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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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urpersönliche Perle!
    Sie war nicht groß, sie wies auch nicht das grüne, tiefe Schimmern der ›Fly-Wings‹ auf, aber es war, als wäre ihr Grau von einem Goldhauch unterlegt.
    Er löste sie heraus, warf die Austernschale in die Luft und tanzte wie ein Verrückter über die Steine. »Tama! Tama! Ich hab' eine!«
    »Ovaku?« Sie hielt den Kopf schief. »Was ist nur mit dir los?«
    Ja, was war nur mit ihm los?
    Drei Stunden hatten sie dort auf der großen Steinplatte am Strand verbracht. Sie hatten einen Berg von Austern aufgebrochen, und was sie fanden, paßte in einen winzigen Plastikbeutel.
    Sieben Perlen! Nicht mehr.
    Aber dazu hatten sie das Naturwunder, die Königsperle.
    Nüchtern betrachtet bedeutete es trotzdem, daß aus rund hundert Austern lediglich eine einzige Perle zu holen war.
    Nüchtern betrachtet?
    Hatten sie nicht in wenigen Stunden, ohne den Wert von Tamas Juwel mit einzubeziehen, ein kleines Vermögen an Land geholt?
    Sie hatten eine Goldmine gefunden: Eine Bucht, in der irgendwelche natürlichen Umstände so ideal zusammenwirkten, daß sie für Tama und ihn ein Vermögen bereithielt.
    Phantastisch! – Ron Edwards dachte es. Ron Edwards, der alte Spieler, der sich so lange nicht mehr gemeldet hatte. Nun war er wieder da. Und mit ihm die alte Unruhe, der vertraute Kitzel …
    ***
    Sie tauchten Tag um Tag. Und die Tage reihten sich zu Wochen, ohne daß sie es merkten.
    Abends fiel Ron wie ein Toter ins Bett und träumte Träume, in denen es um Dollars und Perlen ging, morgens kam er kaum hoch, aber die Kraft, Tama anzutreiben, blieb ihm noch immer.
    Nach drei Wochen hatten sie sechsundneunzig Perlen gesammelt. Der grüne Plastikbeutel, in den er sie tat, bekam bereits Gewicht.
    Tama ertrug seine Tauchbesessenheit mit gottergebenem Gleichmut. Die Haie hatte er auch vergessen. Während ihrer ganzen Zeit in der Bucht hatten sie nicht einen einzigen gesehen, nicht einmal mehr einen Barrakuda. Tama hatte recht behalten: Die Schildkröten-Dame schien sie zu lieben.
    Wenn er abends mit Tama ins Dorf zurückkehrte, beschlich ihn ein unangenehmes Gefühl. Die Menschen begrüßten ihn wie zuvor, freundlich, mit erhobenen Händen. Aber die Besuche in der Hütte waren seltener geworden. Und manchmal, vielleicht bildete er sich das auch nur ein, begegnete er sonderbar abschätzenden Blicken. Niemand aber fragte, warum es ihn und Tama jeden Morgen hinaus in die Bucht trieb. Es verstieß gegen die Höflichkeit.
    Er hatte überlegt, ob es besser sei, mit Tápana zu sprechen. Aber Tápana war der Häuptling, und das bedeutete, daß man nicht mit irgendwelchen unklaren Projekten zu ihm kommen konnte, sondern nur wesentliche, wohldurchdachte Probleme zur endgültigen Entscheidung vorlegen durfte. – Und soweit war Ron noch lange nicht.
    An einem Nachmittag war Nomuka'ta am Berg erschienen. Ron hatte ihn nur an dem kleinen farbigen Fleck seines Kopfputzes erkannt. Der Medizinmann kam nicht herab zur Bucht, nein, unbeweglich, auf seinen Stock gestützt, stand er dort oben bei seinen Götterhäuptern, eine kleine, verlorene Gestalt. Manchmal, wenn dem alten Mann das Stehen zuviel wurde, kauerte er sich nieder. Aber er rührte sich nicht von der Stelle. Er blieb für Stunden.
    »Komm, laß uns gehen, Ovaku.«
    »Und wieso?«
    »Er will, daß wir gehen.«
    »Was er will, ist seine Sache, Tama. Und daß wir bleiben, meine. – Laß ihn doch!«
    Und sie hatten weiter getaucht.
    Nomuka'ta erschien noch zweimal oben am Berg. Es war jedes Mal das gleiche: Er starrte zu ihnen hin, selbst wie zu Stein geworden – und dann war er plötzlich verschwunden.
    Eines Morgens, sie hatten gerade die ersten Austern hochgeholt und noch nicht einmal geöffnet, tauchte ein Kanu am Buchteingang auf. Darin, hoch aufgerichtet, stand Fai'fa, Tamas ältester Bruder. Mit einem Wirbel rasender, exakter Paddelschläge trieb er das Boot zur Steinplatte.
    Ron war aufgestanden. Fai'fas Gesicht war nicht zu erkennen, es lag im Schatten, doch seine Haltung sagte alles. Nun warf er das Paddel in das Kanu.
    Tama watete ihm entgegen. Ihre Schultern waren zurückgenommen, der Kopf hoch erhoben, und im Gesicht stand der Ausdruck, den Mädchen nun einmal aufsetzen, wenn sie die Standpauke eines älteren Familienmitgliedes erwarten. Und eine Standpauke war es wohl auch, was da an Wort-Katarakten auf sie niederprasselte.
    Die ganze Zeit über hatte Fai'fa kein einziges Mal zu Ron herübergesehen. Nun, als er das Boot herumschwang, hob er nur einmal kurz die

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