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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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Verbände. Manfredi sah seinen Vater an und suchte in den Augen nach jenem unbezähmbaren Glanz, den er so oft bewundert hatte. Doch das entstellte Gesicht war leer, als wäre es vom Leben bereits verlassen.

    »Ich tue alles, was Ihr von mir verlangt,Vater«, erwiderte er und versuchte, nicht zu weinen.
    Arrigo nahm seine letzte Kraft zusammen und erzählte die Geschichte des Kreuzes von Byzanz. Zuerst beschrieb er das Kreuz in allen Einzelheiten und schilderte dann die Ereignisse ab jenem unglückseligen Tag, an dem die Venezianer das Kreuz geraubt hatten. Er berichtete von seinem vergeblichen Versuch, es von Alvise Angelieri zurückzukaufen, von seiner Unfähigkeit, es einfach zu stehlen, von Enttäuschung und Hilflosigkeit angesichts eines Schicksals, das sich gegen ihn verschworen zu haben schien. Aber er wies auch darauf hin, dass es noch Hoffnung gab, und dass diese Hoffnung in den Händen der Templer lag. Zorn und Reue vibrierten in Arrigos schwacher Stimme. »Du musst einen Eid ablegen«, sagte er. »Du musst feierlich schwören, all deine Möglichkeiten für die Suche nach dem Kreuz zu nutzen. Und wenn es dir nicht gelingen sollte, es zu finden – Gott bewahre! -, so übergib die Aufgabe deinem Erben. Nach dem Willen Konstantins sind wir die Hüter der Reliquie, und es ist unsere Pflicht, sie zu schützen.«
    »Ich schwöre es, Vater«, erklärte Manfredi mit zitternder Stimme. »Ich schwöre bei meiner Ehre, dass ich nach dem Kreuz suchen werde.«
    Arrigo dämmerte vor sich hin und hörte ihn kaum mehr.
    Am nächsten Morgen starb er.

Schloss Sandriano, 4. November 2006
    »Ich bin Elena Brandanti.Wo ist die Leiche?«
    »Dort«, sagte Giuseppe und leuchtete mit der Taschenlampe zum grasbewachsenen Ufer. »Ich habe meine übliche Runde gemacht, als ich sie fand. Zuerst dachte ich, er wäre in Ohnmacht gefallen, und habe versucht, ihm zu helfen. Doch dann wurde mir klar, dass er tot ist, und ich habe seine Taschen durchsucht, um ihn zu identifizieren. Dann habe ich im Schloss angerufen.«
    Der Wald war dunkel, und ein düsterer Himmel spannte sich darüber. Auch die Lichtung, der See und die Ruine der alten Kapelle hatten etwas Bedrohliches und formten ein ganz anderes Bild als das, das Elena vor einigen Tagen gesehen hatte. Selbst der Geländewagen, der einem Stallknecht gehörte und mit dem sie hierhergekommen war, wirkte in der Dunkelheit wie ein zum Sprung geducktes Ungeheuer.
    Elena sah einige Sekunden auf die Leiche hinab und wandte sich dann an den Förster. »Lag der Tote hier, oder haben Sie ihn bewegt?«
    »Ich habe ihn nur umgedreht, weil ich ihm helfen wollte. Aber es war nichts mehr zu machen.«
    »Die Polizei müsste gleich hier sein«, sagte Elena. »Marta hat sie sofort angerufen. Glauben Sie, jemand hat ihn umgebracht?«
    »Ich fürchte ja. Das Loch in der Brust hat er sich bestimmt nicht selbst zugefügt.«
    »Man hat auf ihn geschossen?«
    »Eine Schussverletzung ist leicht zu erkennen«, erwiderte der Förster.

    »Aber wem könnte an Saverios Tod gelegen sein?«
    Giuseppe zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber mindestens einen Feind muss er gehabt haben, denn sonst hätte er nicht so geendet.«
    »Er war ein so ruhiger und sanfter Mann...« Während Elena diese Worte sprach, begriff sie, dass eigentlich niemand den Sekretär richtig gekannt hatte, vielleicht nicht einmal ihr Großvater, obwohl er ihn über viele Jahre hinweg an seiner Seite gehabt und ihn vermutlich auch im Testament berücksichtigt hatte. Sie erinnerte sich an Martas Hinweis, dass Saverio am Morgen von einem Mercedes abgeholt worden war. Hatte er sich mit jemandem treffen oder fliehen wollen? Und gab es einen Zusammenhang mit dem Tod ihres Großvaters?
    Das Eintreffen der Polizei unterbrach Elenas Überlegungen. Beamte in Zivil und in Uniform stiegen aus den beiden Wagen und eilten zur Leiche. Elena und Giuseppe mussten sich vom Tatort entfernen und warteten.
    Schließlich trat ein hochgewachsener, kräftig gebauter und sportlich gekleideter Mann von unbestimmbarem Alter auf sie zu. »Ich bin Kommissar Guido Valente und möchte Ihnen einige Fragen stellen«, sagte er.
     
    Valente genügten zehn Minuten, um die Aussagen von Elena und Giuseppe aufzunehmen. Der Kommissar machte keinen Hehl aus seinem Ärger, als der Förster erwähnte, dass er die Leiche bewegt hatte, wenn auch nur ein wenig. Mit großer Aufmerksamkeit hörte er Elena zu, die sich bemühte, alles zu sagen, was sie wusste. Sie erwähnte Saverios

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