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Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Titel: Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Balzter
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geschafft.
    Sie konnte förmlich spüren, wie Jörg sich hinter ihr verkrampfte, weil all das im Grunde eine Nummer zu groß für ihn war. Er würde nicht zustechen. Er war kein Killer.
    Dann hörte sie den Satz, der alles veränderte. Der Zahnlückige sprach ihn aus, wohl zu seinem Nebenmann, aber der Inhalt galt Jörg Uglik. Und im selben Moment wusste Lea, dass diesem nun keine andere Wahl mehr blieb.
    „Ich hab ja gesacht, er wird zu weich“, lautete der Satz.
    Eine Sekunde später hörte sie, wie Jörg zum Spurt ansetzte. Sie rannte los, aber er sprang ihr nach, ein stechender Schmerz schoss durch ihre rechte Wade, sie fiel und schrammte sich die Hände am Straßenpflaster auf.
    „HILFE!“, schrie sie, und im nächsten Moment saß Jörg auf ihrem Rücken, zerrte ihren Kopf an den Haaren nach hinten und hielt die Klinge gegen ihren Hals.
    „Das hört hier eh keiner, und wenn, dann sind sie zu besoffen, um zu reagieren. Trotzdem würdest du mich sehr glücklich machen, wenn du jetzt das Maul hältst.“
    „Jörg – hör mir doch mal zu---“
    „Gar nichts hör ich. Wenn du noch ein Wort sagst, schneid ich dir die Eingeweide raus. Sind wir uns einig?“
    Aus dem Augenwinkel sah sie die breit grinsenden Gesichter der vier Gorillas. Jörg Uglik würde sich vor seinen Untergebenen unter keinen Umständen eine Blöße geben. Sie wusste nun, dass er sich in seiner kleinen Hackordnung in jeder Sekunde als absolute Autorität beweisen musste. Ansonsten würde er sich schnell in einer Situation wiederfinden, die derjenigen, in der sich Lea nun befand, sehr ähnelte.
    Sie schluckte also ihre Worte wieder herunter und nickte nur stumm. Der Schmerz in ihrem Bein trieb ihr Tränen in die Augen, und sie hoffte nur, dass die fünf das nicht sahen.
     
    Als Jörg sie am Arm packte und in den Wagen stieß, sah sie hinter sich eine große rote Pfütze auf dem weißen Neuschnee. Ob sie verbluten würde? Er schien sie nicht direkt umbringen zu wollen, aber sie wusste auch nicht, ob es ihm viel ausmachen würde. Oder ob er überhaupt das Wissen hatte, einen Messerstich so zu platzieren, dass sein Opfer nicht daran starb.
    Sie saß eingekeilt zwischen Jörg und zweien seiner großen – und, wie sie jetzt merkte, einen abstoßenden Geruch nach Zwiebeln und Alkohol verbreitenden – Kumpane. Jörg hatte das Messer wieder eingesteckt, und obwohl Angst ihre Zunge zu lähmen schien, wagte sie einen neuen Versuch zu sprechen.
    „Jörg, das ist Irrsinn. Ich weiß, dass du nicht so bist.“
    „Komisch, mir war, als hätte ich dich sprechen gehört. Aber das kann natürlich nicht sein, du hast ja versprochen, das Maul zu halten.“
    „Als wir miteinander geredet haben – als du mir das Geld geliehen hast – da haben wir uns doch gut verstanden, nicht wahr? Ich habe dir viel von mir erzählt. Und du hast mich verstanden. Das hast du doch? Ich habe es in deinen Augen gesehen.“
    Er schwieg, blickte konzentriert auf seine Fingernägel.
    „Ich habe damals gedacht, he, er ist gar nicht so, wie alle denken. Alle sehen nur den großen, starken, unnahbaren Jörg. Ich hatte den Eindruck, hinter eine Kulisse schauen zu dürfen.“
    Noch immer kam keine Reaktion.
    „Und dann dachte ich, warum auch immer er den harten Mann mimt, es muss Gründe haben. Aber dahinter ist er auch ein Mensch. Er hat ... auch Gefühle ...“
    Der Schmerz in ihrem Bein machte es fast unmöglich nachzudenken. Aber sie musste. Sie musste es jetzt.
    „Ich weiß, wie es ist, wenn einen die anderen schräg ansehen. Über mich mögen sie lachen, aber vor dir haben sie Angst. Das mag dir eine Weile gutgetan haben, aber sehnst du dich nicht auch danach, dass es jemanden geben könnte, der dich einfach nur versteht? Vor dem du dich nicht verstellen musst?“
    „Schluss jetzt“, keifte er.
    „Du willst es nicht hören, weil es stimmt , nicht wahr? Ich glaube, dass---“
    „Ich sagte, SCHLUSS! Aufhören! Finito! Oder du wirst nie wieder etwas sagen, nie wieder! Ich säble dir die Zunge raus, wenn du nicht aufhörst!“
    Der Schmerz nahm überhand, und sie sah nur noch tanzende Sterne, wirbelnde Farben und Formen (der Mann in Schwarz, der Mann ohne Gesicht, würde er sie erschießen?), und als sie wieder in der Realität ankam, war ihr klar geworden, warum sie hier in diesem Auto saß, warum sie diese blutende Wunde am Bein hatte, warum sie vielleicht nur noch eine Stunde zu leben hatte.
    Nicht obwohl , sondern weil sie damals hinter seine Fassade gesehen

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