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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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niemals
anlügen, das weißt du hoffentlich auch. Nun komm schon, ich mag es nicht, wenn
du so traurig bist. Du brauchst dir keinerlei Sorgen zu machen, versprochen. Es
ist alles in Ordnung. Wir wissen beide, wie sehr Liam dich liebt – guck mal, da
kommt er ja endlich.«
    Sie sah auf. Frisch geduscht und umgezogen kam Liam über den Rasen
auf sie zu.
    »Er liebt dich, Lily«, flüsterte Peter noch einmal und blickte sie
dabei aus seinen braunen Augen so direkt und aufrichtig an, dass sie gar nicht
anders konnte, als ihm zu glauben. »Ich weiß das, und du weißt das auch. Und
wehe, du vergisst es, verstanden?«
    Lily lächelte ihn an. Sie kam sich auf einmal so dumm vor. Peter
hatte recht, dachte sie, sie war mit ihren Befürchtungen auf einem völlig
falschen Dampfer gewesen. Sie war einfach viel zu viel allein in dem alten
großen Haus, da ging die Phantasie mit ihr durch. Was war nur aus ihr geworden?
Sie musste sich wieder in den Griff bekommen. Sie musste endlich wieder stark
sein.
    Peter sah ihr die innere Zerrissenheit an und nahm sie spontan ganz
fest in den Arm.
    Über ihre Schulter hinweg bemerkte er die neugierigen Blicke der
umsitzenden Gäste.
    »Ich glaube, ich habe soeben die Grundlage für ein neues Gerücht
gegeben.« Er verdrehte amüsiert die Augen. »Wart’s ab, in fünf Minuten redet
die gesamte Partygesellschaft darüber, dass wir beiden eine heiße Affäre
miteinander haben.«
    Sie lächelte, aber er sah hinter dem Lächeln auch die Tränen, gegen
die sie ankämpfte.
    »Pfoten weg von meiner Frau, du Lump!«, donnerte Liams Stimme über
den Rasen.
    Er spielte den Entrüsteten, strahlte Peter und seine Frau aber
gleichzeitig an und küsste Lily zärtlich. Dann setzte er sich ihnen gegenüber,
lehnte sich zurück und schlug entspannt und selbstsicher ein Bein über das
andere.
    Er duftete nach Aftershave.
    »Tut mir leid, dass ich erst jetzt zu euch stoße. Das hier nennt
sich zwar Party, aber was hier heute auch an Arbeit abläuft, ist unglaublich.«
    »Ich glaube, man nennt das auch ›Schönwetter machen‹«, parierte
Peter und ließ die Augenbrauen auf und ab zucken.
    Liam nahm sich ein Grissini.
    »Warum warst du so spät, Lily? Alles in Ordnung?«
    Sie nickte langsam.
    »Ich konnte mich nicht entscheiden, was ich anziehen sollte.«
    Lily tröstete sich damit, dass dies immerhin die halbe Wahrheit war.
    Liam lachte.
    »Du siehst toll aus.«
    »Danke. Schön, dass du das bemerkt hast.«
    Liam bemerkte auch den spitzen Ton, in dem sie das sagte, und ihre
geröteten Augen. Er unterdrückte das schlechte Gewissen, das wieder aufkam und
das er so verzweifelt versuchte, von den anderen Gefühlen für seine Frau zu
trennen.
    Peters Umarmung, ging Liam jetzt auf, war ein Herzenstrost gewesen.
Lily brauchte jemanden, der sie aufrichtete. Er war nicht blind,
selbstverständlich hatte er ihren Kummer seit ihrem Umzug von London nach
Cornwall wahrgenommen – aber wie sehr es wirklich damit zusammenhing, hatte er
noch nicht durchschaut. Er wusste, dass sie zu wenig Zeit miteinander
verbrachten, aber er war auch zuversichtlich, dass sie beide wieder glücklich
werden würden. Und er wusste, dass es das Beste wäre, wenn sie über ihre
Situation redeten – aber sie würde natürlich erwarten, dass er ihr gewisse
Dinge versprach, und er konnte derzeit einfach keine Versprechungen machen, die
er mit Sicherheit einhalten konnte. Also verdrängte er sein schlechtes Gewissen
immer wieder und befasste sich mit den Dingen, denen er nicht aus dem Weg gehen
konnte.
    Er rückte mit seinem Stuhl näher an sie heran, nahm ihre Hand und
verflocht seine Finger mit ihren. Instinktiv führte er ihre kalte Hand an seine
Wange, um sie zu wärmen, und hauchte einen Kuss darauf, bevor er die
verschlungenen Hände auf ihrem Bein ablegte.
    Lily hatte bei der ersten Berührung die Augen geschlossen. Jetzt
öffnete sie sie wieder und suchte seinen Blick, und darin lag menschliche,
liebevolle Wärme. Er hielt ihrer Suche stand, strahlte Zärtlichkeit und
Bedauern aus und spendete ihr damit endlich den ersehnten Trost.
    Peter beobachtete die beiden und nickte zufrieden. Für einen Moment
konnte er seine eigenen Sorgen vergessen.
    »Wir haben dir was zu essen geholt«, verkündete er. Dann sah er sich
suchend nach Liams Teller um und tat überrascht, als er entdeckte, dass er leer
war.
    »Oh, nein! Alles weg! Lily! Jemand hat Liams Essen gestohlen!«
    Lily lächelte wie früher. Als sei eine Last von ihren Schultern
gefallen.

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