Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)
zeigte in Richtung des Fensters.
Auch in diesem Raum fanden sie niemanden vor, also schlossen sie wieder die Tür, denn der Anblick all dieser säuberlich platzierten Spiegel inmitten eines verlassenen Hauses hatte auf unbestimmte Weise etwas Bedrohliches.
„Wo sind die bloß alle?“, fragte Lea leise, als sie wieder auf dem Flur standen. „Zumindest Elsa und Palazuelo müssen hier irgendwo sein.“
„Irgendetwas haben wir noch nicht gefunden. Irgendeinen Hinweis, einen Geheimgang, ein magisches Artefakt, das uns in die zehnte Dimension katapultiert ...“
„Kann es sein, dass du deinen Computerspiel-Konsum etwas einschränken solltest?“
„Wenn ich hier lebend rauskomme, gerne. Allerdings muss ich zugeben, dass ich in jedem Game diesen Moment am meisten hasse: Alle Räume sind leergefegt, alle Feinde weggebrezelt, und man flitzt bis in alle Ewigkeit öde in den Locations hin und her und sucht den einen Gegenstand, der einen in den nächsten Level springen lässt ...“
„Noch haben wir nicht alle Räume durchsucht.“
Sie schritt die Treppe weiter hinauf in Richtung des obersten Stockwerks.
„Besonders fies“, fuhr er fort, während er ihr folgte, „ist es dann, wenn man nur am Levelende speichern kann. Dann rennt man rum und rennt und rennt, und dann fliegt eine Sicherung raus, oder man muss in die Schule und die Strom sparenden Eltern fahren deinen PC runter, und wenn man sich wieder dran setzt, kann man die letzten drei Stunden nochmal neu spielen. Gemein!“
„Was würdest du dann von einem Spiel halten, bei dem man überhaupt nicht abspeichern kann? Oder von einem, das man obendrein nur ein einziges Mal spielen kann? Und wenn du tot bist, bist du schlicht und einfach tot?“
„Kein Savegame, kein Neustart? Das klingt schwer nach Wirklichkeit.“ Bülent zuckte die Schultern. „Alter Spruch, aber ewig wahr: Das Leben is'n scheiß Game, aber die Grafik ist der Hammer.“
„Still.“ Lea hielt inne.
War da ein Schatten oben auf dem Treppenabsatz gewesen?
Sie blinzelte und sah noch einmal hin.
Nichts.
„Hast du auch etwas gesehen?“, flüsterte sie.
„Bin mir nicht sicher.“
„Jetzt ganz langsam und vorsichtig.“
Schritt um Schritt schlichen sie die letzten Stufen hinauf. Wenn sich dort etwas bewegt hatte, dann musste es um die Ecke verschwunden sein.
Und könnte jetzt dort auf sie warten.
Lea spürte ein Zittern in ihrem Arm. Ruhig bleiben, dachte sie, jetzt bloß ruhig bleiben. Es beginnt. Sie sind da. Eine Stufe. Und noch eine. Dort ist die Ecke, direkt vor mir. Noch ein einziger Schritt.
Dass der Angriff von unten kommen würde, hatte sie nicht erwartet.
Mit einem animalischen Fauchen sprang das Wesen an ihr empor, krallte sich in ihre Haare, stieß sich ab und hechtete über sie hinweg. Hinter sich hörte sie Bülent schreien.
Sie fuhr herum und hob ihre Waffe. Bülent stand dort, drei Treppenstufen tiefer und anscheinend unverletzt.
„Sorry“, flüsterte er kleinlaut, „die hat mich dermaßen erschreckt ...“
Lea reckte den Hals und blickte über ihn hinweg. Am unteren Treppenabsatz saß eine getigerte Katze.
„Scheiße.“ Sie ließ die Pistole wieder sinken.
Bülent jedoch richtete seine Säureflasche direkt auf das Tier.
„Was soll das?“, fragte sie ihn. „Willst du jetzt die Katze wegätzen, weil wir unseren eigentlichen Feind nicht finden können?“
„Und wer sagt dir“, erwiderte er, ohne sich zu rühren, „dass unser eigentlicher Feind nicht vor uns steht?“
Lea erschrak. „Du meinst, sie könnte ein verwandelter Vampir sein? Teufel sei verflucht, das hatte ich nicht bedacht. Aber warum hat sie uns dann nicht getötet?“
„Vielleicht hat ein Vampir in Gestalt einer Katze auch nur die Fähigkeiten einer Katze, was weiß ich. Jedenfalls können wir nicht sicher sein.“
„Wie sollen wir das herausfinden?“
„Wenn wir es nicht herausfinden, spritz ich.“
„Du kannst doch eine Katze nicht so einfach mit Säure bespritzen. Das ist Tierquälerei!“
„Wenn sie aber doch noch zum Blutsauger wird, dann wird sie sich schieflachen, dass wir sie nicht ausgemerzt haben, als wir die Möglichkeit dazu hatten.“
Lea überlegte.
Dann fiel ihr ein, was sie im mittleren Stockwerk entdeckt hatten.
„Haben Vampire eigentlich ein Spiegelbild?“
„Keine Ahnung. Meine Calderner Nonne hat darüber nichts verlauten lassen.“
„Lass sie uns in den Spiegelsaal scheuchen. Und wenn sie keins hat, machen wir sie alle.“
„Und wenn
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