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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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schlimm ist es?«, fragte Julia.
    »Nicht allzu schlimm, glaube ich«, sagte Raoul. Doch die Art und Weise, wie er das Gesicht verzog, sagte ihnen die ganze Wahrheit.
    »Aber es gibt hier keine voll ausgerüstete Werkstatt.« Der Spruch wurde allmählich langweilig. »Ich werde improvisieren müssen.«
    Der Schreck verschlug den Männern die Sprache. Für sie war der Fall klar. Wozu um den heißen Brei herumreden. Es hieß ›reparieren oder sterben‹.
    Julia saß am Funkgerät und schlürfte genüßlich die letzte Tasse Tee. Schon bald würden sie und Marc die Raumanzüge anlegen und das Habitat verlassen müssen, um den Starttest durchzuführen.
    Raoul und Viktor hatten das Habitat schon verlassen. Sie hatte es am Ruck gemerkt, der durchs Modul ging, als das Außenschott der Luftschleuse sich hinter ihnen schloß.
    In der Regel arbeiteten sie zu zweit. Sicherheitssysteme waren unbedingt notwendig. Redundanz war der Schlüssel zum Überleben.
    Denn auf dem Mars waren die Gefahren auch redundant. Wenn die Kälte einem nicht den Garaus machte, dann eben die Atmosphäre. Und wenn keiner von beiden es schaffte, dann gab es immer noch die Trockenheit. Ganz zu schweigen vom verdammt toxischen Staub.
    Das Partner-Paradigma hatte auf der Erde eine lange Tradition, sagte sie sich. Es galt vom Gerätetauchen bis hin zur NASA. Auf dem Flachbildschirm sah sie zwei farbige Raumanzüge, einen gelben und einen purpurnen, über die Landschaft wandern. Einer hinkte leicht, und der andere marschierte bedächtig auf das ERV zu.
    Sie hatten zwar in der Arktisstation auf Devon Island trainiert, doch damals hatten sie sich nur vor der Kälte schützen müssen. Und Shackleton, Amundsen, Peary und die anderen verrückten Polarforscher hatten sich gar nur mit einem ums Gesicht gewickelten Wollschal geschützt. Zumal ihre Technik kaum imstande gewesen war, sie vor dieser einen Gefahr zu bewahren. Etliche tiefgefrorene Leichen lagen an beiden Enden der Erde. Die neuen Textilien indes waren warm, leicht und atmungsaktiv, so daß man nur noch Nase und Atemwege schützen mußte.
    Erst die Besteiger des Everest wurden der kombinierten Bedrohung durch Kälte und dünne Luft ausgesetzt. Sie bezeichneten den Abschnitt unterhalb des Gipfels als Todeszone, wo man selbst bei optimaler Vorbereitung ein extremes Risiko einging, wegen Sauerstoffmangels ständig Gehirnzellen einbüßte und mit jedem Tag schwächer wurde.
    Und hier? Dieser ganze Planet ist eine Todeszone.
    Wo sie hier im Habitat saß, eine Tasse Tee in der Hand und in warme Klamotten gehüllt, wähnte sie sich in Sicherheit. Doch vergaßen sie für keine Sekunde, daß draußen der unerbittliche und feindselige Mars lauerte. Kein schlechter Ort, nur war er eben nicht für Menschen gemacht.
    Manchmal träumte sie, daß irgend etwas, ein unsichtbarer Schrecken, direkt vor der Tür lauerte. Sie mußte Vorsicht walten lassen, sonst wäre sie verloren. Der Verstand sagte ihr natürlich, daß es nur die ständige Anspannung war, durch die diese Träume ausgelöst wurden – doch ein Hauch von Unbehagen blieb.
    Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, daß das Leben auf dem Mars mehr Ähnlichkeit mit dem Leben im Meer hatte als mit dem Dasein auf dem ebenso trockenen wie kalten Devon Island. Die NASA und die Mars Society hatten diese Anlage gemeinsam um die Jahrtausendwende errichtet, um dort Besatzungen für einen Flug zum Mars auszubilden. Die angehenden Astronauten wurden darauf gedrillt, immer den Anzug anzulegen, bevor sie nach draußen gingen und eine Prüfliste der notwendigen Ausrüstung abzuhaken.
    Die NASA-Mitarbeiter, denen nie das Privileg eines Raumflugs zuteil werden würde, fanden das lustig. Ein paar von ihnen hatten sich an die Kälte gewöhnt und flitzten leichtbekleidet zwischen den Gebäuden hin und her.
    Doch für Julia war es immer wieder ein Schock, wenn nach dem Verlassen des Gebäudes die eisige Luft ihr ins Gesicht schlug. Auf dem Mars, der doch so viel kälter war als die Arktis, spürte sie die Kälte merkwürdigerweise nie. Man mußte schon ein Selbstmörder oder ein Wahnsinniger sein, wenn man ohne Druckanzug und Helm nach draußen ging. Nach nicht einmal einer halben Minute würde man das Leben ausgehaucht haben.
    Also kontrollierten sie auf dem kalten, trockenen Mars wie Taucher die Sauerstoffbehälter und Anschlüsse, Heizung und Sensoren – die eigenen und die des Partners, der einem nie von der Seite wich.
    Und sie gaben sich gegenseitig Rückendeckung. Immer.

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