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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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weil er Angst hat, dass jemand sie ihm wegnehmen
könnte.«
    »Ach, das ist doch lächerlich! Ich glaube eher, er lässt sie zu
Hause, damit er freie Bahn hat für die vielen Frauen, die sich ihm an den Hals
schmeißen. Die Leute sind doch wirklich unmöglich. Kaum kommt frisches Blut,
lecken sie sich auch schon gierig die Finger danach. Obwohl, wenn ich ehrlich
bin, würde ich ihn auch nicht gerade von der Bettkante stoßen. Ich fand ihn ja
schon immer extrem attraktiv, dabei wusste ich bis heute gar nicht, was für
einen Wahnsinnskörper der Mann hat …«
    »Ich an deiner Stelle würde mich hübsch fernhalten, Livvie.
Elizabeth hat bereits Ansprüche angemeldet, und du weißt ja, wie sie ihr Revier
im Notfall verteidigt …«
    »Elizabeth! Also wirklich, Duncan sollte die Frau an einer weniger
langen Leine führen …«
    »Also, ich habe aus ziemlich zuverlässiger Quelle erfahren, dass sie
kurz vor Weihnachten versucht hat, seine Maronen an ihrem Kamin zu rösten …«
    Lily wich von der Tür zurück, als die Damen laut auflachten.
    Sie wollte nicht ein weiteres Wort hören. Sie überquerte die
Terrasse, lehnte sich am anderen Ende über das Steingeländer und schnappte nach
Luft.
    Langsam beruhigte sich ihre Atmung wieder, und auch ihr Herz
hämmerte nicht mehr wie wild. Das war doch nur Tratsch, ermahnte sie sich
selbst. Bösartiger, giftiger Tratsch. Um den sie sich überhaupt nicht kümmern
sollte. Ach, wenn sie doch nur früher weggegangen wäre!
    Als sie Schritte hinter sich hörte, drehte sie sich so schnell um,
dass sie sich die Hand am Geländer aufschürfte.
    »Lily?«
    Es war Liam.
    »Wo warst du denn so lange?« Ihr Ton war anklagend.
    Er sah, wie sie die Hand zum Mund führte, und bemerkte, dass sie
sich wehgetan hatte.
    »Was ist passiert?«
    »Kleine Schramme.«
    »Zeig mal her.«
    Er ging auf sie zu und ergriff ihre Hand.
    »Es ist nichts«, wiegelte sie ab.
    »Du blutest.«
    »Ach, das ist nur oberflächlich.«
    Wie alles andere hier auch, fügte sie in Gedanken hinzu.
    Er machte sich ganz offensichtlich Sorgen, und im ersten Moment
hätte sie ihm am liebsten erzählt, was sie gerade mit angehört hatte. Doch dann
bemerkte sie, dass Liam in der anderen Hand ein Kristallglas hielt, dessen Inhalt
verdächtig nach einem doppelten Whiskey aussah. Liam entging nicht, wohin sie
sah, ließ ihr Handgelenk los und lächelte sie scheu an.
    Sie ließ den Blick vom Whiskey zu seinem Gesicht wandern, das sich
mit einem Mal verschloss.
    »Du wolltest doch fahren«, sagte sie leise.
    »Kleine Programmänderung.«
    »Ich dachte, wir gehen jetzt nach Hause?«
    Lily sah etwas über sein Gesicht huschen, das sie nicht einordnen
konnte. Und dann fiel ihr auf, dass er seine Sporttasche gar nicht geholt
hatte.
    »Was ist los, Liam?«
    »Es tut mir wirklich leid, Lily, aber Peter und ich müssen doch noch
etwas länger bleiben. Duncan hat uns erwischt … Er will noch mit uns über eine
Idee sprechen, die er für das Atrium des Kunstzentrums hatte …«
    »Aber wir haben doch gerade gesagt, dass wir nach Hause fahren.«
    »Es ist wichtig, Lily, sonst hätte ich mich doch nicht darauf
eingelassen. Und weil ich nicht will, dass du dich zu Tode langweilst, während
wir schon wieder über unser Projekt reden …«, fuhr Liam fort, als gäbe er einen
einstudierten Satz wieder, »… war Duncan so lieb, dir ein Taxi zu rufen. Es
müsste jede Minute hier sein … Das macht dir doch nichts aus, oder …?«
    Ihr Schweigen sagte ihm, dass es ihr sehr wohl etwas ausmachte.
    Sie sahen einander an.
    Lily wartete darauf, dass Liam wieder das Wort ergriff. Was er sagen
sollte, wusste sie auch nicht, und doch wusste sie, dass sie ein Signal von ihm
brauchte, in seiner Stimme, in dem, was er sagte … Etwas, das jene Leere in ihr
zurückdrängte, jene verheilt geglaubte Wunde davor bewahrte, wieder
aufzureißen.
    »Ist okay«, sagte sie schließlich tonlos, und obwohl sie beide
wussten, dass es alles andere als das war, ließen sie es beide dabei bewenden.

 

    6
    D ie Taxifahrt
zurück nach Merrien Cove kam ihr schier endlos vor.
    Zu Hause angekommen, entledigte sie sich im Flur unsanft ihrer
Schuhe und ging barfuß in die Küche. Machte sich eine Tasse Tee. Stand einfach
da und hielt sie in beiden Händen, bis der Tee abgekühlt war. Kippte ihn weg
und ging ins Bett.
    Es dauerte lange, bis sie eingeschlafen war. Nach wenigen Stunden
riss sie das durchs ganze Haus hallende Telefon aus dem unruhigen Schlaf.
    Sie dachte, es sei

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