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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Kopfe.
    »Muß ich dem Herrn Saunders wirklich erst erklären, sagte er bitter, daß die Worte, Hotels ersten Ranges’ nur einen relativen Wert haben können? Eine Herberge in einer Londoner Vorstadt wird in Kamtschatka natürlich zu einem vornehmen Hotel…
    – Und im allgemeinen, unterbrach ihn Hamilton, in allen von einem lateinischen, also niedriger stehenden Volke bewohnten Ländern. Ja, wenn wir in einer englischen Kolonie wären!«
    Der Baronet konnte seine Gedanken jedoch nicht weiter ausführen. Das Frühstück war zu Ende, alle standen geräuschvoll vom Tische auf. Thompson verließ den Speisesaal als letzter und hatte die Befriedigung, die Kolonne vor dem Hause schon wieder geordnet zu finden. Alle standen an demselben Platze, den sie am Morgen nach eigner Wahl oder zufällig eingenommen hatten. Dabei hatte sich kein Widerspruch erhoben, so leicht gewöhnen sich die Menschen an den Gedanken einer notwendigen Ordnung.
    Unter großem Zulauf der Bevölkerung bewegte sich die Gesellschaft zum dritten Male durch die dem Baronet so verhängnisvolle Straße. Als er auf den Schauplatz seines Unfalles kam, warf er einen Blick schräg hinüber nach dem Laden, wo er Abhilfe für den erlittnen Schaden gesucht hatte. Wie die andern Kaufleute und Händler stand auch der Optiker vor seiner. Tür. Auch er hatte seinen zufälligen Kunden wiedererkannt. Er folgte diesem sogar mit dem Blicke, worin Hamilton – doch welche Idee! – einen Ausdruck verächtlichen Tadels zu lesen glaubte.
    Vom höchsten Punkte der Straße aus schwenkte die Gesellschaft nach links ab und stieg den Abhang des Hügels weiter empor, wobei sie die letzten, vereinzelten Häuser bald hinter sich ließ. Einige hundert Meter weiterhin begann der Weg die launischen Windungen eines Bergstromes zu begleiten. Die abwechslungsreichen Schönheiten seiner Ufer fanden aber bei den meisten der in strenger Ordnung dahinmarschierenden Touristen nicht die gebührende Beachtung. Ein Landschaftsbild, das im Programm nicht erwähnt war, das zählte nicht, oder richtiger: das gab’s überhaupt nicht.
    Nach Zurücklegung einer halben Meile schien es, als ob die Straße plötzlich durch eine gewaltige Felsenwand abgeschlossen wäre, von der das Wasser des Bergstromes absatzweise herunterrauschte. Ohne von ihrer bewunderungswürdigen Ordnung abzuweichen, wandte sich die Kolonne nun nach rechts und bewegte sich auf dem aufwärtsführenden Wege weiter.
    Obgleich es jetzt die heißeste Stunde des Tages war, herrschte hier doch eine recht erträgliche Temperatur. In dem Hohlwege, den man eben passierte, war ein Überfluß an Bäumen. Zedern, Nußbäume, Pappeln, Kastanien und Buchen verbreiteten einen erquickenden Schatten.
    Der Aufstieg hatte wohl eine Stunde gedauert, als der Horizont sich plötzlich erweiterte.
    Nach einer scharfen Wendung mündete die Straße an ebneren Stellen der Hügelseite, die ein großes Tal beherrschte, worin der Hohlweg mehr verbreitert weiter verlief.
    Thompson gab ein Zeichen, und wiederum bildeten die Touristen einen Kreis um den Cicerone. Die Soldaten hatten sich schon an das Manöver gewöhnt. Morgan empfand zwar lebhaft die Lächerlichkeit dieser ultra-englischen Art zu reisen, er war aber gutmütig genug, sich das nicht merken zu lassen. So begann er denn ohne Vorrede und trocknen Tones:
    »Hier, meine Damen und Herren, befand sich die erste Niederlassung der Flamänder, die diese Insel noch vor den Portugiesen besiedelten. Sie werden noch selbst bemerken können, daß die Bewohner dieses Tales die äußere Erscheinung. die Sitten, die Sprache und die Industrie ihrer Vorfahren ziemlich deutlich bewahrt haben.«
    Robert Morgan schwieg ebenso unvermittelt still, wie er seine Erklärung begonnen hatte. Ob die unglücklichen Touristen irgendwie in der Lage waren, etwas von dem zu beobachten, worauf er hingewiesen hatte, das war seines Amtes nicht. Übrigens schienen alle befriedigt zu sein. Sie »beobachteten« – weil das im Programm stand – von weitem, sehr von weitem, eine Reklamation erfolgte aber nicht.
    Auf ein Zeichen Thompsons bildete sich die Kolonne nochmals, ganz wie ein gutgedrilltes Regiment, und die Augen wandten sich gehorsam ab von der bezaubernden Landschaft.
    Das war wirklich schade. Von Hügeln mit weichen Formen eingerahmt und von klaren Bächen, den Quelladern des weiter unten hinabrauschenden Bergstromes, durchrieselt, zieht sich das Flamändertal in jungfräulicher Schönheit weit dahin. Auf fette Weiden, die von

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