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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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geworden, wißt ihr.«
    Julia lauschte nach Untertönen, doch die Französin hatte absolut neutral geklungen, und sie hörte keinen falschen Zungenschlag heraus. Nun erinnerte sie sich wieder daran, daß Claudine zwar oft ein Lächeln im Gesicht hatte, ohne daß die weit auseinanderstehenden haselnußbraunen Augen aber mitlächelten.
    Julia lächelte zerknirscht und fuchtelte mit der Minicam herum.
    »Willkommen bei der Serie ›Mars-TV‹, fünfhundertste Folge. Ist Bestandteil des Arbeitsvertrags.« Sie kam sich vor wie ein Elefant im Porzellanladen.
    »Wir hoffen, von Ihren vielfältigen Forschungsarbeiten zu profitieren«, sagte Chen mit einer höflichen Verbeugung.
    Bald darauf teilten die sieben Leute sich in Gruppen auf. Die Kommandanten Chen und Viktor wanderten durch die engen Gänge, wobei sie sich angeregt unterhielten. Julia folgte ihnen.
    Raoul und Gerda Braun, die Airbus-Ingenieurin, ergingen sich in Fachsimpeleien. Julia hatte sie als eine Frau mit entschlossenem Blick und korpulenter Statur in Erinnerung. Heute indes lag ein strahlendes Lächeln auf ihrem runden Gesicht. Das dunkelblonde Haar hatte sie zu Zöpfen geflochten und auf dem Kopf zu einem Kranz arrangiert. Mit dieser Haartracht wirkte sie wie Heidi von der Alm. Sie schien besorgt wegen der vielen Reparaturen, die Raoul schon hatte durchführen müssen.
    Julia erinnerte sich daran, daß Marc und Claudine den härtesten Ausbildungsabschnitt gemeinsam in Deutschland und China absolviert hatten; schnell wurden sie auch hier wieder ein Paar, und sie zeigte ihm Details des Schiffs. Weil Airbus mehr Zeit für die Planung gehabt hatte, war die Ausstattung des Schiffs richtig komfortabel geraten – so gab es zum Beispiel Einbau-Toiletten. Claudine indes schien geradezu fixiert zu sein auf Marc, und die Mimik war für ihre Verhältnisse recht rege.
    Genauso, wie der Mars eine Vergangenheit hat, haben auch wir eine ›Vergangenheit‹.
    Schließlich vermochte Raoul nicht mehr an sich zu halten. »Sag mal, diese Post …«
    Wieder Gelächter. Der Reparatursatz befand sich in einer Schaumstahl-Kiste, die Raoul sofort öffnete, nachdem Chen sie ihm feierlich überreicht hatte. Seine Augen huschten über die Teile. Er nickte und lächelte. »Die Fahrkarte.«
    »Die Rückfahrkarte, hoffe ich«, sagte Viktor.
    Anschließend bestand Chen darauf, mit ihnen eine ›Besichtigungstour‹ durchs Schiff zu unternehmen, falls das die richtige Bezeichnung dafür war, daß sieben Leute in den schmalen Gängen sich drängten und in den engen Unterkünften und kleinen Laderäumen fast mit dem Kopf an die Decke stießen. Zur Ausrüstung des Schiffs zählten der Rover, der schon auf der Marsoberfläche abgestellt war, Werkbänke, Werkzeugschränke und eine Reparaturwerkstatt, die Raoul sofort mit strahlenden Augen inspizierte. Seine Bitte, ob er sich ein paar Werkzeuge ausleihen dürfe, wurde von Gerda bereitwillig erfüllt.
    »Ich würde Ihnen gern zur Hand gehen, falls Sie meine Hilfe brauchen«, sagte sie in akzentfreiem Englisch.
    Raoul musterte sie eingehend. Julia wurde sich bewußt, daß Gerda die erste Frau war, die ihre Kameraden außer ihr seit zwei Jahren zu Gesicht bekommen hatten; obendrein hatte Gerda eine gewisse Ähnlichkeit mit Katherine. Sie war quicklebendig und gestikulierte lebhaft. Die dunkelbraunen Augen standen vielleicht etwas zu dicht beisammen, doch im großen und ganzen war sie eine aparte Erscheinung. »Es wäre mir eine Freude. Ich werde auf Sie zurückgreifen, wenn ich darf.« Sein Gesichtsausdruck geriet plötzlich zur Maske.
    »Ich … ich meine, ich werde auf Sie zurückkommen, wenn ich … wenn ich Hilfe brauche. Meine ich.«
    Sie hatte noch nie erlebt, daß ein Raum voller Leute die Luft anhielt. Alle lächelten, doch niemand sagte etwas.
    »Ach, und dort drüben …« Chen führte sie aus dem Raum, um ihnen ein weiteres Wunder der Airbus-Konstruktion zu präsentieren.
    Julia wagte wieder zu atmen.
    * * *
    Auf dem Rückweg lachten sie natürlich herzhaft über diesen unfreiwilligen Fauxpas. Sie waren alle recht vergnügt, und Raoul ertrug die Frozzeleien mit Gelassenheit.
    Airbus hatte ihnen ein opulentes Abendessen serviert -Geflügelreis, der in einem Pekinger Nobelrestaurant zubereitet und tiefgefroren worden war; dazu gab es chinesisches Bier und zum Nachtisch glibbrigen deutschen Pudding. »Im Grunde nicht besser als unser Mampf«, sagte Marc, »aber mal was anderes .«
    »In der Kleiderordnung haben sie uns aber ausgestochen«,

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