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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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in das Gespräch, ja er wurde überraschenderweise sogar lustig. Dolly und Roger, die das seltsam verwunderte, gaben ihm kurz angebundne Antworten, während Alice, deren Gedanken ganz wo anders waren, gar nicht zu hören schien, was neben ihr gesprochen wurde.
    Gegen sieben Uhr hatte die »Seamew« die Insel Lancerote hinter sich gelassen und begann nun, vor den ganz ähnlichen Küsten von Fuertaventura hinzufahren. Wäre nicht die Bocaïna, der Kanal von zehn Kilometer Breite, der die Inseln trennt, gewesen, so hätte kaum jemand die Veränderung bemerkt.
    Morgan blieb noch immer unsichtbar. Vergebens ging Roger. den dieses völlige Verschwinden allmählich reizte, so weit, daß er die Kabinen unten absuchte, um seinen Freund aufzutreiben. Herr Professor Morgan war aber nicht zu finden.
    Wieder sichtbar wurde er erst bei der Hauptmahlzeit, die ebenso still verlief wie das Frühstück, gleich nachher aber verschwand er von neuem, und Alice, die sich noch einmal auf Deck begeben hatte, konnte beim Dunkelwerden sehen, daß das Kabinenfenster ihres unergreifbaren Retters sich erleuchtete.
    Den ganzen Abend blieb Morgan unsichtbar, und die Amerikanerinnen schickten sich an, zur Ruhe zu gehen, während das Licht bei Morgan noch immer brannte.
    »Der ist toll geworden!« sagte Roger lächelnd, als er die beiden Damen zur Treppe hin begleitete.
    In ihrer Kabine setzte sich Alice, wie sie es gewohnt war, aufs Bett, ihre Hände aber blieben untätig. Mehr als einmal überraschte sie sich, wie sie traumverloren dasaß und unbewußt ihre Nachttoilette unterbrochen hatte. Etwas, was sie doch nicht nennen konnte, war in ihr verändert; eine unerklärliche Angst lastete auf ihrem Herzen.
    Ein Geräusch von knisternden Blättern in der Kabine nebenan bewies ihr, daß Morgan darin war und wirklich noch arbeitete. Bald aber überfiel Alice ein leises Zittern, das Umwenden der Blätter hatte aufgehört, das Buch war mit kurzem trockenen Schlage geschlossen und ein Stuhl zurückgeschoben worden; gleich darauf verriet das Geräusch beim Öffnen der Tür der indiskreten Lauscherin, daß Morgan nach dem Deck hinaufgegangen war.
    »Tut er das, weil wir jetzt nicht droben sind?« fragte sich Alice unwillkürlich.
    Mit einer Bewegung des Kopfes wies sie diesen Gedanken ab und vollendete dann schnell ihre Toilette. Fünf Minuten später suchte sie, auf ihrem Lager ausgestreckt, den Schlummer, den sie freilich länger als gewöhnlich suchen mußte.
    Morgan, der nach dem Tage strengen Eingeschlossenseins das Bedürfnis fühlte, etwas frische Luft zu schöpfen, war wirklich nach dem Deck hinausgegangen.
    Das in der Nacht erleuchtete Kompaßhäuschen lockte ihn an. Auf den ersten Blick sah er, daß jetzt ein Kurs nach Südwesten eingeschlagen worden war, und schloß daraus, daß die »Seamew« auf Gran Canaria zusteuerte.
    Müßig kehrte er nach dem hintern Teile des Decks zurück und ließ sich in einen Armstuhl an der Seite eines Rauchers fallen, den er nicht einmal bemerkte. Einen Augenblick sah er im Dunkeln auf das schwarze Meer hinaus, da senkte er die Augen und bald verlor er sich, den Kopf in die Hand gedrückt, in tiefe Gedanken.
    »Alle Teufel, sagte da plötzlich der Raucher, Sie sind ja heute Abend recht verstimmt, mein Herr Professor?«
    Morgan erschrak fast und sprang mit einem Satze auf. Der Raucher hatte sich allmählich erhoben und im Lichte der Schiffslaterne erkannte Morgan seinen Landsmann Roger de Sorgues, der ihm die Hand bot und ein freundliches Lächeln auf den Lippen hatte.
    »Ja, es ist wahr, ich bin etwas leidend.
    – Krank? fragte Roger teilnahmsvoll.
    – Das gerade nicht, nur abgespannt, eigentlich mehr träge.
    – Das kommt wohl noch von Ihrem gestrigen Tauchen her?«
    Morgan machte eine ausweichende Bewegung.
    »Aber auch welcher Gedanke von Ihnen, sich den ganzen langen Tag einzuschließen,« fuhr Roger fort.
    Morgan wiederholte dieselbe Geste, die statt jeder Antwort gelten sollte.
    »Sie haben jedenfalls gearbeitet, meinte Roger.
    – Geben Sie nur zu, daß ich das nötig hatte, erwiderte Morgan lächelnd.
    – Doch wo zum Teufel hatten Sie sich versteckt, um Ihren Reiseführer durchzuackern? Ich habe doch an Ihre Tür geklopft, ohne Antwort zu erhalten.
    – Da sind Sie wahrscheinlich erst gekommen, als ich in der freien Luft etwas Erholung suchte.
    – Und das nicht gleichzeitig mit uns,« sagte Roger dazu mit etwas vorwurfsvollem Tone.
    Morgan sah ihn schweigend an.
    »Ich bin nicht der einzige, der sich

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