Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)
Alarmanlage haben will, dann ist es mir auch lieber, nicht gleich als Lynchmob mit Fackeln und Forken vor ihr zu stehen.“
„Die Polizei wird uns genauso wenig glauben, wie Lucy mir glaubte, als ich ihr versucht habe zu erzählen, was mit meinem Vater los ist.“
„Du musst ja nicht gleich mit Vampiren anfangen. Wir sagen ihnen einfach die Facts. Und dass dein Vater sich so sehr verändert hat und wir vermuten, dass er Drogen von ihnen kriegt. Sollst mal sehen, wie schnell die da vor der Tür stehen.“
„Dann aber sofort los! Jetzt kommt es auf jede Minute an!“
24. Kapitel
Elsa Zimmer stand am Panoramafenster des Salons in ihrem Haus in Prag. Das Licht des aufgehenden Mondes fiel auf ihr einfaches Leinengewand. Sie dachte an Julio, ihren treuen, wenn auch nicht ganz freiwilligen Diener, der nun Eschersbach erreicht haben musste und sich jeden Moment mit Leonardt treffen würde.
Wenn Leonardts Seele bereit war, würde er noch vor Mitternacht ein Kind der Dunkelheit sein. Er würde schnell werden, schnell im Denken und im Handeln, und stark und unverletzlich – außer durch Sonnenlicht und einige andere Dinge, von denen sich ihre Art besser fernhielt.
In jedem Fall würde er fähig werden, ihr ein Sicherheitssystem zu bauen, das die Welt noch nicht gesehen hatte. Alarmanlagen waren der einzige Lichtblick in diesen modernen Zeiten, die sie nicht mehr verstand und die sich von Tag zu Tag vollständig umzuwälzen schienen. Kein Sterblicher würde mehr ohne ihre ausdrückliche Zustimmung ihr Haus betreten. Und diese Zustimmung würde sie nur jenen gewähren, die ausersehen waren, ein Vampir zu werden – oder die Mahlzeit eines Vampirs.
Einmal, ein einziges Mal hatten es die Sterblichen geschafft, in ihr Haus einzudringen. Damals war sie selbst noch eine von ihnen gewesen, und dieser Tag sollte das Leben, das sie bis dahin gelebt hatte, mit sofortiger Wirkung zerstören. Sie kamen mit ihren Häschern und nahmen sie mit. Ihr Mann und ihre Kinder – ihre geliebte Familie, der Sinn ihres bisherigen unbescholtenen Lebens – standen nur weinend daneben, denn jeder, der sie in Schutz genommen hätte, wäre sofort mit ihr verhaftet worden, das wusste sie, und ihre Familie wusste es auch.
Der Prozess war eine Farce gewesen. Sie, die sich nie etwas hatte zuschulden kommen lassen, die jeden Sonntag in die Kirche ging und immer freundlich zu ihren Nachbarn war, die ihrem Mann fleißig den Haushalt versorgte, während er aufs Feld ging, und ihm ein gutes Essen bereitete, wenn er nach Hause kam – sie sollte eine Hexe sein, eine Buhle des Teufels, die nachts auf dem Besen durch den Himmel ritt und für jeden Tod und jede Krankheit in Raunheim und Kelsterbach verantwortlich war.
Die drei zwielichtigen Weiber, die mit ihr verhaftet worden waren, hatte man wieder freigelassen. Sie waren jung und schön und unverheiratet, und der Schultheiß hatte ihnen danach im Rahmen seiner Amtspflichten noch so manchen abendlichen Besuch abgestattet.
Sie dagegen sollte brennen. Dabei war sie eine harmlose, fromme junge Frau gewesen. Bis zum Tag ihrer Verurteilung.
Die Zelle, in die man sie nach dem Schuldspruch geworfen hatte, wies weder Fenster noch Lampe auf. Ein stockdunkles, feuchtes Loch; nachdem sie Stunde um Stunde wie erblindet dort gesessen und gefroren hatte, musste sie blinzeln und konnte zunächst kaum etwas erkennen, als sich die Tür öffnete und das Licht einer Fackel hereinschien.
Schließlich kristallisierte sich ein Umriss aus dem Licht heraus, ein Schatten, der die Form eines Menschen annahm. Der Besucher schloss die Tür und hängte die Fackel in ein Gestell an der Wand, das zu diesem Zweck dort befestigt worden war. Jetzt sah sie, dass er eine Mönchskutte trug und ein Seil um seine Hüfte gebunden hatte. Sein Gesicht wurde von der Kapuze des Gewandes verdeckt.
„Sei gegrüßt, meine Tochter“, sagte der Geistliche, „ich bin gekommen, dir das letzte Sakrament zu geben.“
„Ich grüße Euch“, flüsterte sie tonlos.
„Möchtest du das Sakrament von mir empfangen?“
„Ihr sprecht von der letzten Ölung? Was soll mir die noch nutzen, wo sich doch alle einig sind, dass ich Gott entsagt habe?“
„Und ist das richtig? Hast du Gott entsagt?“
„Macht das jetzt noch einen Unterschied? Ich werde morgen früh sterben. Alles, woran ich denken kann, sind die Schmerzen. Man wird mich verbrennen. Ich habe Angst davor. Alles würde ich tun, um wenigstens den Flammen zu entgehen, wenn schon
Weitere Kostenlose Bücher