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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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gehen?
    – Das wollte ich Ihnen eben vorschlagen, antwortete Morgan.
    – Nun, das paßt sich ja herrlich; und da wir allein sind, will ich das benutzen, Ihnen eine Bitte vorzutragen.«
    Roger teilte seinem Begleiter nun mit, daß die Lindsayschen Damen für morgen einen Ausflug ins Innere des Landes geplant hätten. Dabei würde ein Dolmetscher gewiß nötig sein, und Roger rechnete auf seinen neuen Freund.
    »Was Sie da wünschen, hat nur gewisse Schwierigkeiten, warf Morgan ein.
    – Schwierigkeiten? Inwiefern denn?
    – Weil ich hier sozusagen der Gesamtheit der Touristen und nicht nur einzelnen von diesen angehöre.
    – O, wir wollen ja keine geschlossene Gesellschaft bilden, antwortete Roger. Möge doch uns begleiten, wer da will. In Funchal bedürfen die übrigen ja keines Dolmetschers, da spricht alle Welt englisch, und man kann obendrein die ganze Stadt samt der berühmten Schädelkapelle binnen zwei Stunden ganz bequem besuchen. Doch, das möge Thompson anheimgestellt bleiben, mit dem ich heute Abend darüber sprechen werde.«
    Am Fuße des Hügels angelangt, trafen die beiden Franzosen wieder mit ihren Damen zusammen, die durch eine große Menge Menschen hier aufgehalten worden waren. Alle schienen einem Hause zuzudrängen, aus dem Gelächter und Freudenrufe herausschallten.
    Nach kurzer Zeit bildete sich ein geordneter Zug, der, als er sich in Bewegung gesetzt hatte, an den Touristen vorbeikam und von einer lustigen Musik und von Festgesängen begleitet wurde.
    Roger stieß einen Ruf des Erstaunens aus.
    »Aber Gott vorzeihe mir meine Sünden, das… das ist ja eine Beerdigung!«
    In der Tat sah man dicht hinter den ersten Gliedern des Zuges auf den Schultern von vier Trägern eine Art Bahre, worauf ein kleiner Körper, der eines Mädchens, im ewigen Schlummer ruhte. Von ihrem Platze aus konnten die Touristen jede Einzelheit erkennen. Sie sahen die von weißen Blumen bekränzte Stirn, die geschlossenen Augen, die über der Brust gefalteten Hände der kleinen Leiche, die hier unter großer Heiterkeit zu Grabe gebracht wurde.
    An eine andre Veranlassung des Aufzuges zu denken, oder zu bezweifeln, daß das Kind tot wäre, das war ganz ausgeschlossen. Die gelbliche Stirn, die spitze Nase und die Steifigkeit der kleinen Füße, die unter den Falten des Kleides hervorlugten, überhaupt die völlige Unbeweglichkeit der Gestalt machten einen Irrtum unmöglich.
    »Was mag dieses Rätsel zu bedeuten haben? murmelte Roger, als sich der Zug langsam entfernte.
    – Von einem Rätsel ist hier keine Rede, versicherte Morgan. In dem frommen katholischen Lande ist man der Ansicht, daß die doch noch ganz makellosen Kinder unmittelbar unter die Engel des Himmels aufgenommen werden. Weshalb sollte man sie da beklagen? Müßte man sich nicht vielmehr über den Tod derer freuen, die man auf Erden am meisten geliebt hatte? Das ist die Erklärung für die heitern Gesänge, die Sie eben gehört haben. Nach der Feierlichkeit begeben sich dann noch die Freunde und Bekannten zur Familie, sie wegen des Todes ihres Kindes zu beglückwünschen, und die Eltern müssen ihren menschlichen und kaum zu verheimlichenden Schmerz gegenüber diesen Besuchern, so gut es geht, unterdrücken.
    – Eine merkwürdige Sitte! sagte Dolly.
    – Ja, murmelte Alice, merkwürdig zwar, doch auch schön und tröstlich.«
    Kaum im Hotel angelangt, wo die Touristen zur Rückkehr nach der »Seamew« zusammentrafen, brachte Roger sein Gesuch bei Thompson an. Der war sehr froh, dadurch einige Tafelgäste auf gute Art und Weise eine Zeitlang los zu werden. Er genehmigte das Gesuch nicht nur auf der Stelle, sondern machte sogar noch eifrigst Propaganda zugunsten dieses nichtoffiziellen Ausfluges.
    Damit hatte er freilich nur sehr wenig Erfolg. Wem sollte es auch einfallen, bei einer schon so kostspieligen Reise noch persönliche Aufwendungen zu wagen. Immerhin fand sich einer, der die Sache, ohne zu feilschen, billigte und der ohne Zögern erklärte, daß er sich den Ausflüglern anschließen würde, indem er Roger wegen seines vortrefflichen Gedankens noch außerdem beglückwünschte.
    »Wahrhaftig, lieber Herr, sagte er mit Stentorstimme, Sie, gerade Sie, wären in unserm Interesse der rechte Mann gewesen, die ganze Reise zu organisieren!«
    Wer hätte dieser rücksichtslose Passagier wohl anders sein können als der unverbesserliche Saunders?
    Durch dessen Beispiel angeregt, meldete sich auch gleich der Baronet als Teilnehmer, und ebenso Blockhead, der

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