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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Besatzung nie draußen – das war ein ehernes Gesetz. Bewegliche Teile fraßen sich fest, Ventile blockierten, und die Anzugsbatterien machten im Zeitraffer schlapp. Über das Seil waren sie zwar mit der atomaren Energiequelle des Red Rover verbunden, doch würden sie anhalten müssen, um die Batterie aufzuladen. Sie knirschte mit den Zähnen und fragte sich, ob Viktor nicht doch recht gehabt hatte.
    Natürlich hatte er recht. Das ist eine Dummheit.
    Doch wußte sie auch, daß sie, falls sie wieder abzog, ohne auch nur den Versuch unternommen zu haben, die Airbus-Astronauten zu retten, für den Rest ihres Lebens Rechenschaft ablegen müßte – nicht anderen Menschen gegenüber, sondern sich selbst.
    Sie schaute zu Marc hinüber, während sie das Seil abwickelten. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, daß er die gleichen Überlegungen anstellte wie sie. Daß er zum gleichen Schluß gelangt war. Ohne daß sie Worte darüber hätten verlieren müssen.
    Sie zogen die Sauerstoffflaschen über die Gabelstiele. Es war mühsam, die Flaschen hernach wieder in die richtige Position zu bekommen. Nachdem sie den Grund des Trichters erreicht hatten, machten sie die Flaschen über den Helmen fest und seilten sich durch das Loch ab.
    Im Schein der Helmlampen sah sie, wie Marc sich darauf konzentrierte, einen sicheren Halt für die Füße zu finden und den Körperschwerpunkt zu verlagern – das war ihnen im Lauf der Jahre in Fleisch und Blut übergegangen. Nach der zermürbenden Anspannung der letzten paar Tage war es ein gutes Gefühl, sich irgendwie zu betätigen – eine zielgerichtete, konzertierte Aktion für Körper und Geist.
    Sie stiegen vorsichtig weiter ab, wobei sie sich parallel zum Monofaser-Seil der Airbus-Astronauten hielten. »Ich frage mich nur«, sagte Marc, »ob sie das Differential erst konstruiert haben, nachdem sie von unsren Plänen erfahren hatten.«
    Sie schnitt eine Grimasse und schnaufte, als die Winde sie in die pechschwarze Tiefe hinabsenkte. »Wieso nicht. Bei einem Rennen heiligt der Zweck die Mittel.«
    »Sieh mal«, rief er.
    Aus der Tiefe drang ein sanftes elfenbeinfarbenes Glühen zu ihnen herauf. Wegen der Dunkelheit an der Oberfläche erschien der Schlot diesmal in einem anderen Licht. Ein dünner Nebel wallte auf und erzeugte einen Effekt, als ob das Licht durch zarte Schleier gefiltert würde.
    »Paß auf, daß du nicht die Matte berührst«, sagte sie.
    »Den Pilz, meinst du wohl.«
    Sie stiegen schnell ab, und das Glühen wurde intensiver. Die Airbus-Seile verschwanden unter ihnen in der Finsternis.
    Sie kamen an der üppig wuchernden Matte vorbei. Manche Abschnitte phosphoreszierten hellblau und elfenbeinfarben. Andere schienen ohrenartige Fächer zu haben, mit denen sie Feuchtigkeit aufsogen. Sie erkannte diese Teile der Matte wieder, weil sie sich die Videoaufnahmen eingeprägt hatte.
    »Es wirkt ziemlich verändert«, sagte Marc. Über den Helmempfänger hörte sie seinen gleichmäßigen, schweren Atem.
    »Weil das Sonnenlicht fehlt, scheint die Matte heller zu strahlen.«
    »Vielleicht hat etwas sie in Wallung versetzt.«
    »Sie dampft jedenfalls wie ein Nebelwerfer.«
    »Vielleicht fühlt die Matte sich durch Chen und Gerda gestört.«
    Sie stiegen ab, was die Winden hergaben.
    Im Schein der Handscheinwerfer erblickten sie den Vorsprung, von wo aus sie sich nach links gehalten hatten.
    »In dieser Richtung geht es in die große Kaverne«, sagte Marc.
    Die Airbus-Seile indes verliefen nach rechts. »Der Weg, den sie genommen haben, scheint abschüssiger zu sein«, sagte sie. Die um die Ecke verlaufenden Airbus-Seile hingen durch, waren nicht mehr straff gespannt, trugen kein Gewicht mehr. »Ich frage mich, was das zu bedeuten hat.«
    »Der Nebel wird dichter«, sagte Marc.
    »Wind kommt auf.« Sie sah, daß hinter ihnen gesprenkelte Nebelschwaden aufstiegen.
    »Ich hoffe nur, die Fumarole bricht nicht aus.«
    »Oder die Matte stößt Dampf aus.«
    »Weshalb?«
    »Wassertransport aus dem Innern. Das obere Ende ist ständig vom Austrocknen und Erfrieren bedroht.«
    »Du meinst, das System hat einen Kreislauf?«
    »Zumindest findet ein gerichteter Flüssigkeitstransport statt. Ich frage mich, ob die Matte den Fluß irgendwie reguliert.«
    »Wäre sie dazu imstande?«
    »Erdatmosphäre und -klima werden auch von Pflanzen und Tieren reguliert.«
    »Sicher …« Er schaute auf die leuchtende Matte, an der sie nach unten vorbeiglitten. Der Abstand war immerhin so groß, daß die

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