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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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begrenzt, folgte Robert Morgan elastischen regelmäßigen Schrittes der Richtung nach Süden. Um ihnen mehr Mut zu machen, hat er für seine Gefährten die tatsächliche Lage etwas rosiger gefärbt, er selbst täuschte sich darüber jedoch in keiner Hinsicht. Er hatte wenigstens hundertsechzig Kilometer zurückzulegen, ehe er das unter französischem Einfluß stehende Gebiet erreichte.
    Hundertsechzig Kilometer, die verlangen, bei der Überwindung von sechs Kilometern in der Stunde, eine dreitägige Wanderung, wenn sie jeden Tag zehn Stunden fortgesetzt wird.
    Die ersten zehn Stunden des Marsches wollte Morgan noch heute vollenden. Nachmittag drei Uhr aufgebrochen, gedachte er erst in der Nacht um eins Halt zu machen, und mit Sonnenaufgang weiterzugehen. Damit hoffte er, vierundzwanzig Stunden zu gewinnen.
    Die Sonne neigte sich dem Horizonte zu. Noch ist heller Tag, vom Meere strömt aber eine erfrischende Kühle her, die den Mut des Wanderers belebt, der fast seit fünf Stunden beharrlich seinem Wege folgt. Nach einer weitern Stunde wird es Nacht sein, und dann hofft er noch leichter über den ziemlich festen Sand hinzukommen, der dem Fuße einen elastischen Stützpunkt bietet.
    Ringsum von Morgan nichts als die Wüste mit ihrer entsetzlichen Traurigkeit. Kein Vogel, kein lebendes Wesen in der grenzenlosen Einöde, die er dann und wann bis zum Horizonte übersehen kann, je nachdem der launische Verlauf der Düne das gestattet.
    In dieser düstern Einöde verraten nur selten Gruppen von Zwergpalmen, daß das Leben hier nicht gänzlich erloschen ist.
    Der Sturm hat ausgetobt und vom Himmel senkt sich die Majestät des Abends hernieder. Alles ist ruhig und still. Kein Geräusch, außer dem des noch bewegten Meeres, dessen sanftere Wellen an die Küste anschlagen.
    Plötzlich bleibt Morgan stehen. Täuschung oder Wirklichkeit? Er glaubt, zwei Zentimeter neben seinem Ohr das Vorbeizischen einer Kugel gehört zu haben, dem ein dumpfer, in der Weltweite des echolosen Strandes bald erstickter Knall folgte.
    Mit einem Sprunge hat sich Morgan umgekehrt, und kaum zehn Schritte hinter sich, wohin sich einer auf dem den Laut der Schritte dämpfenden Sande herangeschlichen hatte, sieht er… Jack Lindsay, der noch auf ihn zielt.
    Ohne einen Augenblick zu verlieren, stürzte sich Morgan auf den elenden Mordbuben. Da fühlt er sich im Laufe gehemmt. Ein brennender Schmerz wütet in seiner Schulter, und gleich einer trägen Masse sinkt er vorwärts, das Gesicht im Sande vergrabend, nieder.
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    Nachdem er seine Schandtat vollbracht hat, entfernt sich Jack Lindsay eiligen Schrittes. Er nimmt sich nicht einmal die Mühe, sich von dem Tode seines Feindes zu überzeugen. Wozu auch? Tot oder verwundet, das ist in dieser Wüstenei ja gleich. So oder so, würde der Sendbote der Schiffbrüchigen sein Ziel nicht erreichen können und jede Hilfe zu spät kommen.
    Den Kurier seiner Gefährten aufgehalten zu haben, das war ja etwas, aber doch noch nicht alles. Damit Jack Lindsay seinen ehrlosen Zweck erreichte, mußte die ganze Gesellschaft in seine Hände fallen.
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    Morgan lag – ein Leichnam oder ein Verwundeter? – auf dem Sande. Seit er an dieser Stelle zusammenbrach, ist die Nacht verflossen, und die Sonne hat ihren täglichen Kreislauf am Himmel bis zum Versinken unter dem Horizont vollendet, dann ist auch eine zweite Nacht gekommen und schon fast vergangen, denn am östlichen Himmel zieht bereits eine schwache Röte herauf.
    In diesen langen Stunden hat keine Bewegung verraten, ob in Morgan noch eine Spur von Leben übriggeblieben war. Doch wenn er auch noch lebte, würde die Sonne, wenn sie zum zweiten Male ihre glühenden Strahlen über ihn ergoß, voraussichtlich seine letzte Stunde bezeichnen.
    Da hat sich aber etwas geregt neben dem bewegungslosen Körper. Ein Tier, das in dem noch herrschenden Halbdunkel nicht gut zu erkennen war, scharrt eifrig den Sand weg, worin das Gesicht des Daliegenden ruht. Bald kann die Luft freier in dessen Lungen eindringen, wenn diese die Fähigkeit zu atmen überhaupt noch haben.
    Die Folge dieser Veränderung läßt nicht auf sich warten. Morgan stößt einen schwachen Seufzer aus und versucht sich dann zu erheben. Ein grausamer Schmerz im linken Arm streckt ihn wieder keuchend zu

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