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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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eines Mannes
ab, der sich Beatrice mit zielstrebigen Schritten näherte und sie hochhob. Sie widersetzte sich nicht, im Gegenteil: Mit einem tiefen, erleichterten Seufzen gab sie sich seiner Umarmung hin.
    »Flieht nie wieder vor mir«, sagte der Mann mit rauer Stimme.
    »Ich habe wirklich befürchtet, dass Ihr mich betrügt«, schluchzte Beatrice.
    »Wie konntet Ihr das nur glauben? Keine Frau kann mich jemals von Euch trennen.«
    Sie schüttelte den Kopf und brachte kein weiteres Wort hervor. Große Tränen rannen ihr über die Wangen. Inzwischen waren sie beide verdammt, aber das spielte keine Rolle. Nichts war mehr wichtig, abgesehen von ihrer Liebe.
    Arm in Arm verließen sie die Kapelle, und im unerbittlichen Licht des Sommers standen sie plötzlich mehreren Bewaffneten gegenüber.
    Beatrice erkannte ihren Ehemann sofort. Die finstere Miene, von der Narbe durchzogen, zeigte Hass und Verachtung.
    »Nein!«, rief Beatrice verzweifelt und lief ihm mit ausgestreckten Armen entgegen. »Nein, ich flehe Euch an, Urbano, bitte nicht!«
    Er stieß sie wortlos beiseite und holte einen Dolch hervor.
    Die anderen Bewaffneten hielten Jacopo fest, und einer von ihnen riss ihm das Hemd auf. Der nackte Oberkörper kam zum Vorschein.
    Urbano trat langsam auf den Gefangenen zu, bis ihn nur noch eine Handbreit von ihm trennte. Jacopo starrte
ihn entsetzt an, unfähig, auch nur einen einzigen Ton hervorzubringen.
    Urbano stieß mit dem Dolch zu und rammte die Klinge immer wieder in Jacopos Brust.
    Beatrices Schreie und ihr Weinen vermischten sich mit dem Röcheln des Sterbenden.
     
    Elena schrie noch, als sie wieder sie selbst wurde. Sie öffnete die Augen, sah über sich ein besorgtes Gesicht und hörte eine sanfte Stimme, die sie zu beruhigen versuchte. Starke Hände hatten sich um ihre zitternden geschlossen und hielten sie fest.
    »Beruhigen Sie sich, ich bitte Sie«, sagte der junge Mann. »Es ist alles in Ordnung.«
    »Was ist passiert?«, fragte Elena und bebte am ganzen Leib, während sie auf dem Boden lag.
    »Das sollte ich Sie fragen. Ich habe Schreie gehört und geglaubt, dass sich jemand in Gefahr befände. Sie haben sich wie im Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner bewegt, auch als ich Ihnen zu helfen versuchte.«
    »Ich muss eingeschlafen sein. Vielleicht habe ich … geträumt. Es war ein sehr seltsamer Traum, so viel steht fest. Und Sie? Was machen Sie hier? Dies ist Privatbesitz.«
    »Das wusste ich nicht, tut mir leid. Ich habe keine Ahnung, was mich hierherverschlagen hat. Wie fühlen Sie sich?«
    »Besser. Aber ich bin noch immer ein bisschen durcheinander. Helfen Sie mir hoch?«
    Der junge Mann half ihr auf die Beine und griff dann nach der Reitpeitsche. »Kommen Sie allein zurecht?«
    »Ja, danke, es geht mir schon viel besser«, erwiderte Elena. »Wo ist mein Pferd?«
    »Dort drüben.« Der Mann nickte in Richtung des Wallachs Nebbia, der nicht weit von ihnen entfernt graste. »Ihre Schreie haben ihn vermutlich erschreckt.«
    »Und Sie? Wie sind Sie hierhergekommen?«
    »Damit.« Der junge Mann lächelte und deutete auf ein an der Mauer lehnendes Fahrrad. »Es wäre sicher romantischer gewesen, wenn ich im Sattel eines weißen Rosses gesessen hätte, aber leider kann ich nicht reiten.«
    Elena erwiderte das Lächeln und begriff, dass sie unfreundlich gewesen war. »Entschuldigen Sie bitte, ich habe mich noch gar nicht bedankt, Signor...«
    »Ich heiße Stefano Monti.Wir sind uns gestern Abend schon begegnet. Es ist nicht nett, dass Sie mich vergessen haben, aber ich verzeihe Ihnen gern.«
    Elena musterte ihn. »Natürlich!«, sagte sie überrascht. »Sie haben den Reifen gewechselt... Das Schicksal scheint zu wollen, dass Sie mir zu Hilfe eilen.«
    »So scheint es, ja.« Stefano lachte. »Es freut mich, dass ich Sie wiedergesehen habe. Ich hoffe, wir treffen uns noch einmal – aber nicht unter solchen Umständen.«
    »Besuchen Sie mich doch. Ich wohne für einige Tage im Schloss und zeige es Ihnen gern.«
    »Sie wohnen im Schloss Sandriano?«, fragte Stefano erstaunt.
    »Ja. Ich bin die Enkelin des Grafen.«
    »Was für ein Glück!«, entfuhr es Stefano, und er lächelte. »Ich bin wegen einiger Recherchen hier und wollte um Erlaubnis bitten, das Archiv des Schlosses besuchen zu dürfen.«

    »Kommen Sie, wann immer Sie wollen«, sagte Elena. »Sie können sich das Archiv jederzeit ansehen.«
    »Danke. Das Angebot nehme ich gern an.«
     
    Während sich Stefano Monti mit dem Fahrrad entfernte, trat Elena

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