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Das Rosenhaus

Das Rosenhaus

Titel: Das Rosenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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so
klinisch-brutal aus – dabei waren es diese sterilen Maschinen mit ihren eintönigen
Geräuschen, die den geschundenen Körper am Leben erhielten.
    Es gelang Lily gerade noch, den Entsetzensschrei zu unterdrücken,
indem sie die Hand vor den Mund hielt. Die andere ballte sie verzweifelt zur
Faust.
    Bevor man sie hierherbrachte, hatte ein kultivierter Mann in OP -Grün
sich ihr als Anthony Edwards vorgestellt, chirurgischer Oberarzt und für Liams
Fall verantwortlich. Er hatte sie und Peter gebeten, sich zu setzen, und ihnen
in einer Seelenruhe, die in scharfem Kontrast zur Panik seiner beiden Gegenüber
stand, aufgezählt, welche Verletzungen Liam erlitten hatte.
    Die Liste war lang.
    Oberschenkelfraktur und komplizierter Bruch der Kniescheibe rechts,
mehrfacher Bruch des Wadenbeins links, komplizierter Bruch des rechten
Handgelenks, rechte Schulter ausgekugelt, zwei gebrochene Rippen.
    Man habe zunächst so viel wie möglich repariert und
wiederhergestellt, mache sich aber nun viel größere Sorgen angesichts dessen,
was man als geschlossenes Schädel-Hirn-Trauma bezeichne. Durch den Sturz sei
Liams Kopf heftig hin und her gerissen worden, wodurch im Gehirn Millionen von
Nervenfasern beschädigt wurden.
    Der Oberarzt erklärte all dies mit einer gewissen Ehrfurcht.
    Weiterhin habe man bei der Röntgenaufnahme Hinweise auf
Gehirnblutungen entdeckt, die das Risiko von subduralen Hämatomen erhöhten –
Blutergüssen, die das Hirngewebe beschädigen und den Hirndruck erhöhen könnten.
    Das Einzige, was Lily sich in diesem Moment merken konnte, war, dass
Liam im Koma lag.
    Man hatte ihr gesagt, das Koma sei ein ganz natürlicher Mechanismus
des menschlichen Körpers, mit dem Trauma umzugehen und dass er »unter genauer
Beobachtung« stünde.
    Mehr konnte man ihr nicht sagen.
    Kein gutes Zureden, dass er bald wieder gesund würde, dass er es
überstehen, dass man ihn wieder auf die Beine kriegen würde. Das konnte und
wollte ihr niemand sagen.
    Es war ja nicht einmal klar, ob er überleben würde.
    Zwei Tage lang weigerte Lily sich, das Krankenhaus zu
verlassen. Sie ernährte sich von bitterem Automatenkaffee. Jegliches
Hungergefühl wurde von ihrem Schockzustand und dem dazugehörigen Adrenalin
unterdrückt. Manchmal nickte sie völlig erschöpft auf dem Sessel in der
dunklen, ruhigen Ecke gleich vor der Intensivstation ein – nur um wenige
Minuten später panisch aufzuschrecken. Sie bildete sich ein, Liam würde
sterben, wenn sie einschlief, und nur wenn sie sich mit Gewalt wach hielt,
hätte er eine Chance, aus dem Koma zu erwachen.
    Peter wich ihr nicht von der Seite. Seine Aufmerksamkeit
konzentrierte sich zunehmend auf Lily, denn für Liam, das wusste er, würde nun
alles Menschenmögliche getan werden. Er kümmerte sich rührend um sie,
versuchte, sie zum Essen und zum Schlafen zu bewegen, redete auf sie ein, dass
sie sich eine Pause gönnen sollte.
    »Komm mit zu mir nach Hause. Da kannst du duschen und etwas essen.«
    »Lily, damit hilfst du Liam auch nicht.«
    »Die stecken dich hier auch bald in eins ihrer Betten, wenn du nicht
endlich etwas isst, Lily.«
    Als der Oberarzt drei Tage nach dem Unfall berichtete, Liams Zustand
sei zwar weiter äußerst kritisch, habe sich aber nicht verschlechtert und könne
daher als stabil bezeichnet werden, nahm Peter Lily erleichtert in den Arm und
wurde etwas resoluter in seiner Fürsorge.
    »Ich lasse dich keine Minute länger hier.«
    Lily, die viel zu erschöpft war, als dass sie noch hätte Widerstand
leisten können, gab nach und ließ sich von ihm zu sich nach Hause fahren.
    Peter wohnte in einem alten georgianischen Reihenhaus im Herzen von
Truro. Das ehemalige Stallungsgebäude strahlte die gleiche Wärme und
Herzlichkeit aus wie sein Bewohner. Es war hell und schlicht, aber
geschmackvoll eingerichtet. Peter brachte Lily zum Gästezimmer, wo sie sich wie
benommen auf das Bett setzte. Nach der antiseptischen Sterilität des
Krankenhauses wirkten die Ruhe und Normalität in diesem kleinen, feinen Zimmer
fast schon surreal. Peter ließ sie dort sitzen, während er ihr ein Bad einließ.
Als die Wanne voll war und er zu ihr zurückkehrte, um ihr Bescheid zu sagen,
lag sie zusammengerollt wie ein Kind auf dem Bett und schlief.
    Zuletzt hatte Lily in diesem Zimmer geschlafen, als Liam und sie
Peter letzten Sommer besuchten. Sie hatten ein sonnenreiches Wochenende mit
Spaziergängen, Segeltörns, Drinks, phantastischem Essen und sehr viel Gelächter
verbracht. Wieder

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