Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
Schritt
für Schritt absetzen.«
    »Und dich stattdessen mit Alkohol betäuben?«, entgegnete sie, doch
als er ihr Gesicht sah, blickte sie ihn nicht maßregelnd, sondern schmunzelnd
an.
    Ohne ein weiteres Wort holte sie ein zweites Glas, schenkte es halb
voll und reichte es ihm.
    »Zum Wohl.«
    »Zum Wohl«, antwortete er. »Trinken wir darauf, dass wir Cordays
Klauen entkommen sind.«
    Die Gläser klirrten aneinander und vibrierten melodisch.
    Und dann fingen sie beide an zu lachen.
    »Mannomann. Ich bin der Ehrengast, Lily. Die ganze Party findet nur
für mich statt!« Kopfschüttelnd trank er einen Schluck Wein. Er empfand es als
Wohltat, wie die dunkelrote Flüssigkeit wie Seide seine Zunge umspülte und warm
in den Magen hinunterfloss. »Ich fasse es nicht, dass wir wirklich getürmt
sind!«
    »Ich auch nicht … Aber ich bin froh …« Verhalten sah sie ihn an.
»Und du? Wärst du doch lieber geblieben?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Gott, nein.«
    »Aber du wirst dich ja schon bald wieder in seine Klauen begeben …«
Sie benutzte ganz bewusst seine Worte, damit er sie nicht gegen sie auslegen
konnte.
    »Ach ja?«
    »Du hast doch mit Peter darüber gesprochen, bald wieder zu arbeiten,
oder?«
    »Ja, natürlich. Erst mal nur halbe Tage oder so, aber er braucht
mich. Und ich möchte auch gerne wieder etwas Sinnvolles tun und dir nicht den
lieben langen Tag auf den Wecker gehen …«
    »Vielleicht bin ich ja gar nicht hier …«, deutete sie
bedeutungsschwanger an.
    »Ach? Willst du mich jetzt etwa doch endlich verlassen? Jetzt, wo
man dir nicht mehr vorwerfen kann, einen Krüppel im Stich zu lassen?« Er
bemühte sich um einen humorvollen Ton, aber seine Miene strafte den Ton Lügen.
    »Ich dachte eigentlich nur, dass ich mir vielleicht auch endlich mal
eine Arbeit suchen sollte«, antwortete sie leise und vorsichtig.
    »Im Ernst?«
    »Wieso überrascht dich das?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Weil du nicht gezwungen bist, zu
arbeiten. Aber wenn du das gerne möchtest, ist es natürlich etwas anderes. Ich
hatte bloß den Eindruck gewonnen, dass du deine Zeit lieber mit anderen Dingen
verbringen wolltest.«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Den Garten auf Vordermann bringen?« Er nickte in Richtung
Rosengarten und hoffte, mit seinem verschmitzten Lächeln die Anspannung zu
lösen, die sich sofort in ihr aufgebaut hatte.
    »Die werden sich schon wieder erholen …«, beschwichtigte sie. Es war
ihr peinlich, was sie mit dem Rosengarten angerichtet hatte.
    »Lily, es gibt nichts, was wichtiger wäre als …«
    »Es gibt nichts, was wichtiger wäre?«, schnitt sie ihm sofort das
Wort ab. »Und was ist mit deiner Arbeit, Liam? Was ist mit dem Kunstzentrum und
Corday? Es ist gar nicht so lange her, da waren diese beiden Punkte die allerersten
auf deiner Liste der wichtigen Dinge, und danach kam eine ganze Weile nichts!«
    Jetzt war es an ihm, das Gespräch nicht zu einem Streit werden zu
lassen.
    »Lily. Hör bitte auf. Corday ist ein wichtiger Kunde, aber ich
arbeite nicht für ihn, sondern für mich. Für mich und für Peter. Und für uns.«
    »Für uns.«
    »Ja, für uns.«
    Sie senkte den Blick, trank einen Schluck Wein und sah ihn dann
herausfordernd an.
    »Ich weiß nicht einmal mehr, was ›uns‹ und ›wir‹ bedeutet.«
    Und auf einmal waren sie wieder mittendrin in jenem Streit vor
seinem Unfall.
    An genau dieser Stelle waren sie unterbrochen worden. Wie unfassbar
viel war seither geschehen.
    An diesem Punkt hatte er an jenem Morgen die Küche verlassen.
    War aus dem Haus und zur Arbeit gegangen.
    Und nicht mehr zurückgekommen.
    Um ein Haar wäre er nie mehr wiedergekommen.
    Das wurde ihnen beiden zeitgleich so schmerzlich bewusst, dass sie
alles andere vergaßen und sich fest in die Arme schlossen.
    »Es tut mir leid … es tut mir so leid, Lily …«, flüsterte er nach
einer Weile. »Aber wir müssen miteinander reden, um gemeinsam da
durchzukommen.«
    Langsam, aber bestimmt löste sie sich von ihm und sah zur Tür.
    »Ich bin müde«, wisperte sie kaum hörbar. »Ich muss ins Bett.«
    »Klar. Natürlich …«
    »Morgen früh reden wir. Versprochen.«
    »Okay«, nickte er, obwohl er genau wusste, dass sie log.
    Sie hatte bereits geduscht und zog sich gerade ihr
Nachthemd an, als sie ihn rufen hörte.
    Sie näherte sich seiner Tür, zögerte aber, hineinzugehen, weil sie
fürchtete, er wollte doch noch mit ihr reden. Doch er brauchte ihre ganz
praktische Hilfe.
    »Lily, könntest du mir bitte kurz zur

Weitere Kostenlose Bücher