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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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den Anschein, als ob er seinen hartnäckigen Feind gar nicht hörte; er begnügte sich, zum Zeichen seiner Indifferenz mit selbstzufriednem Ausdruck mit der Zunge zu schnalzen… Er, ja er, war mit seiner Küche zufrieden.
    Als die Gesellschaft sich wieder auf das Deck begeben hatte, war das Schiff bereits über die Insel Graciosa hinausgekommen und fuhr jetzt mit noch weiter verminderter Geschwindigkeit längs der Küste von Lancerote hin.
    Hätte jetzt Robert Morgan, um Aufschluß über das Bild zu geben, das sich vor den Augen der Passagiere entrollte, nicht auf seinem Posten sein sollen, um auf alle Fragen zu antworten und seine frühern Flausen aufrecht zu erhalten? Ja, gewiß, und dennoch blieb der Cicerone der »Seamew« bis zum Abend völlig unsichtbar.
    Was hätte er auch viel sagen können? Die Westküste von Lancerote war durchgehends einförmig und sah so wild aus, daß die Sache seit den Azoren schon anfing, recht langweilig zu werden.
    Zunächst erblickte man hier ein hohes, steiles Ufer, dann einen mit vulkanischer Asche bedeckten Strand, weiterhin ein ganzes Heer von Spitzbergen, die sich endlich in der Playa Quemada, den »Verbrannten Bergen«, verlieren, deren Name ja schon allein für ihre unverbesserliche Unfruchtbarkeit zeugte. Überall öde und leer, überall düstre Felsen, die sich kaum von den bläulichen Pflanzen unterschieden, welche allein darauf ihre kümmerliche Nahrung finden. Ebenso gibt es keine irgendwie bedeutendere Stadt auf der westlichen Küste, nur da und dort ärmliche Dörfer, deren Namen nicht zu kennen jeder Cicerone das Recht hatte.
    Von den beiden Handelsplätzen der Insel liegt der eine, Tehuise, im Innern des Landes, der andre, Arrecife, bietet an der Ostküste den Schutz seines vortrefflichen Hafens. Nur in den dazugehörigen Gebieten und noch einigen ähnlichen, die dem Nordostpassat ausgesetzt sind, der eine wohltätige Feuchtigkeit mitbringt, hat sich einigermaßen ein regeres Leben entwickeln können, während der Rest der Insel und vor allem der Teil davon, an dem die »Seamew« vorüberkam, durch die Trockenheit zur wirklichen Steppe verwandelt wurde.
    Das ist alles, was Morgan hätte sagen können, wenn er es gewußt hätte und zur Stelle gewesen wäre. Da keine dieser beiden Bedingungen erfüllt war, mußten die Touristen eben ohne einen Cicerone auskommen, was sie übrigens gar nicht zu bemerken schienen. Mit halbgeöffneten Augen und niedergesenktem Gesicht, ohne Äußerung der geringsten Wißbegier, ließen sie Fahrzeug und Zeit gleichmäßig weitergleiten. Nur Hamilton und Saunders besaßen noch etwas von ihrem kriegerischen Geiste, doch selbst Blockhead schien seit dem vorigen Tage merkbar niedergeschlagen.
    Roger leistete diesen Nachmittag, wie gewöhnlich, den amerikanischen Damen Gesellschaft. Wiederholt äußerten diese ihre Verwunderung über die Abwesenheit Morgans, die sein Landsmann damit erklärte, daß der junge Mann in seinem Baedeker studieren müsse. Und Gott weiß, daß ihm das gewiß nötig war.
    Als das Gespräch auf diesem Punkt angelangt war, verließ man ihn nicht mehr, und die Ohren des Cicerone-Dolmetschers der »Seamew« hätten begründete Ursache gehabt, ihm recht stark zu klingen. Dolly erklärte, daß er ihr recht gut gefalle, und Roger fand das sehr begreiflich.
    »Was er für Mistreß Lindsay getan hat, schloß er seine Worte, ist ja schon recht heroisch. Robert Morgan gehört aber einmal zu den Leuten, die alles einfach tun, was getan werden muß, kurz, er ist ein Mann im wahren Sinne des Wortes.«
    Nachdenklich lauschte Alice diesen Lobsprüchen mit traumverlornen, auf den Horizont gerichteten Blicken, wie die Gedanken, die ihre Seele bewegten…
    »Ah, guten Tag, Alice! Ich bin erfreut, Dich so vollkommen wohl wieder zu sehen,« sagte plötzlich eine Person, deren Herankommen die drei Plauderer ganz überhört hatten.
    Mrs. Lindsay mußte ein leises Zittern unterdrücken.
    »Ich danke Dir, Jack, antwortete sie gelassen. Ich bin in der Tat völlig wieder hergestellt.
    – Nichts könnte mir angenehmer zu hören sein,« erwiderte Jack, dem unwillkürlich ein Seufzer der Erleichterung entschlüpfte.
    Diese erste Begegnung, die er so gefürchtet hatte, war ja recht glimpflich abgelaufen. Bis jetzt wenigstens wußte seine Schwägerin noch nichts.
    Er fühlte sich von dieser Gewißheit so getröstet und gestärkt, daß sein sonst so verschlossener Charakter sich sozusagen belebte. Statt sich abseits zu halten, mischte er sich jetzt

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