen Inseln zu erreichen. Doch was war dagegen zu tun? Offenbar nichts, wie es der Kapitän Pip auch Thompson erklärt hatte, der ganz verzweifelt aussah über die seine Interessen so tief schädigende Verzögerung.
     

    Dadurch, daß er sich eines starken Zweiges… bediente. (S. 250.)
     
    Die Reisenden nahmen ihren Ärger darüber schweigend hin. Da sie einsahen, daß ihnen kein Zürnen nützte, wurden sie trübsinnig. In ihren Gesichtszügen hatte die Lässigkeit die früher drohende Miene abgelöst.
    Diese seelische Erschlaffung mußte geradezu lähmend wirken, da die Passagiere sich auch im Verlaufe des zur gewöhnlichen Stunde aufgetragenen Frühstücks nicht daraus herausrissen, und Gott weiß, zu wieviel sehr berechtigten Klagen dieses doch Anlaß gegeben hätte.
    Jedenfalls strebte ja Thompson damit nach der Herstellung des Gleichgewichts in seinem durch die einander folgenden Verzögerungen der Fahrt so arg bedrohten Budget, denn an der Tafel merkte man, wie in jeder Hinsicht gespart wurde. Welch ein Unterschied zwischen diesem Frühstück und der Mahlzeit, bei der dem Saunders zum ersten Male schon die Galle übergelaufen war! Doch auch jetzt fiel es niemand ein, sich in nutzlosen Klagen zu ergehen. Jeder verzehrte schweigend die sehr mittelmäßige Kost. Thompson, der immerhin etwas befangen dasaß und nach den Passagieren schielte, glaubte doch bald annehmen zu dürfen, daß diese nun vollständig mürbe geworden seien. Nur Saunders streckte die Waffen noch nicht ganz und schrieb eine neue Beschwerde in das Notizbuch, worin er seine täglichen Ausgaben anmerkte. Nur ja nichts vergessen! Ausgaben und Beschwerden würden ja später gleichzeitig beglichen werden.
    Als Morgan gegen zwei Uhr auf dem Spardeck erschien, brachte er etwas neues Leben in die stumpf-trübsinnige Versammlung daselbst.

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