Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
gehofft hatte, seinen Landsmann auf den Leim zu führen, sollte er sich arg getäuscht haben. Die frühere Lektion hatte ihre Früchte getragen: Morgan war jetzt gepanzert gegen derartige Angriffe.
    »Ganz richtig, Herr de Sorgues, sagte er.
    – Diese Landfeste hat es also wirklich gegeben? fragte darauf Alice.
    – Ja, wer kann das wissen? antwortete Morgan. Ob Sage oder Wahrheit, jedenfalls herrscht eine große Ungewißheit bezüglich des einstigen Vorhandenseins dieses Festlandes.
    – Gibt es vielleicht, fragte Alice weiter, dennoch Anhaltspunkte, die dafür sprechen?
    – Gewiß, mehrere, erklärte Morgan, der nun vortrug, was er aus seinem Bücherschatz gelernt hatte. Ohne von der Meropis zu reden, von der aus Midas, nach Theopompos von Chios, Kenntnis von dem armen und alten Silea erlangt hatte, ist mindestens noch die Schilderung des göttlichen Plato erhalten. Durch Plato wurde die Überlieferung zum Berichte, die Legende zur Geschichte. Ihm ist es zu verdanken, daß es in der Kette der Erinnerung an keinem Gliede fehlt. Er knüpfte Jahr an Jahr, Jahrhundert an Jahrhundert bis zurück ins graueste Altertum. Die Tatsachen, die Plato aufzählt, entnahm er Kritias, der sie wieder, als er sieben Jahre zählte, aus dem Munde seines damals neunzigjährigen Urgroßvaters Dropidas erfahren hatte. Dropidas wieder erzählte da nichts andres, als was er viele Male von seinem vertrauten Freunde Solon, einem der sieben Weisen Griechenlands und Gesetzgeber von Athen, gehört hatte. Solon aber erzählte ihm, wie er von den Priestern der damals schon achthundert Jahre alten ägyptischen Stadt Saïs gehört hätte, daß deren Denkmäler Inschriften enthielten in bezug auf blutige Kriege, die zwischen einer alten, noch tausend Jahre vor Saïs gegründeten, griechischen Stadt und den zahllosen Scharen geführt worden seien, die von einer sehr großen, jenseits der Säulen des Herkules gelegenen Insel gekommen wären. Wenn diese Überlieferung zuverlässig ist, hätte die verschwundene Rasse der Atlanten also acht-bis zehntausend Jahre vor Christus gelebt, und hier, wo wir jetzt schwimmen, würde ihre Heimat gelegen haben.
    – Wie konnte aber, warf Alice nach kurzem Stillschweigen ein, ein so umfänglicher Kontinent überhaupt gänzlich verschwinden?«
    Morgan zuckte statt einer Antwort mit den Achseln.
    »Und von dem großen Lande wäre nichts, nicht ein Stein übrig geblieben?
    – O… doch, versicherte Morgan. Zahlreiche Pics, Berge und Vulkane überragen la die Meeresfläche noch heute. Die Azoren, Madeira, die Kanarischen Inseln und die des Grünen Vorgebirges sind gewiß solche Überreste. Das andre ist verschlungen worden. Auf den einst angebauten Ebenen ist das Schiff an Stelle des Pflugs getreten. Alles sonst, mit Ausnahme der stolzen Gipfel, ist in unergründliche Tiefen versanken, alles verschwunden unter den Fluten… Städte und Einzelgebäude ebenso wie die Menschen, von denen keiner verschont geblieben war, andern von der entsetzlichen Katastrophe zu berichten.«
    Das letztere war nicht im Baedeker zu lesen. Morgan hatte seiner Phantasie die Sporen gegeben, er kombinierte frisch darauf los.
     

    Die Tafel war von oben bis unten voll besetzt. (S. 74.)
     
    Übrigens lohnte ihm ein glücklicher Erfolg, seine Zuhörer schienen tief ergriffen zu sein. Lag das Unglück auch zehntausend Jahre zurück, so war es dennoch über alle Maßen furchtbar und ohne seinesgleichen auf der Erde. Alle drei blickten auf die Wasserwüste hinunter und dachten an die Geheimnisse, die der Abgrund verbergen mochte. Da unten waren dereinst Ernten gereist, hatten sich Blumen erschlossen und die Sonnenstrahlen über Gebieten geleuchtet, die jetzt in ewige Finsternis gehüllt waren. Da unten hatten Vögel gezwitschert, hatten Menschen geatmet, Frauen geliebt und junge Mädchen und Mütter geweint. Und über diesem Geheimnisse des Lebens, der Leidenschaft und des Schmerzes lag jetzt, wie über einem ungeheuern Grabe, das undurchdringliche Leichentuch des Weltmeers ausgebreitet.
    »Bitte um Entschuldigung, mein Herr, ließ sich jetzt eine Stimme vernehmen, ich habe von dem, was Sie eben erklärten, nur das Ende gehört. Wenn ich Sie recht verstanden habe, hätte sich an dieser Stelle ein entsetzliches Unglück zugetragen. Da ist es doch etwas auffällig, werter Herr, daß man in den Zeitungen kein Wort davon gelesen hat!«
    Als sich die Plaudernden völlig verblüfft über diese Bemerkung umwandten, sahen sie den liebenswürdigen Mr.

Weitere Kostenlose Bücher