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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Schatten des Retour-Schiffs schwere Erfrierungen an den Zehen zugezogen hatte.
    Er hatte gesagt, er hätte die Kälte überhaupt nicht gespürt. Das bedeutete, daß er vor lauter Konzentration die Alarmanlage im Gehirn ausgeschaltet hatte. Sie waren allesamt konzentrierte Typen mit einer an Besessenheit grenzenden Detailgenauigkeit. Sonst wären sie wohl auch nicht hier.
    Sie schloß die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Sie würden gleich zum zweiten und letzten Mal auf dem Mars landen, auch wenn die Flugstrecke in diesem Fall nur ein paar Meter betrug.
    Diese Methode, jedem Moment das Beste abzugewinnen und allzu offensichtliche Gefahrenmomente auszublenden, hatte es ihr auch ermöglicht, den Start von der Erde und die Luftbremsung durchzustehen. Die monatelange Beschäftigung mit Missions-Protokollen und der Besuch psychologischer Seminare hatten ihr eine Reihe spezieller Fertigkeiten vermittelt.
    »Fertig«, ertönte Raouls Stimme im Anzugslautsprecher. »Wir schalten die Pumpen an.«
    Viktor gab die Werte für Druck und Fließgeschwindigkeit durch.
    Sie sah, wie Dunstschleier aus der Raketendüse quollen. Sie hatten Ähnlichkeit mit den Nebelschwaden, die manchmal vom Boden aufstiegen, wenn er von den ersten Sonnenstrahlen beschienen wurde.
    Der Wortwechsel zwischen den Piloten wurde fortgesetzt. Sie waren schon immer kameradschaftlich verbunden gewesen, doch seit ein paar Tagen vermittelten sie förmlich den Eindruck, als wären sie zusammengeschweißt. Marc und Julia fühlten sich wie unsichtbare Non-Entitäten, als bloße ›Feldforschungs‹-Zeugen der Konzentration der Missions-Techniken, wie es in der einschlägigen Terminologie hieß. »Heben wir ab«, sagte Raoul schließlich. Die Worte waren fast geflüstert.
    Die Nebelschwaden verdichteten sich an der Grundfläche des Retour-Schiffs. Es gab hier keinen Startturm, der das Raumfahrzeug fixiert hätte: das konische Schiff schwankte leicht und stieg dann auf.
    »Gefühlvoller Gasfuß!«, rief Marc.
    Julia jubelte.
    Das Schiff erhob sich zwanzig Meter in die Luft, verharrte dort – und sackte ab. Eine dichte Wolke quoll aus der Flanke des Schiffs.
    Fump! machte es in der dünnen Atmosphäre.
    Ein Blech wurde abgesprengt und flog taumelnd davon. Das Schiff stürzte, stabilisierte sich, stürzte noch ein paar Meter – und schlug krachend auf.
    »Alles aus!«, rief Raoul.
    »Druck runter«, erwiderte Viktor. Seine Stimme war so sanft wie immer.
    »Mein Gott, was …?«
    Dann rannte sie los. Nicht daß sie etwas auszurichten vermocht hätte.

Zweiter Teil
Eine Mars-Odyssee

Kapitel 12
14. Januar 2018
    Die Schadensfeststellung erbrachte deutliche – brutal deutliche – Resultate. Die Verkleidung hatte sich etwa einen Meter oberhalb der Reaktionskammer abgelöst. Im Innern erkannten sie ein Gewirr aus geplatzten Ventilen, geborstenen Pumpen und verschlungenen Leitungen.
    »Verdammt, ich hatte die Technik doch so ausgelegt, daß sie das Dreifache der Nennlast hätte aushalten müssen«, sagte Raoul.
    »Es muß irgendwo Überdruck aufgetreten sein«, sagte Viktor.
    »Das entnehme ich der Druckanzeige.«
    »Trotzdem hätte das System halten müssen«, insistierte Raoul mit grimmigem Blick. »Die Dichtungen müssen geplatzt sein.«
    »Der Überdruck wurde wahrscheinlich durch die Doppel-Leitung verursacht, die wir verlegt haben«, sagte Viktor ruhig.
    »Hmmm.« Raoul biß sich auf die Lippe. Julia erkannte sein blasses Gesicht sogar durch das Helmvisier und fragte sich, wie der Absturz sich auf seine Moral auswirkte. Er starrte auf die zerstörte Baugruppe. »Da scheint ein Fleck im Innern zu sein … Staub! Es ist Staub in die Leitung gelangt!« Er wandte sich an Viktor: »Es hat wirklich an den Dichtungen gelegen, und wegen der zwei Leitungen ist es doppelt so schlimm – wir haben nämlich auch doppelt so viele Dichtungen.« Dann nickte er heftig. »Genau, das ist es. Wir sollten bei den Bürohengsten nachfragen, ob bei ihrer Testzündung noch andere Pannen aufgetreten sind, aber ich wette, daß nur die Dichtungen versagt haben.«
    »Die Idee mit der Zwillingsleitung ist auf ihrem Mist gewachsen.«
    »Richtig. Deshalb gehen wir zur Originalkonstruktion zurück.«
    Irgendwie versetzte das ihnen einen Motivationsschub. Zum Glück, sagte sie sich. Entweder setzten sie das System instand, oder der Start würde zu einem unkalkulierbaren Risiko werden. Die Airbus-Besatzung würde ihnen zu Hilfe kommen müssen – doch war das mit einem großen Fragezeichen

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