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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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gelingt.
    Einer der beiden Passagiere, die hier herausgekommen waren und jetzt auf Morgan zuschritten. lieferte das schlagendste Beispiel für die Richtigkeit dieser Beobachtung: es war unmöglich, noch mehr Engländer zu sein. Er wäre sogar ein großer Engländer gewesen, wenn die Höhe seiner Gestalt genügt hätte, ihn als solchen zu bezeichnen. Übrigens war er ziemlich hager, jedenfalls um das Gleichgewicht des Körpers zu sichern und um das Gesamtgewicht nicht zu überschreiten, auf das ein normal gebautes Menschenkind ein Recht hat.
    Sein langer Rumpf ruhte auf langen Beinen, die wieder in lange Füße ausliefen, mit denen er so fest auftrat, als wollte er von dem Boden um sich gleich Besitz nehmen.
    Doch von einem Engländer weiß man’s ja: wo er auch hinkommt, ist es stets sein erstes, den Unionjack aufzupflanzen.
    Seiner äußern Erscheinung nach hatte dieser Passagier viel Ähnlichkeit mit einem alten Baume. Dessen Knorren vertraten bei ihm runzliche Gelenke, die bei der geringsten Bewegung schabten und knarrten wie die Zahnräder einer schlechtgeölten Maschine. Was seinen Körper anging, fehlte es ihm jedenfalls an der nötigen Gelenkschmiere, und nach der ersten Beobachtung zu urteilen, mochte er wohl geistig ebenso schwer beweglich sein.
    Das mußte man wenigstens annehmen, wenn man die Augen über das Gesicht des Mannes vom untern nach dem obern Teile des Kopfes schweifen ließ.
    Da sah man zuerst eine lange, dünne Nase mit scharfer Spitze. An jeder Seite dieses gefährlichen Gebirgskammes brannten an der gewöhnlichen Stelle der Augen zwei kleine Kohlen, und darunter lag eine schmale Spalte, die nur, wer mit den Naturgesetzen vertraut war, als einen Mund erkennen konnte, welcher zu Bosheiten wie geschaffen aussah. Als Rahmen diente dem Bilde endlich ein Heiligenschein von lebhaftem Rot, der auf dem höchsten Teile des Schädels mit sorgfältig geglätteten, durch einen schnurgeraden Scheitel geteilten Haaren anfing und in unbestimmbare Spitzen eines wolkigen Backenbartes auslief. »Steifigkeit!« so schrien einen Scheitel und Backenbart förmlich an.
    Das Gesicht im ganzen war eine Reihe von Buckeln und Tälern. Gott, der die Menschen mit seinen Händen formte, hatte in diesem Falle offenbar nur mit Faustschlägen gearbeitet, und das Ergebnis, dieses Gemisch von Feinheit, Malice, Bosheit und Steifigkeit wäre kein glückliches gewesen, wenn auf den bergigen Zügen, die an ein Gebiet vulkanischen Ursprungs erinnerten, nicht gleichzeitig das Bild einer ausgeglichenen, ruhigen Seele geleuchtet hätte.
    Der seltsame Herr war in der Tat noch ruhiger, als man sich’s vorstellen kann. Er ließ sich durch nichts hinreißen, erhitzte sich niemals, erhob niemals seine Stimme, die nur einen einzigen Ton hatte, lauter und wirkte damit wie der Generalbaß, der die andern Instrumente eines Musikstückes leitet.
    Der hier beschriebene Herr war auf dem Spardeck nicht allein. Er führte oder schleppte vielmehr eine Art wandelnde Festung hinter sich, einen noch größern Mann als er selbst, der auch verhältnismäßig dick und breit war, einen Koloß von überwältigender, aber gutmütiger Erscheinung.
    Die beiden Gestalten traten an Robert Morgan heran.
    »Haben wir das Vergnügen, Herrn Professor Morgan vor uns zu sehen? fragte der erste mit einer so harmonischen Stimme, als ob er gerade Kieselsteine zerkaute.
    – Zu Ihren Diensten, meine Herren, antwortete Morgan mehr maschinenmäßig.
    – Den sprachkundigen Begleiter der Reisegesellschaft?
    – Wie Sie sagen.
    – Ah, sehr angenehm, Herr Professor, versicherte mit eisiger Kälte der Herr, der mit den Fingern durch seinen hochroten Backenbart strich. Mein Name ist Saunders, augenblicklich Passagier.«
    Morgan machte eine leichte Verbeugung.
    »Da wir uns nun über das Nötigste klar sind, Herr Professor, erlauben Sie mir, Ihnen Herrn Van Piperboom aus Rotterdam vorzustellen, dessen Erscheinen den Reiseunternehmer, Herrn Thompson, ganz besonders in Verlegenheit zu setzen schien.«
    Als er seinen Namen nennen hörte, verneigte sich der Herr Van Piperboom mit größter Höflichkeit.
    Morgan sah den Wortführer mit einem gewissen Erstaunen an. Thompson hatte sich jedenfalls »salviert«. Doch weshalb hätte er sich beim Anblick seiner Passagiere beunruhigen sollen, und wie kam dieser Herr Saunders dazu, gegen den Angestellten genannten Thompsons eine solche Bemerkung fallen zu lassen?
    Saunders äußerte sich nicht über seine Gründe. Sein Gesicht blieb ernst

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