Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)
bewegte sich dort drinnen, kein Zweifel. Jetzt ruckte sogar die ganze Kiste einen Zentimeter nach vorn.
Ricarda ging noch einen Schritt näher. Ob sie die Polizei rufen sollte? Vielleicht war Herr Palazuelo irgendwie versehentlich selbst in seine Kiste geraten und drohte nun zu ersticken?
Plötzlich hob sich der Deckel der Kiste und schlug krachend gegen die Innenseite der Autotür. Tatsächlich stieg Herr Palazuelo aus ihr heraus, öffnete die Türe und entstieg dem Wagen.
„Guten Abend“, hörte sie seine tiefe, raue Stimme sagen.
„G-g-g ...“, stammelte sie nur.
„Sie wundern sich sicher, warum ich mich in dieser Kiste befand?“
„Äh, ja. Eigentlich schon. Das heißt nein. Es ist ja nicht mein ... ich meine, ich sollte nicht ...“
„Scheuen Sie sich nicht, Ihrer Verwunderung Ausdruck zu geben. Sie werden mit Freuden vernehmen, dass es eine ganz einfache Erklärung für diesen Sachverhalt gibt.“
„Äh ... ach ja?“ Ricarda merkte selbst, dass sie keinen allzu intelligenten Eindruck machen musste, aber sie wusste beim besten Willen nicht, was sie zu dieser Szenerie anderes sagen sollte.
Da schritt Palazuelo unvermittelt auf sie zu, packte sie mit beiden Armen und sah ihr grimmig in die Augen.
„Was Sie eben gesehen haben, ist nicht im Mindesten außergewöhnlich, Señora. Es gibt keinerlei Veranlassung, sich darüber Gedanken zu machen oder gar mit anderen Menschen darüber zu reden. Es ist so normal, dass der Vorgang kaum in Ihr Bewusstsein gedrungen ist. Ein ganz alltägliches Bild.“ Dann hielt er mit seiner Rechten ihre Augen zu, beugte sich vor und flüsterte kaum hörbar in ihr Ohr: „ ¡Créame! “
Im nächsten Moment stand er wieder einen Schritt von ihr entfernt. Ricardas Gesicht hatte sich merklich entspannt. Sie dachte an Roman und daran, ob er wohl den Sekt schon in den Kühlschrank gestellt hatte, wie sie ihn heute Morgen gebeten hatte.
„Willkommen zurück, Herr Palazuelo“, rief sie ihm fröhlich zu, während sie schon auf ihr eigenes Auto zu ging, einen Golf V mit Sonnendach und blauer Innenbeleuchtung, „willkommen zurück, und einen angenehmen Aufenthalt.“
„ Muchas gracias “, murmelte Palazuelo mit einem angedeuteten Lächeln, bevor er sich umdrehte und die Tiefgarage in Richtung der Rezeption verließ.
23. Kapitel
„'Hexenverbrennungen: Die unrühmliche Historie Raunheims'“, las Bülent, „und du meinst, das hat was mit unserer Elisa de la Sowiewas zu tun?“
„Lies weiter“, sagte Lea mit erstickter Stimme.
Bülent sah wieder auf den Monitor: „Das ist ein Zeitungsartikel. Rüsselsheimer Allgemeine, das klingt nicht gerade bedeutend. Was schreiben sie denn so? 'Bis zum 13. Jahrhundert stand der Begriff Hexe speziell für Frauen mit Heilpflanzenkenntnissen, roten Haaren, grünen Augen, bleichem Teint, aggressivem, hysterischem und desozialisiertem Wesen, Identifikationsproblemen, auffallender Schönheit, aber auch Hässlichkeit.' Da blieben ja nicht viele übrig, die keine Hexen waren.“
Lea schwieg, und so fuhr er fort: „'Wer Unfrieden und Zwietracht stiftete, wessen Liebe nicht von Herzen kam, wer neidisch und unleidlich war, wurde unüberlegt eines Bündnisses mit dem Teufel bezichtigt.' Mann, da würde ich aber auch ein paar kennen ... 'Angesichts der Tatsache, dass selbst Horte der Kultur und der Bildung wie Paris oder Prag von dem Massenwahn nicht verschont blieben, erscheint es unwahrscheinlich, dass Raunheim nicht davon betroffen gewesen sein sollte. Und tatsächlich: Gemäß eines Vergleiches zwischen Dokumenten im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt und dem ältesten Kirchenbuch von Raunheim (1528 bis 1787) lassen sich alleine für den Zeitraum 1589 bis 1590 neun Fälle nachweisen.'
Kapier ich nicht, Lea. Das ist eine Geschichte über Hexenverbrennungen. Stinklangweilig geschrieben, null Action, alles voller Jahreszahlen. Was sollen wir damit? Da schau ich mir lieber die Hexenmädels in HP7 an! Emma Watson, wow!“
Lea deutete stumm mit dem Zeigefinger auf den folgenden Absatz.
„Okay“, seufzte Bülent, „ich lese hier mehr Fakten, Fakten, Fakten als im ganzen bisherigen Schuljahr. Aber wie du meinst. 'Philipp dem Großmütigen (1504 bis 1567), Landgraf von Hessen, war es zu verdanken, dass sein Land zunächst vor der Hexenverfolgung bewahrt blieb. Obwohl er 1535 bestimmt hatte, dass auf schädliche Zauberei der Feuertod stehe, zeigte sich der Landesherr gnädig. Bluturteile, die ihm vorgelegt werden mussten,
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