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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Tagesstunde brütete die Sonne darin schon recht heiß von einem Ende bis zum andern, brannte empfindlich auf Nacken und Rücken und rief bald klagende Bemerkungen hervor, die unter dem strengen Blicke Thompsons nur widerwillig verstummten.
    Die Häuser, mit denen die Straße von Horta besetzt ist, bieten zu wenig Interesse, für die körperlichen Beschwerden geistig zu entschädigen. Sehr roh und, um den nicht so seltnen Erderschütterungen besser zu widerstehen, aus großen, dicken Lavablöcken errichtet, würden sie nur den allerbanalsten Eindruck machen ohne die Originalität, die ihnen ein außerordentlicher… Schmutz verleiht. Das Erdgeschoß dieser Häuser enthält durchweg Läden und Niederlagsräume oder Ställe und Schuppen. Die darüber gelegenen, als Wohnung dienenden Stockwerke aber sind – dank der Wärme und der Nähe der Viehställe – durch die widerlichsten Gerüche und die lästigsten Insekten verpestet.
    Jedes Haus hat einen geräumigen Balkon und eine durch dichtes Gitterwerk abgeschlossene Veranda. In dieser geschützt, verweilen die eingebornen Frauen den Tag über lange Zeit, um die Straße zu überblicken, Nachbarn und Vorübergehende zu beobachten und das Tun und Lassen aller, die der Zufall ihnen vor Augen führt, tüchtig durchzuhecheln. Jetzt, in früher Tagesstunde, waren die Balkons jedoch leer, da ihre Insassen der Gewohnheit huldigen, die dem Schlafe geweihten Stunden unglaublich lange auszudehnen.
    Beim Vorüberkommen der Kolonne sahen sich die wenigen Fußgänger erstaunt an, die Krämer und Handwerker traten aus ihren Türen und fragten sich kopfschüttelnd, was dieser Aufzug wohl zu bedeuten habe. War die Insel vielleicht gar überfallen worden, wie zur Zeit des Usurpators Don Miguel? Alles in allem erreichte der Zug einen wirklichen Erfolg, worüber Thompson mit Recht stolz war.
    Sir Hamilton war das aber noch weit mehr. Wie er so hoch und steif aufgerichtet, den Blick immer auf einen Punkt fünfzehn Schritte voraus gefesselt, dahinschritt, schrien sozusagen alle Poren seiner Haut: »Ja, das bin ich!« Diese stolze Haltung hätte ihm beinahe einen recht übeln Streich gespielt: Da er bei der Richtung seiner Blicke nicht auf die eignen Füße sah, stolperte der vornehme Baronet auf dem sehr unebnen Pflaster und fiel, so lang er war, zu Boden. Ein gewöhnlicher Herr hätte sich ja nicht besonders viel aus dem Unfall gemacht. Während Sir Hamilton dabei aber mit heilen Gliedern weggekommen war, hatte unglücklicherweise ein sehr notwendiges Zubehör seiner Toilette schwer Schaden gelitten: Sir Hamiltons Lorgnon war bei dem Sturze zerbrochen. Grausames Geschick! Welches Vergnügen konnte der Mann hierauf noch genießen, da er vom stark Kurzsichtigen zum halb Blinden geworden war?
    Der immer aufmerksame Reiseunternehmer Thompson hatte jedoch alles beobachtet. Er beeilte sich, den Baronet auf einen Uhrenladen hinzuweisen, an dessen Schaufenster man auch einige, übrigens recht minderwertige optische Artikel sah, und unter Morgans Vermittlung wurde mit dem Ladeninhaber bald ein Geschäft abgeschlossen. Für zwei Milreis (ungefähr 12 Francs) übernahm es der Händler, das Instrument bis zum nächsten Morgen zu reparieren.
    Im Weiterziehen wurden dann Kirchen und Klöster besucht, die kein besondres Interesse boten. Von Kirchen zu Klöstern und von Klöstern zu Kirchen gehend, erreichte die Gesellschaft endlich die die Stadt beherrschende Höhe, und schwitzend und keuchend, doch immer in guter Ordnung, machte sie vor dem alten, mit der Vorderseite nach dem Meere gerichteten Jesuitenkloster Halt. Hier lösten sich dann die Glieder der Kolonne auf ein Zeichen Thompsons, und schnell bildete sich ein Kreis um Robert Morgan. Blockhead hatte seinen jungen Sohn Abel wieder in die erste innere Reihe vorgeschoben, und neben dem Knaben stand – eine sperrige, umfängliche Masse – Herr Van Piperboom aus Rotterdam.
    »Sie sehen hier, meine Herrschaften, begann Morgan im Tone des berufsmäßigen Fremdenführers, das alte Kloster der Jesuiten, eines der schönsten Bauwerke, die sie auf den Azoren errichtet haben. Sie können es laut unserm Programm besuchen. Ich glaube Ihnen aber bemerken zu müssen, daß dieses Gebäude sich wesentlich nur durch seine Größe auszeichnet, ein künstlerisches Interesse aber nicht bietet.«
    Die schon von den vorhergegangenen Besuchen ermüdeten Touristen gaben sich hiermit zufrieden. Nur Hamilton bestand, das Programm in der Hand, auf dessen strenger

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