Das Reisebureau Thompson und Comp.
und kalt wie immer. Nur seine etwas hervorlugende Zungenspitze hätte Morgan bei näherer Kenntnis des Herrn verraten müssen, daß dieser eine recht treffende Bemerkung gemacht zu haben glaubte.
»Herr Van Piperboom, fuhr er fort, kennt ganz und gar keine andre Sprache als die holländische und hat sich bisher vergeblich bemüht, einen Dolmetscher zu finden, wie ich aus dieser Karte erkannt habe, womit er sich vorsichtigerweise versehen hat.«
Saunders brachte bei diesen Worten eine Visitenkarte zum Vorschein, auf der Morgan lesen konnte:
Piperboom glaubte das auf der Karte ausgesprochene Gesuch wohl noch bekräftigen zu müssen, denn er sagte mit einer Flötenstimme, die mit seinen Körpermaßen in grellem Widerspruch stand:
»
Inderdaad, Mynheer, ik ken geen woord engelsch
…
– Da hat es Herr Piperboom schlecht getroffen, denn holländisch verstehe ich ebensowenig wie Sie.«
Der dicke Passagier setzte seine Anrede fort:
»…
ach zal ik dikwyls Uw raad invinnen op die reis
.«
Er begleitete seinen Satz mit einem liebenswürdigen Gruße und einem einnehmenden Lächeln.
»Wie, Sie sprechen nicht holländisch?… Bezieht sich denn das hier nicht auf Sie?« rief Saunders, indem er aus der Tiefe seiner Tasche ein Papier hervorholte, das er Morgan hinhielt.
Dieser ergriff das ihm vorgewiesene Blatt. Darauf stand außer dem Reiseprogramme Wort für Wort der Text der ersten Plakate, und ganz unten auch die auf den begleitenden Dolmetscher bezügliche Bemerkung, doch soweit verändert, daß sie nun lautete:
»Ein Professor der Universität von Frankreich, der alle Sprachen beherrscht, hat sich freundlichst herbeigelassen, sich den geehrten Herren Reiseteilnehmern als sprachkundiger Führer zur Verfügung zu stellen.«
Als Morgan das gelesen hatte, erhob er die Augen zu Saunders, richtete sie dann nochmals auf das Papier und sah sich hierauf überallhin um, als hoffte er auf dem Deck eine Erklärung für die Tatsache zu finden, die ihm unfaßbar vorkam. Da erblickte er Thompson, der sich über das Oberlicht des Maschinenraumes beugte und in die Betrachtung der Bleuelstangen und der Dampfzylinder versunken zu sein schien.
Sofort ließ er Saunders und Piperboom stehen und lief, vielleicht etwas schnell, zu dem Agenten hin, dem er das unglückselige Programm entgegenstreckte.
Thompson schien diesen Überfall vorhergesehen zu haben… der Thompson, der sich immer Rat wußte.
Gemächlich und freundschaftlich schob er seinen Arm unter den Morgans und zog den erzürnten Dolmetscher ruhig, aber entschlossen, mit sich fort. Es sah ganz so aus, als ob sich zwei gute Bekannte friedlich von Regen oder schönem Wetter unterhielten.
Morgan war jedoch nicht der Mann, der sich mit solch leichter Münze abfinden ließ.
»Können Sie mir erklären, Herr Thompson, rief er heftig, was diese Zusicherungen in Ihrem Programm bedeuten sollen? Habe ich wohl je ein Wort davon gesagt, daß ich alle Sprachen spräche?«
Thompson lächelte harmlos.
»Na, na, nur gemach, antwortete er besänftigend, dergleichen bringt das Geschäft nun einmal mit sich, lieber Herr!
– Eine Unwahrheit läßt sich damit aber niemals entschuldigen«, entgegnete Morgan trocken.
Thompson zuckte verächtlich mit den Achseln. »Ach was, was zur Reklame gehört, könnte man doch niemals eine eigentliche Lüge nennen.«
»Sagen Sie mir nur, lieber Herr Morgan, worüber haben Sie sich im Grunde zu beklagen? Jene Bemerkung, behaupte ich, ist ja völlig zutreffend. Sind Sie denn nicht Franzose?… Sind Sie nicht Professor?… Haben Sie nicht auf der Universität von Frankreich studiert und Ihre Diplome nicht von dieser erhalten?«
Thompson schwelgte ordentlich in der Kraft seiner Beweisgründe; er lauschte seinen eignen Worten, er überredete sich selbst.
Morgan war nicht in der Laune, ein so nutzloses Gespräch weiter fortzuführen.
»Ja ja, Sie haben ganz recht, begnügte er sich ironisch zu antworten. Ich kenne natürlich alle Sprachen, das ist ja selbstverständlich.
– Nun also!… Wie, alle Sprachen? wiederholte Thompson. Das heißt natürlich nur, alle ›nützlichen‹ Sprachen. Freilich, das Wort ›nützliche‹ war vergessen worden. Na, wahrlich, das ist doch kaum der Rede wert!«
Morgan wies mit der Hand auf Piperboom hin, der aus einiger Entfernung dem Zwiegespräche in Gesellschaft von Saunders gelauscht hatte. Gegen dieses Beweismittel gab es keinen Widerspruch.
Thompson beurteilte das wahrscheinlich doch etwas anders, denn er
Weitere Kostenlose Bücher