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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Stimme:
    »Nein, die ganze Geschichte ist der reine Jammer, Herr!«
    Artimon neigte wie verzweifelt den Kopf.
    »Wenn uns nun so ein richtiges Wetterchen überfiele… wie?… Was denn dann, Master?«
    Der Kapitän machte eine Pause und mißhandelte seine Nase von neuem.
    »Das würde hübsch werden, Herr!« sagte er mit triumphierendem Nachdruck.
    Die vertraulichen Mitteilungen seines Herrn waren niemals lang; Artimon glaubte deshalb, hiermit entlassen zu sein und hielt sich für berechtigt, nun einige Bewegung zu machen. Die Stimme seines Herrn fesselte ihn jedoch nochmals an seinen Platz. In den Zügen des Kapitäns spielte ein grimmiges Hohnlächeln, während er die Angaben des Prospektes ziemlich vernehmbar vor sich hinmurmelte:
    »›Prächtiger Dampfer.‹ Ah… ja freilich!… Von › zweitausendfünfhundert Tonnen‹!«
    Da erhob sich eine hohle Stimme zwei Schritte neben ihm:
    »Bordelaiser Tonnen 1 , Herr Kapitän!«
    Pip beachtete die Unterbrechung nicht.
    »›… und mit dreitausend Pferdekräften‹! fuhr er fort, Herr, das nenn’ ich ›den Mund vollnehmen‹.
    – Ponykräfte, Herr Kapitän, dreitausend kleine Ponies,« ertönte dieselbe Stimme.
    Diesmal horchte der Kommandant etwas genauer darauf. Er warf dem frechen Störenfried einen zornigen Blick zu und entfernte sich dann, während sein passiver Vertrauter, der nun wieder zur Rolle des Hundes zurückkehrte, sich davonschlich.
    Als Saunders – denn der war es, der jene Bemerkungen hingeworfen hatte – den Kapitän sich entfernen sah, überließ er sich einem Ausbruche von Heiterkeit, der sich zwar nicht in der gewöhnlichen Weise zeigte, doch von dem Zucken und Schütteln seiner Glieder deutlich verraten wurde.
    Nach dem ersten Frühstück füllte sich das Spardeck bald mit Passagieren, von denen die einen gemächlich auf und ab spazierten und die andern, in Gruppen zusammensitzend, plauderten.
    Eine dieser Gruppen erregte besonders die Aufmerksamkeit Morgans. Sie bestand, fern von ihm auf dem Vorderteile des Spardecks, aus drei Personen, unter diesen zwei Damen. In der einen aber, die eben die letzte Nummer der
Times
durchflog, erkannte er die liebliche Erscheinung von gestern Abend, seine schöne Kabinennachbarin.
    Ob verheiratet oder Witwe, jedenfalls war es eine Frau etwa im Alter von zwei-bis dreiundzwanzig Jahren. Er hatte übrigens recht gehabt, sie reizend zu finden, denn im Sonnenschein machte sie einen ebenso bezaubernden Eindruck wie im künstlichen Lichte.
    Ihre Gefährtin war ein junges Mädchen von neunzehn bis zwanzig Jahren, der auffallenden Ähnlichkeit nach jedenfalls ihre Schwester.
    Der zu der Gruppe gehörige Herr hatte auf den ersten Blick gerade nichts Anziehendes an sich. Klein, mager, mit herabhängendem Schnurrbarte und eingefallener Nase, sowie mit zwei Spürhundangen und doch unbestimmbarem Blicke… die ganze Erscheinung gefiel Morgan nicht im geringsten.
    »Na, das ist ja am Ende gleichgültig,« sagte er für sich.
    Dennoch konnte er seine Aufmerksamkeit nicht sogleich von dem Manne abwenden Eine unwillkürliche Ideenverbindung erinnerte ihn beim Anblick dieser unsympathischen Persönlichkeit an den Raucher, der ihn am verflossenen Abend zum Rückzuge vom Salonskylicht genötigt hatte.
    »Jedenfalls ein eifersüchtiger Ehemann,« dachte Morgan, die Achseln zuckend.
    In diesem Augenblicke verstärkte sich der Wind, der schon vom Morgen an die Neigung aufzufrischen gezeigt hatte, zu einer Art plötzlicher und kurzer Bö. Das Zeitungsblatt, worin die junge Frau las, wurde ihr aus der Hand gerissen und flatterte nach dem Meere zu. Morgan nahm sofort die Verfolgung des Flüchtlings auf und hatte das Glück, ihn gerade noch zu packen, als er für immer verschwinden wollte. Spornstreichs brachte er das Blatt seiner reizenden Nachbarin zurück, die ihm mit einem freundlichen Lächeln dankte.
    Nach Verrichtung dieses leichten Ritterdienstes wollte sich Morgan eben feinfühlig zurückziehen, als Thompson ihm den Weg vertrat, nein, richtiger: sich auf ihn stürzte.
    »Bravo, Herr Professor!… Bravo! rief er. Frau Lindsay, Fräulein Clarck und Herr Lindsay, gestatten Sie mir, Ihnen Herrn Robert Morgan, Professor der Universität von Frankreich, vorzustellen, der die Güte gehabt hat, für die Reisegesellschaft die undankbare Rolle eines Dolmetschers zu übernehmen, was Ihnen noch einmal den Beweis liefern wird – wenn ein solcher überhaupt noch nötig wäre – daß die Agentur nichts verabsäumt hat, das Vergnügen und

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