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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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scheues Wesen, das Fehlen von Freunden, seine Reserviertheit... Natürlich versäumte sie nicht, von dem
Mercedes zu erzählen, der den Sekretär des Grafen am Morgen abgeholt hatte, und von seinem Versprechen, bis zur Testamentseröffnung zurück zu sein. Ganz offensichtlich war er nicht in der Lage gewesen, dieses Versprechen zu halten.
    »Das genügt für den Moment«, sagte Valente schließlich. »Aber ich muss mich noch in der Wohnung von Signor Vannelli umsehen.«
    »Ich weiß, dass er im Gästehaus des Schlosses wohnte«, erwiderte Elena.
    »Gut. Ich komme morgen früh... natürlich mit einem Durchsuchungsbefehl.«
    »Natürlich.« Elena nickte. »Ich stehe zu Ihrer Verfügung.«
    »Sie können jetzt gehen, Signorina Brandanti. Das heißt... Ist das Ihr Geländewagen? Ich begleite Sie dorthin.« An den Förster gerichtet, fügte Valente hinzu: »Bitte bleiben Sie hier. Ich habe noch die eine oder andere Frage.«
    Elena und der Kommissar gingen das kurze Stück und schwiegen dabei. Als sie den Wagen erreichten, öffnete Valente ihr die Tür, und sie stieg ein. »Ich bedauere sehr, was geschehen ist – ich kann mir vorstellen, wie Sie sich fühlen. Erst der Tod Ihres Großvaters und jetzt die Ermordung seines Sekretärs. Bitte nehmen Sie in beiden Fällen mein herzliches Beileid entgegen. Fahren Sie vorsichtig. Wir sehen uns morgen.«
    »Danke«, entgegnete Elena und startete den Motor. Kurze Zeit später erreichte sie den Weg.
    Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich fühlen, hatte der Kommissar gesagt. Wie sollte er sich das vorstellen können,
wenn nicht einmal sie selbst imstande war, ihre Gefühle zu analysieren?

Schloss Sandriano, 2. Dezember 1214
    Iolanda war seit Monaten Witwe, aber sie fand sich noch immer nicht mit Arrigos Tod ab. Nach der Beerdigung hatte sie wochenlang geweint, gramgebeugt. Noch immer rührte sie kaum etwas zu essen an und verbrachte den größten Teil des Tages in der Krypta, wo ihr Mann zur letzten Ruhe gebettet worden war. Dort kniete sie an seinem Sarkophag und betete.
    Manfredis Unruhe wuchs, und das nicht nur, weil seine Mutter immer mehr verfiel. Im Schloss zu bleiben, erschien ihm als Vernachlässigung des Schwurs, den er seinem sterbenden Vater geleistet hatte. Nach einem langen Gespräch mit seiner Schwester beschloss er, die Angelegenheit nicht länger aufzuschieben.
    »Ich muss mit Euch reden, Mutter«, sagte er eines Morgens, als sie in den Salon kam.
    Iolanda sah ihn geistesabwesend an. »Ich wollte in die Krypta gehen und beten.Vielleicht nachher...«
    Manfredi wusste:Wenn er seine Mutter jetzt gehen ließ, würde alles viel schwieriger werden. »Es geht meinem Vater nicht schlechter, wenn Ihr heute später zu ihm geht als sonst.«
    Iolanda begann zu schluchzen. »Auch du fängst an, ihn zu vergessen, sein eigener Sohn …«
    »Nein, das stimmt nicht«, widersprach Manfredi. »Aber seitdem er tot ist, meidet Ihr die Lebenden, als erfüllten sie Euch mit Abscheu. Meinem Vater hätte es nicht gefallen,
Euch so zu sehen.« Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Bitte setzt Euch und hört mir zu.«
    Steif und die Augen noch immer voller Tränen, nahm Iolanda Platz. Tief in ihrem Innern war sie ein bisschen überrascht. Manfredi war immer ein ruhiger, in sich gekehrter Junge gewesen. So voller Eifer hatte er nie zuvor mit ihr gesprochen.
    Er kniete vor ihr nieder. »Ich muss das Schloss verlassen, Mutter.Vater hat mir vor seinem Tod einen Auftrag gegeben …«
    Iolanda stand ruckartig auf. »Sag nur nicht, er hat dich aufgefordert, die Suche nach dem Kreuz von Byzanz fortzusetzen! Möge der Herrgott Erbarmen mit uns haben! Wie konnte er mir so etwas antun? In diese verrückte Sache durfte er dich nicht verstricken! Das Kreuz ist schuld daran, dass ich ihn verloren habe, und jetzt verliere ich auch dich.«
    »Er musste seinen Eid achten, Mutter. Und auch ich haben den Schwur abgelegt. Die Suche nach dem Kreuz ist keine verrückte Sache, sondern eine heilige Mission, auf die ich stolz bin und der ich gerecht zu werden versuche. Aber ich weiß nicht, wie lange ich fort sein werde, denn die Aufgabe ist schwer, und vielleicht bleibt mir der Erfolg versagt.«
    »Du willst deine Mutter und deine Schwester im Stich lassen! Wie sollen wir ohne einen Mann zurechtkommen? Wir wären dem ersten Junker ausgeliefert, der Sandriano kaufen will!«
    »Den Schutz des Schlosses habe ich nie vernachlässigt. Ihr könnt auf treue Männer zählen, die bereit sind, das Leben für Euch zu

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