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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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an sie durchgegeben werden sollte.
    Schließlich bot der Mars ihnen keine Gewähr dafür, daß die Probleme schön der Reihe nach auftreten würden.
    Brad erinnerte sie so oft daran, daß es ihnen bald zu den Ohren herauskam. Vielleicht verbarg sich hinter dem Lächeln doch eine Portion Sadismus.
    Vielleicht stellte die NASA solche Anforderungen an ihre Mitarbeiter. Oder Axelrod.
    Wenn ihre Gesichter wieder einmal von einer Fehlfunktion gezeichnet waren, schauten sie sich im Bewußtsein an, daß die Kamera ihren Frust ans ganze verdammte Team übertragen würde, das draußen wartete. Alle sagten sich das gleiche: wenn das der Mars wäre, hätten sie schon verloren.
    Die anschließende Kaffeepause hatten sie bitter nötig.
    Diesen Streß mußten sie noch für ein paar Monate durchstehen, und dann würde vielleicht der magische Punkt kommen. Die NASA bezeichnete es als ›Kristallisation‹ – wenn eine Besatzung wie ein Mann dachte und handelte und die richtigen Dinge zum richtigen Zeitpunkt tat. Damit sie sich bei der Bedienung der komplexen, interaktiven Systeme im engen Cockpit nicht gegenseitig behinderten.
    Kristallisierte der Idealzustand sich zu früh heraus, wurde die Besatzung übermütig und gelangweilt. Geschah es zu spät, fiel der Flug vielleicht aus, weil sie noch kein eingespieltes Team waren.
    Den richtigen Punkt just in dem Moment zu treffen, wo das Startfenster sich öffnete, stellte Anforderungen an Brad Fowler, die man eher bei einem Künstler als bei einem Ingenieur voraussetzte.
    Oder bei einem Psychotherapeuten.
    * * *
    Viktor hatte seine Laufbahn während der allmählichen Wiederbelebung des russischen Weltraumprogramms nach Mir begonnen. Sein Vater hatte dafür gesorgt, daß Mir nicht vom Himmel fiel; er hatte in der Bodenstation gearbeitet, die in einem Monumentalbau neben einer mit Schlaglöchern übersäten Hauptstraße untergebracht war.
    Obwohl sein Vater die Position eines Flugleiters gehabt hatte, mußte er nach Feierabend noch als Taxifahrer arbeiten, um die Familie durchzubringen.
    Nach Mir hatten die Kosmonauten nun Anwälte, Verträge und Agenten – eine Parodie des Neoliberalismus. Sie erhielten Bonuszahlungen für EVAs und die Durchführung orbitaler Experimente.
    Viktor war es schon gewohnt, aus dem Orbit Werbespots für Snacks und Mode zu senden. Die Russen hatten seit jeher über Pannen und Fehlschläge den Deckmantel der Verschwiegenheit gebreitet, was mit der hemdsärmligen Einstellung des Konsortiums – wenn’s nicht klappt, Bescheid geben und nochmal versuchen – erfrischend kontrastierte.
    Wenn er nächtens mit Julia im Bett lag, konnte er sich mit ihr wenigstens über diese Dinge unterhalten, die eine andere Frau wohl todlangweilig gefunden hätte. Doch das war die Welt, in der Julia lebte – und auch seine Welt, nur daß er andere, seltsame, melancholisch stimmende Erfahrungen gemacht hatte. Was sie davon hielt, spielte keine Rolle. Es kam nur darauf an, daß er ihr in holprigem Englisch den Schmerz vermittelte, den er an schlimmeren Orten und in härteren Zeiten verspürt hatte.
    Das machte es ihm leichter. Und ihr.
    Doch diente die ganze wunderbare Kommunikation allein dem Zweck, die Anspannung und Belastungen des Arbeitstages zu kompensieren, vor dem der Schlaf inzwischen die einzige Zuflucht war.
    Und manchmal verfolgte der Streß sie sogar bis in den Schlaf.
    Doch zusammen überstanden sie diese schweren Zeiten und wachten morgens motiviert auf, manchmal sogar ausgeruht. Es gelang ihnen, in die Kameras der Reporter zu lächeln, die sich zuweilen am Sicherheitsdienst vorbeischlichen und ihnen an den Fersen klebten, während sie die Morgenzeitung aus dem Briefkasten holten.
    * * *
    Die Tragödie sowohl von Mir als auch der Internationalen Raumstation war, daß sie beide nicht mit den wahren Problemen konfrontiert wurden, die sich aus dem Leben im Weltraum ergaben.
    Statt dessen campierten sie im Weltraum. Sie verwendeten Einwegartikel, nahmen Nahrung und Luft auf und kippten den Abfall einfach ins All. Auf diese Weise wurde die Schleife nie geschlossen.
    Erst als es gar zu offensichtlich wurde, daß man in der Internationalen Raumstation nur Däumchen drehte, richtete die NASA das Augenmerk auf das nächste Ziel: Systeme für Fernerkundung, also für den Mars. Aufbereitung von Wasser und Luft, Trennung von festen Abfällen, Luft-Chemie – in diesen Bereichen hatten die Orbital-Stationen fast nichts geleistet.
    Zentrifugale Gravitation war ein geringeres

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