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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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davon überzeugt, dass diese Frau wusste, wo sich das Kreuz befand, und dass sie der Nachwelt einen Hinweis auf das Versteck hinterlassen hatte. Lodovico war außer sich vor Zorn, als er hinter meinen Verrat kam. Später behauptete ich, alle Blätter verbrannt zu haben, weil ich wollte, dass
er wieder so wurde wie vorher, dass er ein für alle Mal mit der absurden Suche aufhörte. Daraufhin jagte er mich aus dem Schloss, und mir blieb nichts anderes übrig, als nach Deutschland zurückzukehren.
    Einige Zeit später habe ich Klaus kennengelernt und ihn geheiratet. Während des Krieges mussten wir oft umziehen, und dabei sind einige der Unterlagen verloren gegangen, obwohl ich sie immer gut behütet habe: Sie waren meine letzte Verbindung mit einem Mann, den ich von ganzem Herzen geliebt habe. Meine zweite Ehe war alles andere als glücklich. Ich habe Klaus die ganze Sache erklärt, bin dabei aber nicht so naiv gewesen, ihn darauf hinzuweisen, dass sich die Dokumente in meinem Besitz befanden. Heute weiß ich: Es wäre besser gewesen, wenn ich geschwiegen hätte. Auch in ihm wuchs die Überzeugung von einer übernatürlichen Macht des Kreuzes, und er begann, danach zu suchen, mit der gleichen Besessenheit wie zuvor Lodovico.Vor seinem Tod vertraute er diese Mission unserem Sohn Otto an, und so wurde ein neuer Anfang gemacht. Doch mit Otto erreichte die Angelegenheit ein neues Niveau des Wahnsinns. Ich fürchte, dass er die Blätter nach meinem Tod finden könnte, und deshalb vertraue ich sie dir an, in der Hoffnung, dass du sie dorthin zurückbringst, wohin sie gehören, in Lodovicos geheimes Archiv. Ich weiß, dass ich auf dich zählen kann.
    Mit herzlichen Grüßen
    ELFRIEDE BRANDANTI
    »Sieh dir die Unterschrift an...«, sagte Elena leise und mit Tränen in den Augen. »Offenbar hat sie nie aufgehört,
sich für seine Frau zu halten. Sie muss ihn wirklich sehr geliebt haben.«
    Nicholas umarmte sie stumm.

Wewelsburg, 14. November 2006
    Karl verließ das Zimmer, in dem er etwa eine Stunde mit Sabine verbracht hatte. In seinem Gebaren wies nichts darauf hin, was in diesem Raum geschehen war.
    Um sechs Uhr hatte Gertrud die jungen Leute wecken wollen, sie aber nicht vorgefunden, woraufhin sie zum Baron geeilt war. Der wütende Otto hatte sofort begriffen, dass jemand im Schloss Elena und Nicholas zur Flucht verholfen haben musste, und er hatte Karl angewiesen, das gesamte Personal zu versammeln, ohne Ausnahme, um sie alle zu verhören. Bald war Sabine an die Reihe gekommen, und ihr Verhör hatte länger gedauert als das der anderen.
    »Sie hat alles gestanden«, sagte Karl. »Sabine hat sie durch einen Geheimgang nach draußen gebracht und ihnen einen Wagen zurVerfügung gestellt, mit dem sie nach Paderborn gefahren sind.Von dort aus ging es mit dem Zug weiter. Gegen drei Uhr heute Nachmittag erreichen sie Bozen, wo jemand vom vatikanischen Geheimdienst sie in Empfang nimmt. Übrigens ist sie Schwester Sabine.«
    Bruno und Otto wechselten verblüffte Blicke.
    »Eine Nonne?«, fragte der Baron überrascht.
    »So ist es«, bestätigte Karl. »Haben Sie weitere Anweisungen für mich?«
    »Bring sie um, und lass die Leiche verschwinden«, sagte der Baron. »Kümmere dich sofort darum.«

    Karl nickte und betrat wieder das Zimmer.
    Otto und Bruno zogen sich in den Wappensaal zurück.
    »Glaubst du, dass Oma von Sabines wahrer Identität wusste?«, fragte Bruno.
    »Nein, aber ich bin davon überzeugt, dass sie an dieser Flucht nicht unbeteiligt war«, erwiderte Otto. »Sie war immer gegen unser Projekt.«
    »Wie willst du dich ihr gegenüber verhalten?«
    »Keine Sorge, ich habe nicht vor, irgendwelche Strafmaßnahmen zu ergreifen. Immerhin ist sie meine Mutter und nur eine arme verkalkte Alte. Wenn wir sie weiterhin in ihren Zimmern isoliert halten, kann sie uns nicht bei unseren Plänen behindern.«
    Bruno nickte, ohne seine Erleichterung zu verbergen. Er mochte seine Großmutter und hätte versucht, sie zu schützen. Otto holte eine Karte aus der Schublade, breitete sie auf dem Tisch aus und legte Briefbeschwerer auf die Seiten. »Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, die Flüchtlinge zu schnappen«, sagte er und blickte auf die Karte. »Sie haben einen großen Vorsprung, aber uns steht ein Hubschrauber zur Verfügung. Sie sind nach Bozen unterwegs, müssen in München umsteigen und recht lange auf den Anschluss warten.« Ottos Finger folgte dem Verlauf der Eisenbahnlinie. »Nimm dir ein paar Männer, und flieg

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