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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verstehen.«
    »Ich will nicht weg, Tama. Das ist nicht wahr. Und schon gar nicht von dir.«
    Sie schüttelte den Kopf. Und dann blickte sie an ihm vorbei, über seine Schulter hinweg, hinüber zu Lanei'tas Garten. Ein Huhn war auf den Bambuszaun geflogen und flatterte verzweifelt mit den Flügeln, um das Gleichgewicht zu halten. Und genauso kam er sich selbst vor: Wie dieses Huhn.
    »Es sind die Perlen, Ovaku … Das ist es, nicht?«
    Er griff nach ihrer Hand. Sie entzog sie ihm nicht, aber die Hand blieb schlaff, ohne jedes Leben. »Es sind die Perlen«, wiederholte sie mit einer ganz leisen, fremden Stimme.
    »Wieso denn? – Schön, ich könnte sie tauschen. Und ich würde dafür viele Dinge bekommen, die wir hier brauchen. Ein Kanu, ein ganz großes Kanu, ein Kanu mit …« Doch wie sollte er ihr das Boot beschreiben, das er vor sich sah? »Und Werkzeuge. Nicht nur Beile, sondern Dinge, die ihre Arbeit selbst verrichten. Und Bücher, Musik, von der ich dir immer erzähle. Du wirst viel glücklicher mit diesen Dingen sein. Wir werden glücklicher sein.«
    »Glücklich? Ich bin glücklich. – Du nicht?«
    »Natürlich, Tama. Natürlich bin ich das … Aber es gibt nun einmal so vieles, das du nicht kennst. Und ich kann stundenlang davon sprechen, und du wirst es doch nicht verstehen. Es sind zu viele Dinge …
    Auf den Inseln gibt es viel Medizin, die retten und heilen kann.«
    »Nomuka'ta kann das auch. Auch er hat Medizin.«
    »Aber nicht diese Medizin. Lutus Schwester hätte nicht sterben müssen, als sie ihr Kind geboren hat. Und überhaupt, nun hör doch zu …«
    Aber sie hatte nicht zugehört. Sie war aufgestanden, hatte sich umgedreht und war ins Haus gegangen.
    ***
    Er schuftete zehn Tage wie ein Besessener, um sein altes Schlauchboot klarzumachen. Daß es see- oder gar hochseetüchtig war, konnte er wahrlich nicht behaupten, doch die Wetterbedingungen wenigstens schienen ideal: Ein leichter Südwest-Passat herrschte, der Pazifik lag so ruhig wie ein einziger gewaltiger blauer Teller. Tamas Brüder halfen ihm, ohne Fragen zu stellen. Wenn ein Mann eine Entscheidung fällt, ist es allein seine Entscheidung. Nur er hat die Konsequenzen zu tragen, nur so kann er sein ›Mana‹ gewinnen.
    Zum Schluß versuchten sie die ganze Außenhaut des Bootes mit einer Baumharzmischung zu verstärken. Ob das gut war – wie konnte er es wissen? Es gab nur eines, an das er sich halten konnte: an sein Glück. Und an das, was er von Seegang und Navigation verstand. Er hatte die Sonne, er hatte die Sterne, seine Uhr, einen Taschenkompaß und den Kurs: Süden! Traf er auf keine der Tongainseln, so durchkreuzte er zumindest ein Seegebiet, das ständig durchfahren oder überflogen wurde …
    Tama war nicht am Strand, als sie das Boot zu Wasser ließen, und Ron begann, aus der Lagune hinauszupaddeln. Der Wind füllte sein kleines Segel, das Riff, die Insel und die Berge wirkten kleiner, wann immer er zurückblickte …
    Er segelte und paddelte viereinhalb Tage und vier Nächte – hundertsechzehn Stunden. Manchmal hing das Segel schlaff wie ein Sack herunter, das Boot und er, sie fuhren nicht, sie trieben.
    Die Zeit blieb merkwürdig unscharf in seinem Bewußtsein, nur, daß er zwei Dinge getan hatte, das blieb ihm haften: Einmal hatte er gesungen, um die Langeweile zu vertreiben, und zwar alle gottverfluchten Lieder, die er jemals aufgeschnappt hatte, und dann hatte er sich mit Tama beschäftigt. Er hatte nicht nur an sie gedacht, er hatte endlose Dialoge mit ihr geführt. Es waren Dialoge von einer Zärtlichkeit, die ihn selbst überraschte …
    Am fünften Morgen, er hatte gefrühstückt – Fladenbrot und Bananen – seine linke Hand lag über dem Gummiwulst und hing im Wasser, die erste Sonne streichelte ihn sanft an diesem fünften Morgen, als er gerade wieder mit seinem Taschenkompaß den Kurs kontrollieren wollte, da glaubte er einen dünnen Streifen am Horizont zu sehen.
    Nach weiteren vier Stunden war aus dem blassen Streifen eine zerklüftete Küste geworden. Davor zog sich das Riff. Rons Augen schmerzten. Er suchte den Durchgang zur Lagune.
    Doch dann machte er etwas anderes aus: Ein Motorboot! Mit Vollgas hielt es auf ihn zu. Ron konnte die schäumende Bugwelle erkennen, und kurze Zeit später sah er genau über sich, über der strahlend weißen Bootswand, das verwitterte Gesicht eines Mannes. Es war ein Weißer. Und über das angegraute, struppige Haar zog sich ein breites, besticktes Stirnband.
    »Was ist denn

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