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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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voreiligen Schlüsse«, mahnte Elena. »Er ist nur ein guter Freund.«
    Marta verließ das Arbeitszimmer ohne eine Antwort, aber mit einem leisen Lächeln.
    Elena ging in die Bibliothek, um sich zu vergewissern, dass alles vorbereitet war.Als sie die Stühle vor dem Tisch zurechtrückte, an dem der Notar Platz nehmen sollte, fiel ihr plötzlich etwas ein. In der vergangenen Nacht, als sie Leone begegnet war, hatte er behauptet, sein Zimmer
verlassen zu haben, um sich ein Buch aus der Bibliothek zu holen. Doch sie war sicher, dass ihr Cousin kein Buch in der Hand gehalten hatte – selbst ein kleiner Band wäre ihr aufgefallen. Weshalb war Leone wirklich im dunklen Schloss unterwegs gewesen?

13

Schloss Sandriano, 4. November 2006
    Der Notar traf pünktlich ein, musste sich aber über eine Stunde in Geduld üben – für ihn eine ebenso ärgerliche wie nutzlose Warterei.
    Saverio Vannelli schien sich in nichts aufgelöst zu haben. Elenas Anrufe blieben ohne Antwort. Sie versuchte es mehrmals, ohne Ergebnis. Schließlich fragte der Notar, ob es nicht möglich sei, das Testament auch ohne den Sekretär des Grafen zu eröffnen. Als Elena das ablehnte, nahm er seine Aktentasche und verkündete, er müsse gehen und es sei notwendig, einen neuen Termin zu vereinbaren. Goffredo führte ihn zur Tür, und Elena wandte sich an Leone. »Wenn du abreisen musst, kannst du bei der Testamentseröffnung nicht zugegen sein.«
    »Macht nichts. Derzeit kommt es vor allem darauf an herauszufinden, was aus Saverio geworden ist. Wir müssen die Polizei verständigen. Ich meine nicht, dass wir vom Schlimmsten ausgehen sollten, aber ein so langes Ausbleiben ist zumindest besorgniserregend.«
    »Stimmt«, pflichtete ihm Elena bei. »Ein derartigesVerhalten passt nicht zu ihm.«
    Marta wählte die Nummer und reichte Leone den Hörer weiter. Das Telefonat war sehr kurz. »Wenn wir ihn von der Polizei suchen lassen wollen, müssen wir
eine Vermisstenanzeige aufgeben«, sagte er, nachdem er aufgelegt hatte.
    »Aber wir wissen doch gar nicht, ob er verschwunden ist!«, wandte Marta ein.
    »Ich weiß.Aber ohne eine offizielle Vermisstenanzeige kann die Polizei nichts machen.«
    »Lasst uns noch einige Stunden warten«, schlug Elena vor. »Wenn Saverio bis heute Abend nicht zurück ist, gehe ich morgen zur Polizei.«
    »Es tut mir leid, dich in einer solchen Situation allein zu lassen, aber ich muss wirklich los...«, sagte Leone.
    »Ich komme schon zurecht«, erwiderte Elena.
     
    Elena beobachtete, wie Leone sein Gepäck in den Kofferraum des Leihwagens legte und dann einstieg. Sie winkte ihm zu, kehrte dann ins Schloss zurück und zog die Tür hinter sich zu.
    Marta stand vor der Bibliothek und sah sie an. »Ist er weg?«
    »Ja, aber ich glaube, wir sehen ihn bald wieder. Es gibt hier etwas, das ihn anzieht, auch wenn ich nicht weiß, was es ist.«
    »Bestimmt das Geld. Er ist mit der Absicht gekommen, sich das Erbe zu schnappen, und früher oder später wird ihm das auch gelingen. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Vielleicht«, erwiderte Elena nachdenklich. »Aber im Augenblick möchte ich mich nicht darum kümmern.«
    Das Klingeln des Telefons ließ sie beide zusammenfahren. »Ich gehe ran«, sagte Marta. »Es könnte Saverio sein... Hallo?«

    Marta hörte einige Sekunden zu und sagte dann, dass sich sofort jemand auf den Weg machen würde. Dann legte sie auf und sah Elena erschrocken an.
    »Mit wem hast du gesprochen?«, fragte Elena. »Was ist passiert?«
    »Das war Giuseppe, einer der Förster. Bei der Ruine der alten Kapelle hat er Saverios Leiche gefunden.«

Schloss Sandriano, 11. März 1214
    »Mein Leben geht zu Ende«, sagte Arrigo und richtete sich zwischen den Kissen ein wenig auf. »Mir fehlen Kraft und der Wille, weiterhin gegen das Unvermeidliche anzu kämpfen.Aber bevor ich sterbe, habe ich eine Aufgabe für dich. Es handelt sich um eine Mission, die ich nicht zum Abschluss bringen konnte und die ich jetzt dir übertrage, weil du mein Nachfolger und Erbe bist.«
    Manfredi hatte sich gefragt, warum sein Vater ihn sprechen wollte. Seit mehr als einem Jahr war er nicht die Stufen des Turms emporgestiegen, in den sich sein Vater zurückgezogen hatte. Die Vermutung, dass er im Sterben lag, drückte schwer auf sein Gemüt. Manfredi wusste, dass der Tod für seinen Vater eine Erlösung sein würde, aber er hatte einfach nicht die Kraft, sich damit abzufinden.
    Die Luft im Zimmer war kaum atembar. Blut und Eiter durchdrangen Arrigos

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