Das Rosenhaus
lehnte sich zurück und dachte nach.
»Corday hatte doch versprochen, euch in jeder erdenklichen Weise zu
helfen, oder? Na, dann soll der Alte jetzt mal zeigen, dass er zu seinem Wort
steht. Überlass das mal mir.«
Er küsste sie auf die Wange und lächelte ihr aufmunternd zu.
»Peter … Danke.«
»Wozu sind Freunde denn da?«
»Na ja, normalerweise, um Spaß miteinander zu haben und die Freude
am Leben zu teilen.«
»Ein guter Freund ist immer für seine Freunde da – in guten wie in
schlechten Zeiten.«
Hand in Hand spazierten sie zum Haus zurück. Fremde Augen hätten in
ihnen ein Pärchen gesehen, das einen romantischen Spaziergang unternimmt.
Sie hörten die Musik bereits, bevor sie das Haus sehen konnten.
Nicht einmal die Möwen hatten eine Chance, gegen den
ohrenbetäubenden Lärm von Radiohead anzukreischen.
Peter blieb am Gartentor stehen, wandte sich Lily zu und legte die
Hände auf ihre Schultern.
»Lass mich als Erstes reingehen und mit ihm reden, ja?«
Sie nickte. Zählte bis sechzig, bevor auch sie ins Haus ging.
Die Tür zu Liams Zimmer war geschlossen.
Sie ging in die Küche und setzte erneut Wasser auf. Das Ritual des
Teekochens war tröstlich.
Lily war sich sicher, dass Peter Liam dazu verdonnern würde, sich
bei ihr zu entschuldigen. Und ihr ging auf, dass sie das gar nicht wollte.
Nicht, wenn er es nicht ernst meinte. Nicht, wenn er es nur tat, weil Peter ihm
den Kopf gewaschen und es ihm aufgetragen hatte.
Abgesehen davon hatte sie im Moment keine Lust, seine Entschuldigung
anzunehmen. Sie war gerade alles andere als nachsichtig. Am liebsten würde sie
ihn anschreien, ihn beleidigen, ihn anbrüllen und richtig fies zu ihm sein. Es
ihm mit gleicher Münze heimzahlen.
Doch sie konnte nicht. Schließlich hatte sie zwei gesunde Beine und
eine rechte Hand, mit der sie einen Stift oder sonst etwas halten konnte, wenn
sie wollte.
Etwa eine Stunde waren die beiden Männer in Liams Zimmer, bevor
Peter mit ernster und Liam mit betretener Miene wieder herauskamen. Liam
entschuldigte sich bei Lily, sie nahm seine Entschuldigung an, aber all das lief
eher automatisch denn herzlich ab. Darum blieb Peter – obwohl er eigentlich
eine andere Verabredung hatte – noch zum Abendessen. Er blödelte und tratschte
wie ein Weltmeister, und trotzdem wurde es keine ausgelassene Runde. Um acht
Uhr verkündete Liam, dass er müde sei, und bat Peter, ihm ins Bett zu helfen.
Da Liam ihre Nähe am Abend so offenkundig abgelehnt hatte,
zögerte Lily am nächsten Morgen, in sein Zimmer zu gehen. Doch dann rief sie
sich selbst zur Räson, beschwor sich, sachlich zu bleiben, und klopfte an. Er
nahm ihre Hilfe einsilbig und irgendwie resigniert an.
Beim Frühstück wechselten sie kein Wort, die Atmosphäre zwischen
ihnen war zum Zerreißen gespannt. Lily hielt es keine Minute länger in dem Haus
aus. Als Liam dann auch noch ihr Angebot, mit ihm Schach zu spielen, mit den
harschen Worten ablehnte, er wolle nicht, dass sie »rund um die Uhr mit ihm
Händchen hielt«, beschloss sie, nach Penzance zu fahren. Schließlich hatten sie
fast keine Vorräte mehr, redete sie sich ein, und genoss dann die Banalität
eines ganz normalen Einkaufs.
Als sie wiederkam, sah sie, dass jemand angerufen hatte. Sie
schaltete die Wiedergabe des Anrufbeantworters ein.
»Lily? Ich bin’s, Peter. Gute Nachrichten. Duncan Corday
höchstpersönlich hat mich gerade angerufen. Er hat jemanden organisiert, der ab
Montag ins Haus kommen und Liam helfen kann. Er kann am Montag anfangen, wenn
er euch zusagt. Montags bis freitags von halb acht bis mittags, damit du mal
eine Pause hast. Und nach Absprache und Bedarf auch mehr. Was sagst du? Ruf
mich doch mal zurück, damit wir einen Termin für ein Vorstellungsgespräch
vereinbaren können. Ihr müsst ihn euch ja erst mal ansehen.«
Trotz der schweren Einkaufstaschen empfand Lily eine immense
Erleichterung. So immens, dass sie direkt wieder ein schlechtes Gewissen bekam,
weil sie der Aufgabe mit Liam alleine nicht gewachsen war. Weil sie ihn im
Stich ließ.
Zwei Tage später stand Dylan pünktlich auf der Matte. Lily
machte ihm die Tür auf. Sie war so nervös, dass sie ein ganz ernstes Gesicht
machte und ihre Hände schweißnass waren. Doch sein Lächeln reichte für sie
beide.
»Dylan.« Er reichte ihr die sonnengebräunte, schlanke Hand. »Duncan
Corday hat mich geschickt.«
Sie staunte über seine langen Finger, schüttelte ihm die Hand und
runzelte die Stirn.
»Sie habe ich
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