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Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Titel: Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Balzter
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wenn mir offensichtlich auf die Stirn tätowiert wurde, hier ist jemand, der scheint gerade 'ne verwundbare Phase zu haben, kommt her, schlagt drauf, macht euch 'ne fette Party draus. Lea-Bashing, der neue Freizeitspaß--- der Teufel sei verflucht! “, stieß sie hervor, als ihr bewusst wurde, dass sie ihren Namen genannt hatte.
    Die Leiterin legte ihr einen Arm auf die Schulter. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe kein Interesse daran, dich zu verraten. Und es war ja auch nur der Vorname.“
    „Sehen Sie, ich bin sogar zu blöd für ein simples Inkognito.“
    „Mit einer solchen Einstellung ist es kein Wunder, dass dich die Welt als den Sandsack benutzt, für den du dich selber ausgibst. Komm heraus aus deinem Loch! Die Einzige, die diese Tätowierung von deiner Stirn entfernen kann, bist du selbst! Stell dich auf die Hinterbeine! Das Leben hat vielleicht eine Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg!“
    „Sie haben gut reden. Sie lächeln immer nur und sagen, es wird schon wieder. Woher wollen Sie wissen, was Ihren Kids hier wirklich durch den Kopf geht, wenn Sie immer nur ihr normales Leben gelebt haben?“
    „Jeder Mensch kann dir eine traurige Geschichte von sich erzählen, wenn er das möchte, Lea. Ausnahmslos jeder da draußen. Glaube nicht, dass du die Ausnahme bist. Der Unterschied zwischen den Leuten besteht nur darin, ob sie sich davon unterkriegen lassen – oder ob sie dem Leben die Stirn bieten und sagen: Jetzt erst recht!“
    „Wie kann man das? Das ist eine ehrliche Frage an Sie! Wie kommt es, dass dieses verdammte Lächeln nie von Ihrem Gesicht verschwindet, wenn Sie angeblich so traurige Geschichten zu erzählen haben?“
    „Ich bin in den siebzehn Jahren, die ich diesen Posten habe, beinahe ausnahmslos zwar verzweifelten, aber freundlichen und warmherzigen Menschen begegnet, von denen ich vielen wieder auf die Beine helfen konnte ...“
    „Und das gibt Ihnen die Kraft, jeden Tag aufs Neue zu lächeln?“
    „... freundlich und warmherzig, mit einer Ausnahme. Vor zwei Jahren kam ein etwa fünfzehnjähriger Junge hierher. Seinen Namen weiß ich natürlich nicht, wie du dir denken kannst. Seinen Zustand konnte man nicht einmal mehr verzweifelt nennen, er war in Aufruhr. Offenbar hatte er Schwierigkeiten mit einer Bande irgendwo in der nahen Provinz, es kam nicht ganz heraus, ob er von ihnen terrorisiert wurde oder ob er tatsächlich dieser Bande angehörte und ein Komplott seiner Mitstreiter witterte.
    Jedenfalls hatte er richtige Todesangst, ich sage das ohne Übertreibung. Auf der anderen Seite versuchte er in jeder Sekunde den Macho zu spielen, sodass ich mir sehr geringe Chancen ausrechnete, an ihn heranzukommen. Aber man soll nie zu früh die Flinte ins Korn werfen; am Abend des dritten Tages packte er aus, er erzählte von seiner herausragenden Stellung in der Gang, von seinen dummen, aber hörigen Kumpanen, und davon, wie er sie seinem Kommando unterworfen hatte. Er sprach ganz ehrlich von seiner Angst, dass sie ihm eines Tages nicht mehr folgen würden, und gestand, dass ihm diese Aussicht den Schlaf, die Gesundheit, das Leben raubte.
    Ich riet ihm, sich von der Bande zu lösen, mit seinen Eltern darüber zu reden, ob man vielleicht wegziehen könnte, sich Verbündete in Erwachsenen und Mitschülern zu suchen, um den ehemaligen Komplizen nicht allein gegenüberzutreten. Ich war sehr überzeugt von meinen Ratschlägen.“
    Sie rieb sich die leicht hochgezogenen Mundwinkel mit den Zeigefingern. „Er reagierte lange Zeit nicht, schien wie versteinert. Dann zog er ein Messer aus einer seiner zahlreichen Westentaschen und hieb es mir durchs Gesicht, bevor er wegrannte.
    Ironischerweise glaube ich, dass es meinem eigenen Erfolg zu verdanken ist, dass er so reagierte. Er spürte, dass ich ihn erkannt hatte, dass ich ihn als verletzlichen Menschen ernst nahm und an seine guten, weichen Seiten glaubte. Nur merkte ich zu spät, dass er am allermeisten Angst nicht vor seinen sogenannten Freunden oder deren Umsturzplänen hatte, sondern vor sich selbst und diesen verletzlichen Seiten. Er glaubte, dass ihn diese verborgene Weichheit eines Tages seine Autorität und damit in seinen Augen sein Leben kosten würde.
    Der Schnitt ging quer durch meine Wangen. Dort im Mund liegt das am besten durchblutete Gewebe des gesamten Körpers, wusstest du das? Ich sah aus wie Siegfried nach seinem Bad im Drachenblut. Drei Ärzte schnippelten gleichzeitig an mir herum. Wochenlang trug ich dicke

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