Das Roemische Imperium
war aber mindestens moralisch zu weiterer Loyalität und je nach Abmachung auch zu gewissen Diensten seinem einstigen Besitzer gegenüber verpflichtet. Dieses Treueverhältnis band beide Parteien oft weit stärker aneinander als der vorherige Sachbesitz und entsprach mit der Zeit auch dem sich wandelnden Menschenbild: Während Cato der Ältere im 2. Jahrhundert v. Chr. noch den Dingcharakter des Sklaven betonte, verwendete der Philosoph Seneca (4 v. Chr.–65 n. Chr.) die Bezeichnung „Mensch“
(homo)
.
Fremdenfeindlichkeit
Der Zustrom von Sklaven und die in der beginnenden Kaiserzeit recht großzügige Praxis ihrer Freilassung führten zu einem immer bunteren Völkergemisch in der Hauptstadt. Da die Sklaven und über Generationen auch noch die Freigelassenen gesellschaftlich meist wenig galten, verstärkten sie die Vorurteile bei den Römern gegen Minderheiten: So galten Menschen germanischer Herkunft als ungebärdig und zugleich als verlogen; aus dem Orient stammende Personen hielt man für verweichlicht; und die Griechen, die mit ihrer Bildung angaben, wurden als feige
Graeculi
(Griechlein) verachtet und als eine Gruppe gefürchtet, die es auf Unterminierung römischer Gesittung angelegt habe. Wie in vielen Gesellschaften wurden die Juden wegen ihrer Abkapselung beargwöhnt, aber auch gegen Angriffe anderer Gruppen, insbesondere der Griechen, in Schutz genommen. Insgesamt blieben ethnische Konflikte im Schmelztiegel Rom einigermaßen im Rahmen
.
Das Fresko aus der beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. zusammen mit Pompeji untergegangenen Stadt Herculaneum zeigt Sklavinnen einer wohlhabenden Patrizierfamilie die ihrer Herrin und deren Tochter bei der Morgentoilette zur Hand gehen
.
(c) akg, Berlin
Epos, Satire, Historiographie
Die literarische Epoche der silbernen Latinität (1./2. Jh.)
Nach der kulturellen Blüte des augusteischen Zeitalters verfielen im Zuge der Entartung des Kaisertums auch Wissenschaft, Kunst und Literatur. Gerade aus der Kritik aber an Fehlentwicklungen und Missständen schwang sich die Literatur im Verlauf des 1. und 2. nachchristlichen Jahrhunderts erneut zu großen Leistungen auf. Da sie dennoch, auch nach eigenem Verständnis, weiter im Schatten der großen Dichter Vergil, Horaz oder Ovid stand, deren Epoche als goldenes Zeitalter galt, spricht man von silberner Latinität, wenn von den Werken der späteren Generationen die Rede ist. Auch hier ragt eine Trias von bedeutenden Autoren hervor.
Da ist der beherzte aus Spanien stammende Marcus Annaeus Lucanus (39-65), der sich trotz des einschüchternden Vorbilds Vergils an ein Epos wagte, noch dazu an eines, das aktuelle Bezüge hatte: In seiner „
Pharsalia
“ (oder „
De bello civili
“ = Über den Bürgerkrieg) geht es um das Ringen der Heroen Caesar und Pompeius um die Macht, wobei Lukan, so die Kurzform, die unverbrauchte Kraft Caesars betont und seinen Sieg über den Nimbus des alten Schlachtenlenkers Pompeius als letztlich unausweichlich darstellt. Für diese Helden braucht er nicht den sonst in den antiken Epen üblichen Aufmarsch von ins Geschehen eingreifenden Gottheiten, sondern konzentriert sich ganz auf die dramatischen menschlichen Schicksale und die tragische Niederlage des republikanischen Geistes. Der Verzicht auf Anbindung an die Götterwelt wurde ihm seinerzeit angekreidet, sicherte seinem Werk aber gerade überzeitliche Bedeutung.
Spiegel der Gegenwart
Eine genuin römische Gattung ohne direktes griechisches Vorbild war die Satire, wie sie schon Horaz gepflegt hatte. Nun trat einer auf, der sie gesellschaftskritisch scharf zuspitzte: Decimus Iunius Iuvenalis (60- nach 128), besser als Juvenal bekannt. Er spießte treffsicher menschliche Schwächen und die Laster der römischen Gesellschaft auf und geißelte die Korruption der Amtsträger in der kaiserlichen Verwaltung. An seinem Vorbild orientierten sich die Satiriker bis in die Moderne. Den Sittenverfall der Zeit empfand auch der dritte große Schriftsteller der Epoche schmerzlich und hielt seinen Zeitgenossen durch Geschichtswerke den Spiegel vor: Publius Cornelius Tacitus (um 55- nach 116) schilderte in den „Annalen“ (
annales
) den Niedergang des römischen Staates von Augustus bis Nero und in den „Historien“ (
historiae
) die letztlich enttäuschten Hoffnungen auf eine Wende unter den flavischen Kaisern, die in der Verfinsterung unter Domitian endeten. Sein für uns wohl wichtigstes Werk war die „
Germania
“ (siehe Kasten).
„Germania“
Nach
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