Das Reisebureau Thompson und Comp.
jedenfalls sehr große Dienste leisten wird, so kennen Sie meine Person von A bis Z.«
Roger hatte einen Ausruf der Verwunderung hören lassen.
»Alle Wetter, rief er, ich wußte doch, daß ich Sie kannte. Wenn Sie sich noch einiges Gedächtnis bewahrt haben, müssen Sie sich erinnern, daß wir, freilich als Kinder, einander zuweilen gesehen haben. Ich hatte die Ehre, von Ihrer Frau Mutter empfangen zu werden, und ich glaube sogar, wir beide sind entfernte Vettern.
– Das ist ganz richtig, bestätigte Morgan. Ich erinnerte mich dessen ebenfalls, als ich zuerst Ihren Namen nennen hörte.
– Und da gaben Sie auch mir gegenüber Ihr Inkognito nicht auf! rief Roger.
– Wozu hätte das nützen können? erwiderte Morgan. Es sind nur die von Ihnen erwähnten Umstände, die mich veranlaßt haben, Ihnen Rede zu stehen.«
Einen Augenblick gingen die beiden Landsleute schweigend nebeneinander her.
»Und Ihre Stellung als Dolmetscher? fragte Roger unvermittelt.
– Nun, was soll’s mit der? sagte Morgan.
– Wollen Sie die nicht aufgeben? Ich stehe, das versteht sich von selbst, ganz zu Ihrer Verfügung.
– Und wie sollte ich das je quitt machen? Nein nein, lieber Herr Roger. Ich bin Ihnen für Ihr Anerbieten noch dankbarer, als ich es auszudrücken vermag, annehmen kann ich es aber unmöglich. Wenn ich mich bis zu dieser elenden Stellung herabgewürdigt habe, wenn ich Freunde und Vaterland verlassen habe, so geschah das, um gegen niemand Verpflichtungen auf mich zu nehmen, und dabei muß es wohl bleiben.
– Nun ja, Sie haben damit recht,« sagte Roger mit nachdenklicher Miene.
Noch lange spazierten die beiden Landsleute Arm in Arm auf und ab, und nach und nach wagte sich nun auch Roger auf das Gebiet der Geständnisse.
Es ist nie vergebens, wenn zwei junge Männer einander sich rückhaltlos offenbaren. Als sie sich jetzt trennten, hatten sie die früher zwischen ihnen bestehenden Schranken fallen sehen. Die »Seamew« trug von jetzt an wenigstens zwei Freunde mit sich fort.
Morgan hatte den angenehmsten Eindruck von der unvorhergesehenen Veränderung. Die Seelenverlassenheit, die ihn seit mehr als sechs Monaten durchkältete, hatte jetzt ein Ende. Blieb er auch für alle noch der einfache Dolmetscher, so half ihm darüber doch das Bewußtsein hinweg, wenigstens in den Augen des neugewonnenen Freundes als der dazustehen, der er wirklich war.
Solch erfreulichen Vorstellungen hingegeben, zündete er in seiner Kabine die Kerze an und vertiefte sich in das Studium Madeiras, vor allem der Stadt Funchal. Aus den unschuldigen Scherzreden Rogers hatte er das als notwendig erkannt. Jetzt bemühte er sich, die verlorene Zeit wieder einzubringen, und arbeitete, einen Reiseführer vor sich, bis spät in die Nacht. Dann war er hierüber gut beschlagen und bereit, jede Prüfung zu bestehen, wenn die Stunde zum Besuche der Insel käme.
Um nach dem nur eine halbe Meile entfernten Ufer zu gelangen, sollten die Boote des Dampfers nicht benützt werden. Das bei Funchal immer sehr unruhige Meer machte eine Landung ziemlich schwierig. Dazu bedient man sich wegen der Sicherheit der Passagiere besser der landesüblichen Canots und im Übersetzen geübter Fischer von der Küste.
»Sie wissen ja wohl, Herr Professor, wandte sich Thompson an Morgan, als er mit diesem in ein solches Boot stieg, auf Madeira, wo alle Welt, möchte ich sagen, englisch spricht, werden Sie so etwas wie Ferien haben. Finden Sie sich nur um elf im Hôtel d’Angleterre ein und am Abend um acht wieder auf dem Schiffe, wenn Sie an der gemeinschaftlichen Tafel teilnehmen wollen.«
Nach wenigen Minuten stießen die Boote, das Thompsons an der Spitze, ans Land. Unglücklicherweise war das Ufer gerade hier stark überfüllt. Es war heute Markttag, wie einer der Bootsführer sagte, und deshalb schwer durch die Barken aller Art, auf denen es sehr laut herging, hindurchzukommen. Da grunzten, brüllten und blökten eine Menge Tiere, die ihren Unmut, jedes in seiner Sprache, kundgaben.
Eins nach dem andern wurden die Vierfüßler ausgeschifft, was in sehr einfacher Weise dadurch geschah, daß man sie unter Lachen und Schreien ins Wasser warf. Die Passagiere der »Seamew« mußten mitten zwischen der lärmenden Herde das Land gewinnen, auf dem sich eine große und sehr gemischte Menschenmenge versammelt hatte. Die davon, die sich zur Empfangnahme der für den Markt bestimmten Tiere auf dem kieselreichen Strande aufgestellt hatten, achteten auf nichts andres, der
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